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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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benützt haben, Sara oder Sandy zu transportieren. Oder beide.
    Linden sah keine weiteren Fahrzeuge. Der Sheriff hatte ihre Nachricht anscheinend nicht rechtzeitig erhalten – oder es vorgezogen, sie zu ignorieren. Trotzdem zögerte sie nicht. Sie ließ die Scheinwerfer eingeschaltet, stellte den Motor ab, zog den Zündschlüssel und stieg rasch in den Wind aus.
    Unter seinem nichtssagenden Gesichtsausdruck würde Jeremiah starr vor Angst sein. Sie konnte nicht beurteilen, an wie viel aus seiner schrecklichen Vergangenheit er sich erinnerte, aber auf irgendeiner Ebene würde er vielleicht erkennen, was jetzt mit ihm geschah. Oder vielleicht glaubte er, dies sei eine Wiederholung jener grausamen Szene, durch die seine Mutter ihn der grausamen Macht des Verächters ausgeliefert hatte.
    Klagerufe, die sie für sich selbst nicht hätte ausstoßen können, erfüllten Lindens Herz, als sie gegen den Sturm ankämpfend zum Heck ihres Wagens ging. Auch diesmal kam sie nicht gleich mit den Schlüsseln zurecht: Als sie den Kofferraum aufzusperren versuchte, gruben sie sich in ihre verletzte Handfläche. Dann gelang es ihr endlich, den richtigen Schlüssel ins Schloss zu rammen. Aus dem Kofferraum nahm sie ihre Arzttasche und eine schwere Stablampe, dann wandte sie sich dem Haus zu.
    Ein knisternder Blitz tauchte das Farmhaus in gleißend helles Licht, ließ es scharf umrissen und ausgebleicht vor dem dunklen Nachthimmel stehen. Ohne Vorwarnung erfasste eine Bö den Kofferraumdeckel von Rogers Limousine. Der Deckel schnappte wie die Backen eines Fangeisens zu.
    Damit er ihr Mut verlieh, hätte sie am liebsten Covenants Ring umfasst, der vor ihrem Brustbein hing, aber sie brauchte beide Hände. Mit dem rechten Daumen knipste sie grimmig die Stablampe an. Ihr Lichtstrahl schien wie die Lichtkegel der Autoscheinwerfer nur wenig wirksam auf den Erdboden zu fallen; er erreichte kaum das Haus. Der Sturm ließ die Ärmel gegen Lindens Arme knattern. Sie hielt die Stablampe wie eine Waffe vor sich und rückte weiter gegen das dunkle Farmhaus vor.
    Er bedroht meinen Sohn.
    Ihr Lichtstrahl fuhr die Umrisse der Haustür nach. Sie hatte kein eingesetztes Fenster, bot Linden keine Möglichkeit, in den Raum dahinter zu sehen. Die Türfüllung hatte die Farbe besser gehalten als die Außenwände, und dieses Weiß ließ die Tür irgendwie neuer und frischer als den Rest des Hauses wirken, fast wie ein Portal. Linden nahm die Stablampe in die andere Hand und benutzte zwei Finger und den Daumen, um den Türknopf zu testen.
    Er ließ sich leicht drehen. Der Sturm riss ihr die Haustür sofort aus der Hand und ließ sie nach innen auffliegen. Sie knallte mit solcher Wucht an die Stopper der Türangeln, dass der ganze Rahmen erzitterte. Der Lichtstrahl ihrer Stablampe konnte das Dunkel nicht durchdringen; Wind und Staub trieben ihr nochmals Tränen in die Augen. Sie musste die Nässe mit dem Handrücken fortwischen, ehe sie über die Schwelle treten und mit der Stablampe ins Hausinnere leuchten konnte.
    Die offene Tür führte direkt ins Wohnzimmer. Hätte sie nicht so deutliche Erinnerungen an diesen Raum gehabt, hätte sie ihn vielleicht nicht erkannt. In den von ihrer Stablampe geworfenen kurzen Lichtblitzen und -streifen wirkte er ruiniert, unbewohnbar: der Schauplatz eines Erdbebens oder irgendeiner anderen Katastrophe. Zwischen niedrigen Dünen aus von draußen hereingewehtem Staub lagen Klumpen vom Deckenverputz und zerbrochene Bretter der Wandtäfelung. Das Sofa an einer Wand war ausgeweidet, von Ratten und Kakerlaken lebendig aufgefressen. Windwirbel verteilten seine Füllung wie Schneeflocken durch den Raum; Glassplitter von eingeworfenen Fenstern lagen auf den Sesseln, dem Couchtisch und dem modrigen Teppich. Die Wände sahen an einigen Stellen wie von Schrotschüssen durchlöchert aus.
    Roger Covenant hatte nicht einmal versucht, den Eindruck zu erwecken, als würden seine Mutter und er tatsächlich hier wohnen wollen. Hätte irgendwer – Megan Roman, Sheriff Lytton, Linden selbst – in weiser Voraussicht sein zukünftiges ›Heim‹ besichtigt, wäre die Wahrheit schon eher und unwiderlegbar ans Licht gekommen.
    Anfangs konnte Linden keinen Hinweis darauf finden, dass Roger und seine Opfer tatsächlich hier gewesen waren; falls sie Spuren im Staub hinterlassen hatten, waren diese längst vom Wind verweht worden. Aber dann fielen ihr zwischen den Trümmern auf dem Fußboden dunklere Flecken auf. Ursprünglich hatte Linden sie für

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