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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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sie nach Wasser. Er stützte ihr den Kopf und faßte nach ihrer Hand. Sie war trocken, der Puls ging ruhig. Das Fieber war gesunken.
    »Fühlt Ihr Euch besser?« fragte er leise.
    Sie nickte kaum merklich. »Ich sah den Bach da unten …«
    Ihre Phantasien fielen ihr ein, dieses weiße Kräuseln des Wassers, wo nichts war außer Dunkelheit und dahinter nur Wald und Heide.
    Cai hielt ihre Hand noch immer. »Maria, was war mit Monreal?«
    Sie schloß die Augen, ließ ihre Hand in seiner liegen, die sie beschützte. Das Denken fiel so schwer. Monreal? Die Erinnerung an ihn war blaß geworden. Da waren nur noch diese Beine unter dem Busch in den langen braunen Stiefeln. Hätte sie ihn heiraten können, wenn der Kaiser ihr nicht Maesfeld aufgedrängt hätte?
    Sie hatte ihn geliebt, so wie in den schönen Liedern, die die Dichter sangen. Ein Kuß, eine flüchtige Berührung, mehr war nie gewesen. Aber sie hatte ihn geliebt. Berthold hatte sie geachtet, so wie eine Frau ihren Mann achten soll, Cai Tuam hatte sie begehrt, weil er eine sündige Saite in ihr zum Klingen gebracht hatte, aber Monreal hatte sie geliebt. Und dann war jemand gekommen und hatte ihm einen Pfeil durch die Lunge geschossen. Sie sah auf.
    »Ja«, flüsterte sie, »ich liebte ihn. Ich war naiv und unschuldig, aber ich liebte ihn. Ihr ahnt gar nicht, wie nah ich daran war, Euch bei Martin anzuschwärzen, weil ich dachte, Ihr seid der Mörder gewesen. Ich wollte, daß Monreals Tod gerächt wird, und ich will es noch.«
    Er stand auf und zog sich das Hemd wieder über, denn das Feuer war ausgegangen. »Monreal ist tot, Maria«, sagte er eindringlich, »ich war es nicht, und Berthold ebensowenig. Gebt Ruhe, Herrin, und schließt endlich Frieden mit Euch selbst und mit den Toten.«
    Maria wollte etwas antworten, als draußen Lärm und Tumult ausbrachen. Menschen schrien wild durcheinander, Pferdehufe klapperten auf dem Hofpflaster, jemand rannte wie von Teufeln gehetzt über den Flur vor der Türe, und dann ertönte der Klang eines Horns – lang und düster.
    »Was ist passiert?« fragte Maria voller böser Vorahnungen, »was ist da draußen los?«
    Der Ire trat ans Fenster. »Der Kaiser«, sagte er, »der Kaiser ist gekommen.«
    Des Kaisers Heer lagerte auf der Heide. Sie hatten ihre Zelte aufgeschlagen und kleine Feuer angezündet. Auf einem riesigen Rund Hunderte von Zelten, Pferden, Karren, Wagen. Das Banner des Kaisers hing schlaff über seinem Zelt, denn es wehte kein Hauch, und die Hitze lag wie eine dicke Glocke über dem Platz.
    Der Kaiser hatte der Burg gleich nach seiner Ankunft die Ehre seines Besuchs erwiesen, denn er hatte es eilig und wollte die Heide so schnell wie möglich durchqueren. Im langen, braunen Umhang, den eine vergoldete Fibel an der Schulter zusammenhielt, über den sein schon damals legendärer Bart herabhing, durchquerte er den Innenhof und begrüßte Raupach, der vor ihm niedersank.
    »Erhebt Euch, Vasall«, sagte der Kaiser und blickte sich um. »Hierher also habe ich Euch geschickt. Ein guter Ort, um zur Besinnung zu kommen.«
    Raupach lächelte. »Ja, Euer Gnaden. Aber ich habe mich nie beklagt.«
    »Ja, Ihr habt immer zu Uns gehalten«, erwiderte der Kaiser ernst. »Nun, ich bin hungrig und will morgen in Lüneburg sein.« Sie gingen hinein und setzten sich an die reichgedeckte Tafel. Wenig später kamen auch des Kaisers erste Vasallen und Offiziere dazu. Der Kaiser aß mit gutem Appetit. Mit seinen kräftigen Händen brach er das Brot, mischte den Wein mit Wasser und ließ den Blick über die Anwesenden schweifen.
    »Ihr habt Glück, daß Unser Vetter sich nicht an Euch vergriffen hat«, sagte er leise, zu Raupach hinübergebeugt, während die lauten Stimmen der Soldaten den Saal erfüllten.
    »Ja, Euer Gnaden. Seit zwei Monaten rechne ich täglich mit ihm. Aber andererseits ist die Burg kein guter Stützpunkt für ihn, strategisch zu unbedeutend. Was kann er hier schon wollen, am Ende der Welt?«
    Der Kaiser lachte. »Oh, Heinrich wollte immer das Unmögliche. Wir haben uns einmal gut verstanden …«
    Er unterbrach sich und starrte mit harten Augen auf seinen leeren Teller. Raupach bemerkte, wie sich der Kaiser verändert hatte. Er kannte ihn noch als jungen Mann – aufbrausend, jähzornig, ungeduldig, mit einem starken Hang zur Grausamkeit. Er schien ruhiger geworden zu sein; vielleicht hatte er endlich gelernt zu warten.
    »Wollt Ihr seinen Tod?« fragte Raupach vorsichtig.
    Friedrich schüttelte den Kopf. »Nur Gott

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