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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gutaussehender Prinz sie geheiratet hat!« schnaubte Monk.
    »Und deswegen hat er die Krone hergegeben und seine Pflichten vergessen. Was hat sie denn Nützliches in ihrem Leben geleistet? Was hat sie geschaffen oder gebaut? Wem hat sie geholfen?«
    Sie starrte ihn verwirrt an. »Jetzt kenn’ ich mich überhaupt nich’ mehr aus, Sir. Sie is’ doch ’ne Lady!«
    Anscheinend genügte ihr das als Erklärung. Ladys arbeiteten nicht. Sie brauchten nichts zu tun, außer das Leben nach Belieben zu genießen. Das in Frage zu stellen war nicht nur unschicklich, sondern sinnlos.
    Monk entschied sich für eine andere Taktik. »Mochten die anderen Bediensteten Gisela?«
    »Es steht uns nich’ zu, Gäste der Herrschaften zu mögen oder nich’ zu mögen. Aber sie war nich’ sehr beliebt, wenn Sie das meinen.«
    So kam er nicht weiter. Er beschloß das Thema zu wechseln.
    »Wie war es denn mit Gräfin Rostova?«
    »Ach, die war lustig, Sir. Kann fluchen wie ein Droschkenkutscher, aber sie ist anständig, sehr anständig!«
    »Mochte sie die Prinzessin?«
    Die Vorstellung schien sie zu erheitern. »Ham Sie ’ne Ahnung! Wenn Blicke töten könnten, wär’ keine von den beiden mehr am Leben, das sag’ ich Ihnen. Aber die Prinzessin saß am längeren Hebel. Gott, hat die ’ne spitze Zunge! Die ham sich alle gekugelt vor Lachen, wenn sie sich über wen lustig gemacht hat. Sie kannte die Schwächen der anderen und nahm sie gern aufs Korn.«
    »Was war denn die Schwäche der Gräfin?«
    Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Ihr Techtelmechtel mit diesem jungen italienischen Herrn, Barber… irgendwas.«
    »Florent Barberini?«
    »Ja, genau. Sah aufregend gut aus, aber er behandelte die Prinzessin wie ’ne Märchenfee… Na ja, irgendwie war sie das ja wohl auch.« Ihre Augen wurden weicher. »Muß herrlich sein, sich so zu verlieben. Ich glaube, an den Prinzen und die Prinzessin wird man sich ewig erinnern – wie an Romeo und Julia oder Lord Nelson und Lady Hamilton – tragische Liebende, die die Welt aufgegeben ham und nur noch füreinander da sind.«
    »So ein Unfug«, sagte Lady Wellboroughs Kammerzofe unwirsch. »Sie hat nur wieder so Groschenromane gelesen. Keine Ahnung, warum die Mistress so was zuläßt. Mit dem dummen Zeug wird den jungen Dingern nur der Kopf verdreht. Eine Ehe ist kein siebenter Himmel, wie meine Mutter immer gesagt hat. Es kann gut oder schlecht ausgehen. Die Männer sind aus Fleisch und Blut, so wie die Frauen auch. Sie werden krank und müssen gepflegt werden.« Sie schniefte. »Sie werden müde und miesepetrig, sie haben Angst, sie sind furchtbar unordentlich, und die Hälfte von ihnen schnarcht wie ein Sägewerk. Und wenn man mal verheiratet ist, kommt man nich’ mehr raus. Die Gören sollten lieber erst mal denken, ehe sie lächerlichen Träumen nachjagen, die sie nur haben, weil sie dumme Bücher lesen.«
    »Aber der Prinz und die Prinzessin waren doch bestimmt das ideale Paar?« drängte Monk, nicht weil er eine aussagekräftige Antwort erwartete, sondern weil er recht haben wollte.
    Sie standen auf dem oberen Treppenabsatz. Unter ihnen brummte ein Diener etwas Unverständliches, woraufhin ein Stubenmädchen loskicherte. Über den Flur näherten sich eilige Schritte.
    »Das kann schon sein, aber sie hatten ihre Streitereien wie alle anderen auch«, meinte die Zofe. »Vor allem sie konnte ganz schön keifen. Sie kommandierte ihn gern rum, wenn sie allein waren, und manchmal auch, wenn Leute dabei waren. Ihn schien das allerdings gar nich’ zu stören. Er hörte sich lieber ihre Schimpfkanonaden an als Freundlichkeiten von anderen. Tja, so wird man wohl, wenn man vor Liebe blind is’.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich dagegen würde mir von keinem so was bieten lassen. Dem würde ich schon meine Meinung geigen. Wer weiß, vielleicht hätte ich dann auch die Folgen zu spüren gekriegt.« Sie lächelte versonnen vor sich hin. »Na, vielleicht sind Leute wie ich einfach nich’ für die Liebe gemacht.«
    Von Streitereien hörte Monk zum erstenmal, sah man von diesem kurzen und offenbar folgenlosen Wortwechsel über den Theaterbesuch in Venedig ab, bei dem Friedrich sofort klein beigegeben hatte, bevor es zu einem richtigen Krach hätte kommen können.
    »Worüber stritten sie denn?« fragte Monk geradezu unverschämt direkt. »Hatte es mit seiner Rückkehr nach Felzburg zu tun?«
    »Wohin?«
    »In sein Heimatland«, erklärte er ihr.
    Sie tat den Gedanken mit einem Lachen ab.

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