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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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beleidigen«, sagte er noch mal mit Nachdruck.
    Und er hielt Wort. Als er in die Küche kam, stand Mrs. Bagshot mit einem Nudelholz in der Hand vor dem großen, sorgfältig geschrubbten Tisch. Mit seiner Vorstellung von einer Köchin hatte sie so gut wie gar nichts zu tun. Sie war eine große, schlanke Frau mit hinten zu einem festen Knoten zusammengebundenem grauem Haar. Die peinliche Ordnung in ihrem Reich verriet viel über ihren Charakter. Dazu stieg Monk ein wunderbarer Geruch in die Nase.
    »Nun?« Sie musterte ihn von oben bis unten. »Sie glauben also, daß der ausländische Prinz bei uns im Haus ermordet worden is’, hm?« fragte sie wutschnaubend.
    Er sah ihr fest in die Augen. »Ja, Mrs. Bagshot, das halte ich für möglich. Und wenn das stimmt, dann wurde er meiner Meinung Opfer eines politischen Anschlags einer seiner Landsleute.«
    »Oh!« Sie war schon etwas besänftigt, blieb aber mißtrauisch.
    »Meinen Sie? Und wie hat er das angestellt, wenn ich fragen darf?«
    »Das weiß ich nicht.« Monk bemühte sich sehr um einen verbindlichen Tonfall, denn diese Frau lauerte geradezu auf eine Gelegenheit, sich empört aufzuplustern. »Ich könnte mir vorstellen, daß er etwas in sein Essen gegeben hat, als es zu ihm gebracht wurde.«
    Sie schob wütend das Kinn vor. »Und was wollen Sie dann noch in meiner Küche?« Damit hatte sie unbestreitbar recht, und das wußte sie auch. »Von meinen Mädchen war’s keine. Wir haben mit Ausländern nix zu tun, außer, wenn sie als Gäste kommen, und wir bedienen alle Gäste gleich gut.«
    Monk sah sich in dem großen Raum um. Der makellos saubere Herd hatte es ihm besonders angetan. Der war ja groß genug, um ein halbes Schaf zu grillen und für fünfzig Leute zu kochen, zu braten und zu backen. An der Wand dahinter hingen säuberlich der Größe nach aufgereiht blitzblank geputzte Kupfertöpfe. Das Geschirr war auf mehreren Anrichten aufeinandergestapelt. Monk wußte, daß es mehrere Speisekammern gab, eine davon ausschließlich für Wild, und Kellergewölbe jeweils für Fisch, Eis und Kohle, nebst einem Backhaus, dazu einem Raum für Kerzen, einen fürs Besteck, einen ganzen Flügel, in dem die Wäscherei untergebracht war, eine Kammer für Süßigkeiten, ein Stillzimmer und einen Abstellraum für alle möglichen Geräte, ganz zu schweigen vorn Quartier des Butlers.
    »Ein bemerkenswert ordentlicher Haushalt«, lobte Monk.
    »Alles hat seinen Platz.«
    »Ham Sie was andres erwartet?« ereiferte sie sich. »Ich weiß ja nich’, was Sie gewöhnt sin’, aber wenn man in einem so großen Haus wie dem hier nich’ auf Ordnung achtet, kriegt man keine Dinnerparty für so viele Leute zusammen.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen…«
    »Können Sie nich’!« fuhr sie ihm voller Verachtung über den Mund. »Sie haben ja überhaupt keine Ahnung!« Sie wirbelte zu einem der Küchenmädchen herum. »He, Nelly! Haste die sechs Dutzend Eier gekriegt, die ich bestellt hab'? Wir brauchen sie morgen. Und den Lachs! Wo steckt überhaupt der Fischjunge? Der Kerl weiß ja nie, was für ’n Tag grade is’! Und mit solchen Dummköpfen muß man sich abplagen! Neulich bringt er mir doch glatt Scholle, obwohl ich Seezunge gesagt hab’! Will nur wissen, wozu so einer seinen Kopf spazieren trägt.«
    »Ja, Mrs. Bagshot«, antwortete Nelly gehorsam. »Sechs Dutzend Hühnereier, wie Sie gesagt ham, und zwei dutzend Enteneier in der Speisekammer. Un’ dann hab’ ich noch zehn Pfund frische Butter un’ die drei verschiedenen Käsesorten.«
    »Na gut, dann mach dich an die Arbeit und steh nich’ rum un’ halt Maulaffen feil, bloß weil wir ’nen Fremden da haben. Das geht dich nix an!«
    »Ja, Mrs. Bagshot!«
    Die Köchin wandte sich wieder Monk zu. »Und was wollen Sie jetzt noch von mir, junger Mann? Ich muß mich ums Essen kümmern. Häng den Fasan in die Geflügelkammer, George, und laß ihn nich’ hier rumliegen!«
    »Ich dachte, Sie wollten ihn erst sehen, Mrs. Bagshot«, verteidigte sich George.
    »Wozu? Glaubst du, ich hätte noch nie ’nen Fasan gesehn? Raus mit dir, bevor dir auch noch Federn wachsen! Dummkopf«, fügte sie halblaut hinzu. »Also schießen Sie endlich los!« blaffte sie Monk an. »Wir müssen nämlich arbeiten, auch wenn Sie nix tun.«
    Monk ließ sich nicht zweimal auffordern. »Wenn jemand in der Nacht in Ihre Küche käme und einen Ihrer Töpfe benutzte, würden Sie das merken?«
    Darüber dachte sie eine Weile nach. »Nich’, wenn er richtig

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