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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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ideal. Niemand fragte hier, woher man kam, wenn nur anständig gezahlt wurde. Und Gero zahlte sicher gut. Er hatte sich in der Zeit, wo er noch sein Amt innegehabt hatte, ein Menge Pfründe zugelegt, von denen er noch heute leben konnte und die der Kaiser ihm hatte lassen müssen. Vielleicht bekleidete er schon wieder ein hohes kirchliches Amt, auch wenn er derweil vorübergehend in einem Hotel lebte und zu einer Hure ging.
    Der Ire ließ sich sein Zimmer weisen und stieg das holzvertäfelte Treppenhaus hinauf, das ein anmutig geschwungenes Geländer begleitete. Oben auf dem Flur lag ein Teppich mit orientalischem Ornament und in einer Ecke stand eine arabische Wasserpfeife. Es roch nach Myrrhe, und die Vorhänge der Fenster waren aus dem typischen farbenfrohen und feinen Stoff, den man nur aus dem Morgenland beziehen konnte. Ein erlesener Rahmen für einen abgehalfterten Bischof, dachte der Ire belustigt. Am Ende des Ganges lag Geros Zimmer. Cai Tuam klopfte an die Tür. Nach einer Weile hörte er Schritte, und die Tür wurde geöffnet. Der Mann, der ihm auf der Treppe begegnet war, stand vor ihm, gekleidet in einen orientalischen Morgenmantel aus blauschwarzer Seide, dessen samtene Ärmelaufschläge ihm fast bis zu den Hüften herunterhingen.
    »Ihr wünscht?«
    »Ich hätte gern mit Euch gesprochen, Eminenz«, sagte der Ire in gefälligem Tonfall, und bei dem Wort Eminenz begann Gero zu strahlen.
    »Kommt herein und setzt Euch. Wünscht Ihr etwas zu trinken?«
    Der Raum war siedend heiß. Im Kamin das Feuer mußte seit Tagen immer wieder neu geschürt worden sein. Schwerer Stoff verdunkelte die Fenster, und ein eiserner Kerzenleuchter mit zehn Kerzen warf sein Licht auf eine Tapisserie an der Wand. Cai Tuam zog sich den Umhang aus. Gero lachte. »Ja, es ist ein wenig warm hier. Aber ich bin ein frösteliger Mensch, das Klima in diesem Land macht mir zu schaffen. Reißen in den Gliedern, ein Husten, der nicht weichen will … Kräutertee?«
    »Ja, gerne.«
    Gero öffnete eine Tür und verschwand. Dann kam er wieder und setzte sich dem Iren gegenüber. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen von der Hitze im Raum, aber seine Hände waren kalt wie Eisschollen, als er dem Iren eine Schale mit Gebäck reichte und dabei seine Hand berührte. »Syrisches Gebäck. Eine Kostbarkeit, so wie alles, was aus dem Orient kommt. Auch der Tee stammt von dort. Aber nun sagt mir, was führt Euch zu mir?«
    »Kennt Ihr einen Offizier namens Monreal?«
    Gero setzte ein erstauntes Gesicht auf. »Monreal? Ja, den kenne ich.«
    »Er wurde ermordet.«
    »Ach …«
    Eine junge Frau kam herein und servierte Pfefferminztee in zierlichen Schalen. Dann schlüpfte sie lautlos wieder hinaus.
    »Er wurde ermordet? Das ist traurig, aber sagt, was habe ich damit zu tun?«
    »Er hatte eine Botschaft für Euch, einen Brief. Aber auf dem Weg hierher wurde er umgebracht.«
    Gero nahm seine Tasse und führte sie vorsichtig zum Mund. Er nahm einen kleinen Schluck und sah auf. »Seltsam, ich kannte den Mann nur flüchtig. Als ich noch Bischof von Halberstadt war, da ist er mir mehrfach begegnet. Aber ich kann nicht sagen, daß wir befreundet gewesen wären oder ähnliches, nein, es war lediglich eine flüchtige Bekanntschaft. Was wollte er mir mitteilen?«
    »Das wissen wir nicht. Angeblich hatte er einen Brief an Euch geschrieben, aber der Brief wurde wohl von seinem Mörder gestohlen.«
    Gero starrte in seine Tasse. »Eine merkwürdige Geschichte ist das. Monreal war einer von Heinrichs Leuten … Was habt Ihr damit zu schaffen?«
    »Ich bin einer von Maesfelds Leuten, die jetzt in Raupach stationiert sind.«
    »Ach, ja.« Gero grinste. »Monreal war wohl auch in Raupach stationiert, was? Ja, die Grenzen verschwimmen allmählich immer mehr. Früher gab es Sachsen und Franken und Alemannen und Langobarden. Heute fließt alles zusammen zu einem dicken Brei von Völkern, weil des Kaisers Machtgelüste unendlich sind.«
    »Ihr mögt den Kaiser wohl nicht?«
    Gero lachte und ergriff wieder die Tasse. »Er ist der Kaiser. Und er hat den ›Löwen‹ um die Kaiserwürde gebracht, doch das ist eine alte Geschichte. Ihr seid kein Franke.«
    »Nein, ich bin Ire.«
    Gero stellte die Tasse wieder hin und fixierte Cai Tuam plötzlich mit kaltem Blick. »Ihr seid Söldner, nicht wahr? Was kümmert Euch der Zwist zwischen einem deutschen Kaiser und einem sächsischen Herzog? Wer Monreal umgebracht hat, weiß ich nicht. Aber daß Ihr in Raupach sitzt wie die Maus vor

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