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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sie das Dunkel mit Silberglanz erschreckte. Als bestünde wilde Magie aus Worten, schrie sie feurigen Trotz in die Leere von Lord Fouls Bösartigkeit.
    Thomas Covenant – der wahre Covenant, nicht der Quälgeist in Joans Verstand – hatte Linden gelehrt, keine Verachtung oder Grausamkeit oder Verletzung könne sie besiegen, wenn sie nicht willens sei, besiegt zu werden. Der Verächter könne sie anfallen und zerfleischen wie ein Raubtier, das seine Beute gepackt hielt, aber er könne sie nicht ihrer selbst berauben. So schweren Schaden könnten nur die eigenen Schwächen bewirken.
    Davon war sie fest überzeugt.
    Durch ihre plötzliche Kräftigung angestoßen, geriet die Realität erneut ins Schleudern: ein Übelkeit erregendes Schwanken wie ein Hinabgleiten in ein tiefes Wellental. Sie schien sich von gewaltigen Brechern mitgerissen zu überschlagen, bis sie in einer aufblitzenden Vision wie auf einem Kiesstrand aufschlug.
    Zum zweiten Mal in ihrem Leben stand sie mit Covenant und ihren übrigen Gefährten in den Tiefen der Insel, wo der Einholzbaum sein Geäst ausbreitete. Dort litt und starb Seeträumer, Hohl erlitt körperliche Schäden, und ihre anderen Gefährten kamen dem Tode nahe. Aber diesmal ... Oh, diesmal war es nicht Covenant, der mit weißem Feuer wütete, die Schlange des Weltendes in ihrem Schlummer störte und so die Vernichtung der Erde herbeizuführen drohte. Nein, diesmal war es Linden selbst. In ihren Händen hielt sie mehr Macht, als sie begreifen oder beherrschen konnte; damit schlug sie in wilder Verzweiflung zu, um ihren Sohn zurückzugewinnen. Ungehemmt trieben Lindens Bedürfnisse die Schlange zum Erwachen an. Sie hob ihr riesiges Haupt, um Verwüstung anzurichten. Eine Sekunde lang, die Linden schrecklich wie die Ewigkeit erschien, erwiderte die Schlange ihren Blick, als erkenne sie Linden.
    »Nein! Nein! Das gehört wieder zu Joans Wahnsinn; es gehört wieder zu Lord Fouls Bösartigkeit!«, keuchte sie.
    Aber das tat es nicht; es war eine Prophezeiung. Sie hatte ihren Sinn für das Gesunde wiedererlangt und erkannte die Wahrheit.
    Verzagte sie nicht und blieb standhaft, würde diese Wahrsagung sich erfüllen. Mit Covenants Ring konnte sie tatsächlich imstande sein, die Schlange zu wecken. Und trotzdem würde sie, Linden Avery, nicht wanken, blieb ihr Zorn unvermindert stark. Sie hatte ihren Sohn verloren und würde jegliche Verwüstung riskieren, um ihn zurückzubekommen. Auf ihrer Waage wog er schwerer als das Leben von Welten. Falls Lord Foul glaubte, sie einschüchtern zu können ...
    Abrupt kippte die Realität wieder, schleuderte Linden von Vision zu Vision. Einige Augenblicke lang taumelte sie durch ein Chaos aus möglichen Folgen: Momente voll Zorn und erschreckender Bösartigkeit, Gemetzel und Verrat, das grausige Werk von Schnitter Tod. Dann machte sie taumelnd halt.
    Jetzt stand sie auf einer Felsklippe, unter der sich eine Ebene voll üppigem Leben und unbeschreiblicher Lieblichkeit erstreckte. Das Land dort unten lag sanft gewellt zwischen Hügeln und Wäldern; durch saftig grünes Grasland flossen Bäche klar wie Kristall, reinigend wie Sonnenlicht. Hier und da reckten Gildenbäume ihr Geäst in den makellosen Himmel, und mächtige Eichen spendeten wohltuenden Schatten. Vögel flogen wie lebendig gewordener Gesang über sie hinweg, während Rotwild und allerhand Kleingetier durch die Wälder tollten. Mit ihrer gesteigerten Wahrnehmungsfähigkeit erfasste Linden die pulsierende Gesundheit der Ebene, ihre üppige Fruchtbarkeit und Liebenswürdigkeit. Sie hätte auf Andelain hinabblicken können, auf den essenziellen Schatz des Landes, den Born seiner Schönheit: die Inkarnation alles dessen, was sie zu verwirklichen versucht hatte, als sie damals den neuen Stab des Gesetzes erschaffen hatte.
    Auch dies erschien ihr wie eine Art Prophezeiung.
    Noch während sie die sanfte Großartigkeit unter sich genoss, erschien im Gras jedoch ein Fleck Unrichtigkeit wie ein Schmutzfleck. Er war nicht groß – zumindest zu Anfang nicht –, aber seine Intensität vervielfältigte sich von Augenblick zu Augenblick, während sie ihn mit Entsetzen betrachtete. Bald erschien er hell wie ein Blick in einen Hochofen: leuchtend, bösartig und brutal heiß. Und aus ihm heraus wand sich ein feuriges Tier wie eine Schlange aus Magma, ein Avatar aus Lava mit der tückischen, sich windenden Länge einer Schlange und den massiven Kiefern eines Kraken. Während Linden bestürzt zusah, begann das

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