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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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meinen Kummer für mich zu behalten, Sir.«
    Harvester verneigte sich. »Selbstverständlich, Ma’am. Sie haben für unsere Begriffe genügend gesagt, um jeden Zweifel an der Berechtigung Ihrer Klage auszuräumen. Wir können Ihre Trauer nicht lindern, aber bieten Ihnen unser zutiefst empfundenes Mitgefühl an und jede Genugtuung, die das englische Gesetz zuläßt.«
    »Danke, Sir.«
    »Wenn Sie sich noch Sir Oliver Rathbone zur Verfügung halten möchten. Es ist möglich, daß er Sie noch etwas fragen will, auch wenn ich nicht wüßte, was.«
    Rathbone näherte sich Gisela. Er spürte den Haß der Leute in seinem Rücken. Mit der geringsten herabsetzenden Bemerkung dieser Frau gegenüber oder der harmlosesten Nachlässigkeit bei der Bekundung seines Mitgefühls konnte er seine Hoffnungen gründlicher zerstören als Harvester mit seinem taktischen Geschick.
    Er stellte sich Giselas stetem Blick und fand ihre dunkelblauen Augen eigenartig starr, fast wie tot. Ob es an der Erschöpfung und Trauer lag?
    »Diese vernichtende Beschuldigung muß ein Schock für Sie gewesen sein, Ma’am.« Er gab sich Mühe, nicht allzu salbungsvoll zu wirken.
    »In der Tat.«
    Er stand in der Mitte des Parketts und sah zu ihr auf. »Ich könnte mir vorstellen, daß Sie nach diesem tragischen Verlust nicht in Vollbesitz Ihrer Kräfte waren«, fuhr er fort.
    »Mir ging es nicht sehr gut.« Gisela starrte ihn mit kaltem Blick an. Sie wartete auf einen Angriff. Schließlich vertrat er die Frau, die sie des Mordes bezichtigt hatte.
    »Fanden Sie in Ihrer Trauer Zeit, die politischen Ereignisse in Felzburg zu verfolgen?«
    »Sie interessierten mich nicht im geringsten«, erklärte sie.
    »Mit dem Tod meines Mannes war die Welt für mich untergegangen. Ich wußte kaum, was ich tat. Jeder Tag war genauso wie der davor… und der danach. Ich sah niemanden.«
    Der Richter maß Rathbone mit einem strengen Blick; die Geschworenen wurden unruhig. Er mußte bald zur Sache kommen, oder es war zu spät. Und er spürte Zorahs Augen in seinem Rücken.
    »Ist Ihnen je der Gedanke gekommen, daß Ihr Mann aus politischen Gründen ermordet worden sein könnte?« fragte er unverblümt. »Im Zusammenhang mit dem Kampf Ihres Landes um Unabhängigkeit vielleicht.«
    »Nein…« Ihre Stimme verlor sich. Gisela war eindeutig überrascht. Erst sah es so aus, als wolle sie etwas hinzufügen, doch dann bemerkte sie Harvesters Blick und überlegte es sich anders.
    Rathbone zwang sich zu einem verständnisvollen Lächeln.
    »Aber angesichts einer so tiefen Liebe wie der Ihren kann ich mir nicht vorstellen, daß Ihnen nicht an einer Klärung dieser Frage gelegen wäre, nachdem sie nun ins Spiel gebracht worden ist, oder täusche ich mich da? Gesetzt den Fall, es war so, wünschen Sie sich da nicht dringender als alle anderen hier, daß der Schuldige überführt wird und den Preis für sein abscheuliches Verbrechen zahlen muß?«
    Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen wortlos an.
    Zum erstenmal erhob sich zustimmendes Gemurmel in der Galerie. Einige Geschworene nickten bedächtig.
    »Natürlich«, gab Rathbone selbst voller Elan die Antwort.
    »Und ich verspreche Ihnen, Ma’am…«, er umfaßte mit einer Geste den ganzen Saal, »dieses Gericht wird alles in seiner Macht Stehende tun, um die ganze Wahrheit aufzudecken.« Er verbeugte sich vor ihr, als sei sie eine richtige Prinzessin.
    »Danke. Ich habe keine weiteren Fragen.« Er nickte Harvester zu und kehrte an sein Pult zurück.

10
    »Die Zeitungen, Sir.« Rathbones Diener reichte seinem am Frühstückstisch sitzenden Dienstherrn die Morgenzeitungen mit der Times zuoberst.
    Rathbone hatte auf einmal ein flaues Gefühl im Magen. Vor ihm lag der Gradmesser der öffentlichen Meinung. In diesem Stapel stand besiegelt, wogegen er ankämpfte, was ihm heute und bis zum Ende des Prozesses bevorstand.
    Bis zum Ende des Prozesses? Nein, so bald gab es kein Ende. Die Öffentlichkeit würde ihn bis weit über den Abschluß dieses Falles hinaus damit verbinden.
    Er schlug die Times auf und durchblätterte sie, ohne einen Bericht über den Prozeß zu finden. Aber es mußte doch einen geben! Ganz Europa schaute deswegen nach London! Dann endlich fand er den Artikel. Fast hätte er ihn übersehen, weil weder Gisela noch Friedrich in der Schlagzeile erwähnt wurden.
    »Tragischer Unfall – oder Mord?« hieß es lediglich. Es folgte eine Zusammenfassung der bisherigen Aussagen. Die Rolle Giselas schilderte der Verfasser mit

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