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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Scheusal, seine Umgebung zu verschlingen, als seien Erde und Gras und Bäume das Fleisch, von dem es sich ernährte.
    Und um den ersten Fleck herum erschienen weitere. Auch sie nahmen an Intensität zu, bis sie ihrerseits Ungeheuer gebaren, die sich ebenfalls an der Ebene gütlich taten und ihre Schönheit in entsetzlich großen Brocken verschlangen. Eine Handvoll dieser Kreaturen würde alles Sichtbare binnen weniger Stunden zerstören; aber weitere von ihnen krochen beutegierig aus der Erde, und noch weitere, unheilvoll wie das Sonnenübel. Bald würde jeder Halm, jedes lebende Blatt verschwunden sein. Wurden die Bestien nicht gestoppt, würden sie sich vielleicht durch die Welt fressen.
    Dann versank ihre Vision in Dunkelheit, als hätte sich ein Auge geschlossen. Und Linden fiel mit ihr, blind und verzweifelt, voller Kummer. War dies der Tod, dann konnte sie nur glauben, sie werde nicht ins Land versetzt, sondern in die Hölle.
    Aber statt der Schreie der Verdammten hörte Linden eine Stimme, die sie kannte. Sie war unergründlich und volltönend, weit wie der Abgrund zwischen den Welten, als ob ihr Sturz selbst zu sprechen begonnen habe. Und sie brachte eine süßlich widerliche Ausdünstung mit sich, einen Gestank wie ranziges Rosenöl, scheußlich wie Verwesung.
    »Es ist genug«, sagte Lord Foul ruhig. »Ich bin zufrieden.« Sein Tonfall umschlang sie liebkosend wie die Letzte Ölung und ein Leichentuch. »Sie wird meinen Willen tun, und ich werde endlich frei sein.«
    Vielleicht hatte er mit Joan gesprochen. Oder mit Turiya Herem.
    Dann prallte der Schock von Lindens Kraft gegen sie zurück, und sie wurde fortgeschleudert, als sei sie verworfen worden – als versuche der Abgrund selbst, sie auszuspeien. Einen Augenblick lang konnte sie noch den Verächter hören. Als seine Stimme schwächer wurde, verlangte er: »Sagt ihr, dass ich ihren Sohn habe.«
    Inmitten des Wirbelns und sich Überschlagens durch das tektonische Ächzen sich wandelnder Realitäten, konnte Linden nicht Atem holen, um aufzuschreien. Ihre Wahrnehmung kam in Stückchen und Fetzen, gewährte ihr flüchtige Blicke in eine große Leere: die unaussprechliche Schönheit der Räume zwischen den Sternen. Die Leidenschaft von Covenants Ring klang in ihr ab, wurde durch die schiere Masse derer, die leiden oder sterben könnten, erdrückt.
    Einzig der Verlust ihres Sohns blieb, und der Schmerz, der in ihr tobte und sie zu zerreißen schien.
    Jeremiah ...
    Vielleicht wäre es besser für ihn gewesen, ermordet worden zu sein.
     
    *
     
    Später überschlug sie sich nicht mehr, obwohl sie sich keiner Veränderung bewusst war. Sie bemerkte weder den glatten, kühlen Fels unter Gesicht und Brust noch die frische Kühle dünner Höhenluft.
    Sagt ihr, dass ich ihren Sohn habe.
    An den Rändern ihrer Sinneswahrnehmung spürte sie einen ungeheuer weiten Himmel über sich; aber der Verächter hatte Jeremiah entführt, und nichts anderes besaß noch irgendeine Bedeutung für sie.
    Niemand braucht dich so wie er.
    Trotzdem machte der alte Fels sich an ihrem Gesicht bemerkbar. Lindens Hände an ihren Seiten spürten seine uralte, unvollkommene Kraft. Die Gefahr, einen weiteren tödlichen Sturz zu tun, zerrte an ihren Nerven. Der leichte Wind auf ihrem Rücken flüsterte von fernen Horizonten und sich weit hinziehenden Bergketten aus hoch aufragendem, grenzenlosen Fels.
    Wo war Thomas Covenant jetzt, wo sie ihn so dringend brauchte? Sie war dem Verächter nicht gewachsen. Ohne Covenant würde sie es nie schaffen, ihm ihren Sohn zu entreißen.
    Sie erinnerte sich an die Berührung des Sheols, des Wüterichs. Auf sein Geheiß hin war sie aus Bewusstsein und Verantwortung geflohen. Aber diese Frau war sie nicht mehr: Sie konnte jetzt nicht fliehen. Jeremiah brauchte sie, war ganz und gar auf sie angewiesen.
    Covenant war nicht mehr. Sie besaß nicht die Kraft, an seine Stelle zu treten.
    Dennoch.
    Schließlich merkte sie, dass Rogers Blut von ihrem Gesicht verschwunden war. Es hatte ihre Nasenlöcher verstopft, ihre Augen blind gemacht; sie konnte den kupfrigen widerlichen Geschmack noch auf der Zunge spüren. Trotzdem befleckte kein Blut mehr ihre Haut.
    Trotz der Schusswunde in ihrer Brust – des Todes, den sie nicht fühlen konnte – hob sie den Kopf und brachte die Hände nach vorn, um sich zu vergewissern, dass sie durch Feuer geläutert war.
    Als sie die Augen öffnete, zeigte sich, dass sie bei hellem Sonnenschein auf einem Stein lag. Um sie herum bildete

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