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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wachsenden Druck auf ihre Wahrnehmungsgabe. Am äußersten Rand seiner Reichweite entdeckte ihr Sinn für das Gesunde in der Nacht anschwellende Bösartigkeit, und im nächsten Moment sah sie in der Ferne einen smaragdgrünen Lichtblitz wie ein kurzes Aufleuchten von Krankheit, ein Emporlodern von Schändung. Es wurde fast augenblicklich von einem schwarzen Donnerschlag, der die Nacht erzittern ließ, verschlungen – einem Donnerschlag aus Vitriol aus den Reihen der Urbösen. Aber Linden erkannte das bösartige Grün, bevor es erlosch. Blankes Entsetzen hatte es ihrer Erinnerung eingeprägt.
    »O Gott!«, keuchte sie. »Gott, das darf nicht sein!«
    Kein Zweifel, dieser widerliche smaragdgrüne Lichtblitz kündete von der Macht des Weltübel-Steins.
    Was theoretisch unmöglich war. Stave hatte recht: Covenant hatte das Land mit wilder Magie von diesem alten Übel befreit. Und er hatte seinen teuren Sieg schon Tausende von Jahren vor Lindens erster Ankunft in dem Land errungen.
    Trotzdem wusste sie aus eigener grausamer Erfahrung, dass zumindest ein kleiner korrupter Splitter des ursprünglichen Steins Covenants Sieg überdauert hatte. In den Jahren vor diesem Endkampf hatte Lord Foul jedem seiner Riesen-Wüteriche ein Stück des Weltübel-Steins anvertraut, damit sie seine Heere befehligen konnten. Eines dieser Fragmente war südwestlich von Andelain gegen die Verteidiger des Landes eingesetzt worden, und bei diesen Kämpfen war davon ein Splitter abgebrochen ... und nie mehr gefunden worden.
    Die Luft schien stetig wärmer zu werden. Sie fühlte sich bereits wie ein Dampfhauch an. Trotzdem lief Linden ein eisiger Schauder über den Rücken, als sei ihr Schweiß schlagartig gefroren.
    Der grüne Splitter war viele Jahrhunderte lang verloren geblieben und hatte die Hügel allmählich mit seiner Heimtücke verseucht, bis er von Holzheimern entdeckt worden war. Unterdessen herrschte das Sonnenübel über das Land, und die Lehre der Lords, die das Holzheim hätte warnen und schützen können, war korrumpiert worden. So war das Dorf selbst von einer Generation zur anderen korrumpiert worden, bis der üble Splitter zuletzt gegen Linden, Sunder und Hollian eingesetzt wurde, während Covenant allein Andelain durchstreifte.
    Später hatte Covenant auch diesen letzten Splitter vernichtet, wie er einst den Weltübel-Stein selbst zertrümmert hatte. Aber Linden erinnerte sich weiterhin an ihn. Sie hatte seine verderbliche Kraft zu einem Zeitpunkt kennengelernt, als sie sich noch nicht darauf verstanden hatte, mit solchem Wissen umzugehen. Als sie jetzt erschrocken den grellen Widerschein des smaragdgrünen Lichtblitzes auf ihren Netzhäuten wahrnahm, fragte sie sich, ob nicht noch mehr als nur ein Splitter dieses schrecklichen Übels erhalten geblieben sein könnte. Die Riesen-Wüteriche hatten in vielen Schlachten gegen die Verteidiger des Landes gekämpft und gewaltige Energien durch ihre Fragmente des Weltübel-Steins geleitet. Dabei konnten weitere Splitter abgebrochen und verloren gegangen sein. Linden konnte sich keine andere Erklärung vorstellen. Irgendwie hatte ein Feind des Landes einen dieser Splitter gefunden. Vielleicht war es Esmer gewesen ...
    Das war möglich. Die Zeit behindert mich selten. Sein Zugang zur Vergangenheit machte fast jeden Verrat theoretisch möglich.
    Der Gedanke, wieder gegen das alte Übel ankämpfen zu müssen, das fast das Ende des Großrats der Lords und Thomas Covenants bewirkt hatte, brachte ihre Nerven zum Vibrieren.
    Ein weiterer grüner Lichtblitz verfärbte die Nacht, und eine Salve von Säuredetonationen brachte ihn sofort wieder zum Erlöschen. Der leichte Bergwind trug Spuren eines Kampfes in den Mondschein hinaus.
    Zwischen den Ranyhyn schienen Schatten zu zerfließen und sich wieder zu verfestigen. Dann stand Bhapa neben Mahrtiirs Knie, sah mit Dringlichkeit im Blick zu dem Mähnenhüter auf. Trotz der Dunkelheit erkannte Linden, dass der linke Arm und die Schulter des Ramen stark verletzt waren. Smaragdgrünes Leuchten flackerte aus der schwarzen Flüssigkeit, die seine Brandwunden mit feinen Tropfen bedeckte. Bhapa war in der Randzone der Detonation zwischen die rivalisierenden Kräfte geraten.
    »Mähnenhüter ...« Schmerzen schnürten dem Ramen die Kehle zu, aber er riss sich zusammen und sprach mit gepresster Stimme weiter. »Wer sie sind, weiß ich nicht. Aber sie sind viele. Und sie besitzen ...«
    Er fand keine Worte.
    »Ja, wir haben es gesehen«, knurrte Mahrtiir.

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