Die Runen der Erde - Covenant 07
plötzlich in den Flur hereinbrechenden Luftschwall folgte sofort eine Feuerwalze, die wie eine flammende Woge hereinbrach: ein gequältes Aufbrühen aus dem Rachen des Hauses. Hitze traf Linden wie ein Schlag ins Gesicht. Sie geriet ins Stolpern, fiel gegen die Wand am Ende des kurzen Flurs zurück; angefaulte Bretter gaben bei ihrem Aufprall nach.
Das hungrige Brüllen wurde lauter; Flammenzungen griffen aus Covenants Zimmer auf den Gang hinaus und blockierten ihn. Dieser Fluchtweg war ihr abgeschnitten. Das Brausen der Flammen warnte sie: Versuchte sie, auf diesem Weg zu entkommen, würde sie Feuer fangen und wie auf einem Scheiterhaufen verbrennen. Die Rauchschwaden, die sie einhüllten, waren bereits zu dicht, als dass ihre Stablampe sie noch hätte durchdringen können. Linden duckte sich darunter hindurch und war mit einem Satz wieder in dem Zimmer, in dem Sara Clint lag. Sie knallte instinktiv die Tür hinter sich zu, obwohl sie wusste, dass das dünne Holz keinen Schutz bieten würde. Einen Augenblick lang sog sie keuchend Luft ein, die schon kaum mehr genug Sauerstoff enthielt, um sie am Leben zu erhalten, dann stürmte sie zum nächsten Fenster. Die Scheibe war schon vor langer Zeit halb zersplittert und aus dem Rahmen gefallen. Linden nutzte ihre Arzttasche, um die restlichen Glassplitter herauszuschlagen. Dann warf sie Tasche und Stablampe ins Freie voraus, stemmte sich mit beiden Händen am Rahmen hoch und kletterte durchs Fenster hinaus. Scharfe Glassplitter ließen ihre rechte Handfläche erneut bluten. Als sie auf dem Fensterbrett saß, zog sie die Beine aus dem Raum und ließ sich draußen zu Boden fallen. Der harte Aufprall stauchte ihr das Rückgrat, als sei sie aus viel größerer Höhe gesprungen, aber sie blieb auf den Beinen. Während sie keuchend frische Luft einsog, sammelte sie ihre Tasche und die Stablampe ein und stolperte davon, um aus dem Gefahrenbereich des in hellen Flammen stehenden Hauses zu kommen.
Ihr blieb nichts anderes übrig, als Sara der Einäscherung zu überlassen.
Als die Feuerhitze ihr nicht mehr die Haut versengte, ihr nicht länger die Haare wegzubrennen drohte, blieb Linden kurz stehen, um zu beobachten, wie Thomas Covenants Haus starb. Aus sämtlichen Fenstern leckten jetzt Feuerzungen; Flammen loderten zwischen den restlichen Dachschindeln hervor, zeigten sich in den Lücken, wo Bretter der Außenverkleidung fehlten. Jeder Windstoß fachte das Feuer weiter an, intensivierte den Großbrand; Funken wirbelten hoch in die Luft und wurden vom Wind fortgetragen. Von dem unheimlichen Sturm in Schutt und Asche gelegt, würde das Haus binnen weniger Minuten in sich selbst zusammenfallen.
Aus Lindens Perspektive schien Rogers Limousine dem brennenden Haus gefährlich nahe zu sein. Vermutlich würde das Auto ebenfalls Feuer fangen, wohingegen ihr eigener Wagen ihr ungefährdet erschien; er stand zu weit vom Haus entfernt. Sie ließ ihren Blick weiter schweifen, doch im Lichtschein des Feuers sah sie keine Spur von Roger Covenant oder seinen Opfern.
Er hatte Sara Clint nicht geknebelt. Jeremiah musste ihre Schmerzensschreie gehört haben. Sandy und Joan mussten sie gehört haben. Joan war für solche Dinge vielleicht nicht mehr empfänglich. Sandy hingegen schon. Und was Jeremiah betraf ...
Linden wandte sich von dem in Flammen stehenden Haus ab, rannte in verzweifelter Eile los, hielt auf den Wald hinter der Haven-Farm zu. Der Wind schien gegen ihre Beine zu treten und versuchte, sie unter den ersten Bäumen zu Fall zu bringen; er verfing sich in ihrer Kleidung. Sie wusste, wohin Roger unterwegs war, nachdem er nun das Haus seines Vaters – ein Symbol für Thomas Covenants Liebe und Fürsorge – zerstört hatte. Seit der Nacht, in der Covenant ermordet worden war, war Linden nicht mehr in diesem Wald gewesen, aber sie war sich ihrer Sache dennoch sicher. Wohin hätte Roger sonst gehen können, wenn er die Selbstaufopferung seines Vaters ungeschehen machen wollte?
Der Wald folgte dem Schlängellauf des Righters Creek und zog sich als unterschiedlich schmales Band über die Felder der County. Niedrige Eichen, Platanen und Efeu wetteiferten bei Tag um das wenige Licht, das bis zum Boden des tief eingeschnittenen Bachbetts fiel. Sobald sie den Lichtschein des brennenden Hauses verlassen hatte, musste Linden ihr Tempo verringern. Der Wind oder ein abgebrochener Ast oder eine Spalte im Waldboden konnte sie zu Fall bringen. Windstöße wirbelten ihr Blätter und kleine Äste
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