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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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von einem Mord ganz hier in der Nähe, der unter Eure Gerichtsbarkeit fällt, Herr.«
    Raupach nickte. »Ein Offizier wurde ermordet.«
    »Ja, Herr, darum sind wir hierhergekommen. Unser Freund liegt nämlich auf dem Sterbebett und will sein Gewissen erleichtern. Er kennt jemanden, der hat den Mörder gesehen, aber er wollte keine Scherereien, Ihr versteht? Also schwieg er. Nun, in der Nähe des Todes, lastet sein Gewissen schwer auf ihm, und so vertraute er sich mir an mit der Bitte, ich möchte Euch sagen, was er weiß. Er hatte sich damals einer Gruppe Pilger angeschlossen, unter denen sich auch ein Pilger mit einem auffälligen weißen Mantel befand. Der hat angeblich gesehen, wie ein Offizier in der Nähe von Raupach ermordet wurde. Durch den Pfeil einer Armbrust.«
    »Aber wieso hat er das erzählt?« fragte Raupach verwirrt. »Nach dem, was wir wissen, hat der Pilger doch selbst diesen Offizier umgebracht.«
    Lauser schüttelte den Kopf. »Der Pilger mit dem weißen Mantel befand sich seit zwei Tagen bei der Pilgergruppe, daran kann sich mein Freund noch gut erinnern. Auch daran, daß er keine Armbrust besaß. Er wollte sich an diesem Morgen die Füße vertreten und ging ein wenig in den Wald. Dort hörte er ein Pferd kommen und versteckte sich, weil er nicht wußte, wer es war. So wurde er Zeuge des Mordes, denn plötzlich, als das Pferd näher kam, trat jemand aus dem Unterholz, spannte eine Armbrust und schoß. Der Mann auf dem Pferd fiel herunter und war sofort tot. Dann ging der Mörder zu den Satteltaschen und suchte etwas. Er zog ein Papier heraus und verschwand wieder im Wald. Der Pilger hat sich dann das Pferd und die Taschen genommen und ist mit seiner Beute zur Straße zurückgekehrt. Dort überlegte die Gruppe, was zu tun sei, und beschloß, daß der Pilger nach Raupach reiten solle, um dort Bescheid zu sagen. Er ist zwar losgeritten, aber nie wiedergekommen. Die anderen sind dann ohne ihn weitergezogen, Pferd und Satteltaschen haben sie mitgenommen.«
    »Ja«, sagte Raupach nachdenklich, »er wurde selbst getötet, weil er auf einen Soldaten traf, der auch ein gutes Pferd hatte. Das war noch wertvoller als das Pferd des Offiziers. Ich nehme an, der Pilger dachte, zwei Pferde sind besser als eins, denn er war den Schergen des Herzogs als habgieriger Mann bekannt, der auch vor einem Mord nicht zurückschreckt und der für einen Beutel voller Geld einen herzoglichen Kurier umgebracht hat. Aber diesmal hatte er Pech: der Soldat hat ihn getötet.«
    Er beugte sich vor. »Der Herzog schickte einen Mann hierher, der sollte den Fall klären. Er ging davon aus, daß der Pilger der Mörder gewesen ist. Durch die politischen Unruhen wurde er jedoch nach Braunschweig zurückgerufen und konnte den Fall nicht abschließen.«
    Lauser runzelte zweifelnd die Stirn. »Der Pilger besaß keine Armbrust, Herr, das beschwört mein Freund. Er hörte nämlich von einem Justizsekretär des Herzogs, daß man den Pilger für den Mörder hielt. Aber der Pilger besaß nur ein Messer, das war seine einzige Waffe.«
    Raupach nickte, noch immer irritiert. Gewiß, sie hatten sich auch immer wieder gefragt, wo der Templer die Armbrust gelassen haben sollte, denn sie hatten sie nie gefunden.
    »Da ist noch etwas«, fuhr Lauser fort, »der Pilger sagte etwas von einem roten Haarschopf. Der Mörder trug einen Mantel mit einer Kapuze, die er sich über den Kopf gezogen hatte. Unter dieser Kapuze habe er rote Haare erkennen können. An das Gesicht konnte er sich allerdings nicht mehr erinnern.«
    Lauser unterbrach sich und kratzte sich am Kinn. »Wenn das alles stimmt, was mein Freund erzählt, dann sucht Ihr nach einem Mann mit roten Haaren, der eine Armbrust besitzt und ein verflucht guter Schütze ist. Und der zur Tatzeit kein Pferd bei sich hatte. Aber das kann er natürlich auch im Wald stehengelassen haben.«
    Also hatte Custodis doch recht, dachte Raupach. Die Spuren, die sie gefunden hatten, sprachen von drei Menschen. Dem Offizier, dem Mörder und dem Templer. Doch wenn der Templer Monreal nicht umgebracht hatte, wer war es dann gewesen?
    Maria gingen die Worte des Pilgers nicht mehr aus dem Sinn. Mitternacht mußte längst vorbei sein, aber sie lag noch immer wach. Draußen schlich der Wind um die Mauern wie ein Geist, leise und sacht. Ein Käuzchen schrie. Dies war die Zeit der Käuze, der Eulen, der Totenvögel.
    Rote Haare hatte der Templer gesagt. Und wenn er nicht die Wahrheit gesprochen hatte? Wenn alles nur Lüge war,

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