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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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darüber nachdenken? Am besten, er ginge dem Rätsel auf den Grund, was bedeutete, er würde die Hure noch einmal aufsuchen müssen.
    Am nächsten Tag ging er zu dem Haus. Er stieg gleich die Treppe hinauf, machte sich nicht die Mühe anzuklopfen, sondern drang einfach in das Zimmer ein. Die Hure lag auf dem Bett, nur eine wollene Decke über sich gezogen und schlief. Auf der Fensterbank lagen einige Münzen, wohl noch vom letzten Freier. Cai Tuam trat näher und setzte sich auf das Bett. Sie öffnete die Augen und blinzelte, dann fuhr sie erschrocken hoch und zog die Decke bis zum Kinn.
    »Was machst du hier? Kannst du nicht anklopfen wie jeder anständige Mensch?«
    Er lachte. »Ich wollte dich nur etwas fragen.«
    »Fragen?«
    Sie ließ die Decke fallen und stand auf, legte sich einen verblichenen weißen Umhang über die Schultern und stellte sich ans Fenster. »Dann frag.«
    »Der Mann mit dem zobelbesetzten Wams, wer ist das?«
    Sie starrte ihn an. »Was geht dich das an?«
    »Ich will es nur wissen. Ich glaube, ich kenne ihn. Ein alter Bekannter.«
    »Warum hast du ihn dann nicht selbst gefragt?«
    »Ich war mir nicht sicher. Ich wollte ihn nicht … brüskieren in dieser Situation.«
    Sie wußte nicht, ob sie ihm glauben sollte. Zog den Umhang enger und griff nach den Münzen auf der Fensterbank. »Das kostet etwas, wenn ich es dir sagen soll.«
    Er nickte.
    Sie wog die Münzen in ihrer Hand und betrachtete sie nachdenklich. »Er war mal Bischof. Vielleicht ist er es immer noch, ich weiß es nicht. Der Kaiser hat ihn schon vor Jahren abgesetzt, weil er für den Herzog von Braunschweig gearbeitet hat. Mehr weiß ich nicht.«
    »Du weißt aber, wie er heißt.«
    Sie sah auf und schloß die Finger um die Münzen in ihrer Hand. »Gero heißt er.«
    Gero! Cai Tuam nickte. Genau das war es, was ihn so irritiert hatte. Er war Gero einmal begegnet, und zwar nach dem Krieg in Alessandria, damals, als der Kaiser die beiden Parteigänger des Herzogs von Braunschweig, Balduin in Bremen-Hamburg und Gero von Halberstadt, von ihren einträglichen Posten entfernt hatte, weil sie ständig in die Tasche des ›Löwen‹ gewirtschaftet hatten. Und genau zu diesem Gero hatte Monreal reiten wollen!
    »Du könntest mir einen Gefallen tun«, sagte der Ire, und die Hure mit den roten Haaren grinste, während sie immer noch die Münzen in ihrer Hand zählte.
    »Sicher. Ich tue nichts lieber. Aber dein Besuch bei mir wird immer teurer. Ich wünsche mir einen neuen Mantel.«
    »Ich kaufe dir einen neuen Mantel. Wann kommt er wieder?«
    »Wer?«
    »Gero.«
    Sie zögerte. »Er ist ein guter Kunde …«
    »Um so besser. Ich will nur wissen, ob er einen Offizier kennt und wenn, was er mit ihm zu schaffen hat.«
    Abrupt legte sie die Münzen auf die Fensterbank zurück und setzte sich neben den Iren auf das Bett. Fuhr ihm mit den Fingern spielerisch durchs Haar, und ihre Stimme klang kokett und schmeichlerisch. »Sicher. Der Mantel muß auch einen Zobelbesatz haben. Und die Ärmelaufschläge ebenfalls. Ich weiß ein Geschäft, wo man so etwas bestellen kann.«
    Der Ire lachte und sah ihre Brüste unter dem zerschlissenen Umhang hervorblitzen. »Wann kommt er wieder?«
    »Irgendwann. Er kommt, wann er will.«
    »Weißt du, wo er wohnt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du bezahlst mir die Informationen, die du haben willst, der Rest ist umsonst.«
    Sie ließ den Umhang von den Schultern gleiten und legte sich mit entblößtem Leib auf das Bett. Der Ire sah sie an. Sie war mager, mager wie eine Schindmähre, die zuviel arbeiten muß, die Knochen an Hüfte und Rippenbögen standen hervor, aber ihre Brust war klein und fest. Das rote Haar paßte nicht zu ihren blaßblauen hungrigen Augen, die ihm nicht gefielen. Aber sie nahm seine Hand und legte sie auf ihre Brüste. Da zog er sich den Gürtel aus, die Stiefel und die Hose und legte sich zu ihr.
    Zwei Tage später traf er sie in einer der Garküchen, wo sie gegrillte Rippchen aß. Sie winkte ihn in einen Hauseingang und senkte die Stimme. »Er war gestern bei mir. Ich habe übrigens seine Adresse herausgefunden, eine meiner Freundinnen hat ihn mal besucht. Er wohnt im Hotel zum ›Goldenen Ochsen‹. Aber kein Wort über mich, ist das klar?«
    Cai Tuam nickte, bezahlte ihr die bestellten Rippchen und die Information und verschwand in der Menge.
    Am Abend ging er zum ›Goldenen Ochsen‹. Es war ein gutes Haus für die Bessergestellten in dieser Welt, für einen abgesetzten Bischof geradezu

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