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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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der Katze, das ist Euch doch klar, oder?«
    Cai Tuam schwieg.
    »Da verheiratet der Kaiser eine reiche sächsische Witwe mit einem gottverdammten Franken und setzt den mitten in die Heide. Wie einen Baum aufs offene Feld. Und dann wartet er, bis ein Gewitter aufzieht. Und was meint Ihr, wird dann passieren?« Er kicherte leise vor sich hin.
    »Der Blitz wird einschlagen«, sagte der Ire nur.
    »Genau«, nickte Gero lächelnd, »Ihr seid eine Art Köder für unseren allerchristlichen Kaiser von Gottes Gnaden. Sicher, er hat Raupach eine gute Partie machen lassen, aber um welchen Preis? Jetzt sitzt er da und wartet, bis die Falle zuschnappt. Gewiß wird der Kaiser Raupach zu Hilfe eilen, wenn der Herzog eines Tages auf diesen Köder hereinfallen wird, aber wer weiß, ob er dann nicht zu spät kommt? Diese Heide ist weit entfernt von jeder kaisertreuen Stadt. Der Blitz wird einschlagen und der Köder verschluckt sein.«
    »Und Monreal? War der auch ein Köder?«
    Gero zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Noch Tee?«
    Cai Tuam war die Lust auf Tee vergangen. Trieb der Kaiser ein doppeltes Spiel mit Raupach? Waren sie gefährdeter, als sie geahnt hatten? Und sprach dieser fette, ehemalige Bischof die Wahrheit? Er stand auf. Schweiß lief seinen Rücken herab. Es gab keine Luft in diesem Raum, und die Frau, die den Tee serviert hatte, kam jetzt, das Feuer neu zu schüren.
    »Ja, geht nur«, sagte Gero schmunzelnd, »ich sehe, Euch wird ein wenig warm.«
    Der Ire bedankte sich und riß die Tür auf. Frische Luft strömte ins Zimmer herein, aber Gero begann sogleich zu frösteln und schloß die Türe hastig wieder.
    Eine Woche später kamen Berthold und Maria in Köln an. Das Haus duftete nach frischen Kräutern, Rosen blühten in irdenen Krügen, die Fenster standen auf und ließen die Sommerluft herein. Maria ging herum wie eine Königin, stolz und froh, dem schaurigen Land im Norden fürs erste entronnen zu sein wie einem Alptraum, aus dem man endlich erwacht. Hier herrschte lautes, grelles Leben, wenn man aus dem Hause trat. Hier gab es Vergnügungen, soviel man wollte, ausgelassene Menschen und ausgelassene Bankette.
    Auch Berthold war zufrieden. Im Haus war alles bestens organisiert. Eine Frau hätte es nicht besser richten können. Und sein Arzt sah aus wie ein Höfling, hatte sich in Schale geworfen. Abends lud Berthold Freunde zum Essen ein. Dann philosophierte er mit ihnen über die Politik des Kaisers und ließ Musiker ins Haus kommen, die die Liebe besangen und den Wechsel der Jahreszeiten.
    Das schöne Leben währte genau zwei Wochen lang. Dann kam eines Morgens ein Bote aus Ulm, klopfte an die Tür und überreichte Berthold einen versiegelten Brief. Der erbrach das Siegel und ließ seine Frau rufen.
    »Meinem Bruder geht es schlecht«, sagte er und reichte ihr das Papier, aber sie warf nur einen kurzen Blick darauf. »Ich muß nach Schwaben«, sagte Berthold.
    »Wird er sterben?«
    »Vielleicht. Ich muß zu ihm, Maria.«
    »Nimm mich mit.«
    Aber er schüttelte den Kopf. »Wer weiß, was mich dort erwartet. Ich bin so schnell wie möglich zurück.«
    Er faltete den Brief zusammen.
    »Ich lasse das Nötigste zusammenpacken«, sagte sie und ließ den Iren rufen. Doch der war nirgends zu finden.
    »Wo kann er sein?« fragte sie Van Neil.
    »Vielleicht betrunken in einer dieser Schenken«, gab er zur Antwort.
    Maria sah ihn entgeistert an. Wieviel nahm sich dieser Kerl heraus, Handlanger nur und Soldat in fremden Diensten? Sie würde ihn zur Rede stellen, wenn ihr Herr nicht den Mut dazu hatte, den Mut oder den Willen. Denn Berthold war kein starker Mensch, das wußte sie mittlerweile. Er war einer, der den Weg des geringsten Widerstands ging. Ein Schöngeist. Ein guter Mensch. Sie liebte ihn wegen dieser Eigenschaften, und doch verwirrte sie seine Sanftmut.
    Er küßte sie zum Abschied und hielt sie in den Armen. Bestieg dann sein Pferd und ritt aus dem Torbogen. Sie sah ihm nach und kam sich verloren vor. Seine Güte schützte sie vor der rauhen Wirklichkeit, und wenn sein Bruder erst einmal dieses irdische Jammertal verlassen hatte, dann würden sie aus Sachsen fortgehen und ein neues Leben beginnen. Katharina, ihre Zofe, trat zu ihr.
    »Ihr habt zugenommen, Herrin«, sagte sie und sah Maria fragend an. Doch Maria schüttelte den Kopf. Seit vier Monaten verheiratet und noch immer nicht schwanger. Aber Berthold würde sich nicht beklagen, er würde nicht einmal ein Wort darüber

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