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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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im größten Sessel. Seine hellbraune Hose saß wie immer tadellos, aber sein Halstuch war ein bißchen verrutscht und sein Haar auf einer Seite verwuschelt. Anscheinend war er sich dort mit den Fingern durchgefahren.
    »Wie geht es Ollenheim?« fragte Monk. Erst jetzt bemerkte er ihr Kleid und die geröteten Wangen. Er runzelte mißbilligend die Stirn. »Ihrem Erscheinungsbild entnehme ich, daß er sich ganz gut dreinfindet. Armer Teufel. Es ist auch so schon schlimm genug, wenn man erfährt, daß die eigene Mutter eine Abtreibung versuchte, weil sie einen als Hindernis für ihre Ambitionen ansah, und dann gleich nach der Geburt weggab. Wie muß es dann erst sein, wenn das vor Gericht enthüllt wird und halb London dabei zuhört!«
    »Wie nimmt die Baronin es auf?« erkundigte sich Rathbone.
    »Es wird ihr nicht leichtfallen, und dem Baron wohl genauso wenig.«
    »Ich glaube, sie schaffen es«, sagte sie bestimmt.
    »Sie sehen außerordentlich selbstzufrieden aus«, brummte Monk, dem das überhaupt nicht zu gefallen schien. »Haben Sie etwas Nützliches in Erfahrung gebracht?«
    Damit erinnerte er sie schmerzhaft an das, was ihnen in den nächsten Tagen bevorstand.
    »Nein«, gab sie zu. »Ich freue mich nur für Robert und für Victoria Stanhope. Ansonsten habe ich nichts herausbekommen. Und Sie?«
    Monk setzte eine betretene Miene auf.
    Rathbone war zu routiniert, um sich seine Gefühle anmerken zu lassen. »Es ist uns immerhin gelungen, den Geschworenen ein anderes Bild von Gisela zu vermitteln…«, begann er.
    Monk stieß bellendes Gelächter aus.
    Rathbone ignorierte ihn absichtlich. »Aber Zorahs Vorwürfe lassen sich damit nicht begründen«, fuhr er an Hester gewandt fort. »Wenn wir Zorah ihrerseits vor einer Anklage wegen Mordes bewahren wollen, müssen wir herausfinden, wer es war, und das auch beweisen.« Seine sonst immer so wohltönende Stimme war heute merklich gedämpft. Hester spürte, daß er mit der Niederlage rechnete. »Sie ist eine Patriotin«, murmelte er.
    »Und jeder kann sehen, daß sie Gisela haßt. Viele werden jetzt meinen, daß sie an diesem für das Schicksal ihres Landes so entscheidenden Wendepunkt einen Anschlag auf Gisela versuchte, aber einen tragischen Fehler beging und statt dessen Friedrich tötete. Ich glaube es fast selbst.«
    Monk starrte ihn böse an. »Tatsächlich? Glauben Sie das?« Hester wartete.
    Rathbone blieb einen langen Augenblick stumm. Bis auf das Knistern im Kamin, das Ticken der Wanduhr und das Prasseln der Regentropfen gegen die Fenster war kein Laut zu hören.
    »Ich weiß es nicht«, stöhnte er schließlich. »Eigentlich glaube ich es nicht, aber…«
    »Aber was?« Monk wirbelte herum. »Was?«
    Rathbone setzte schon zu einer beißenden Bemerkung an. Er war doch kein Zeuge, den man ins Kreuzverhör nahm! Doch dann überlegte er es sich anders und schwieg. Sein Nachgeben verriet natürlich auch den Grad seiner Verunsicherung, und das beunruhigte Hester mehr, als dies jedes Eingeständnis eines Irrtums vermocht hätte.
    »Aber was?« fuhr Monk ihn an. »Menschenskind, Rathbone, wir müssen es wissen! Wenn wir dieser Sache nicht auf den Grund gehen, wird diese Frau am Ende noch gehängt! Friedrich wurde ermordet! Wollen Sie denn nicht wissen, wer sein Mörder war? Ich will es jedenfalls herausfinden!«
    Rathbone beugte sich vor. »Natürlich will ich es wissen. Selbst wenn es Zorah war, die Wahrheit muß auf den Tisch. Solange ich nicht weiß, was damals in Wellborough Hall geschehen ist und warum, werde ich wohl nicht mehr ruhig schlafen können.«
    Monk verlagerte das Gewicht und lehnte sich gegen den Sims. Die immense Hitze des Kamins schien er nicht zu spüren.
    »Jemand nützte die Situation aus und besorgte sich Eibenblätter oder -rinde. Daraus braute er ein Gift und flößte es Friedrich ein. Die alles entscheidende Frage ist, ob er es auf Friedrich oder auf Gisela abgesehen hatte. Wenn Friedrichs Rückkehr verhindert werden sollte, kommen am ehesten Klaus von Seidlitz oder vielleicht auch seine Frau in Frage. War das Gift für Gisela bestimmt, auch wenn sie es dann aus welchem Grund auch immer Friedrich gab, dann können es alle Anhänger der Unabhängigkeitsfraktion gewesen sein – Rolf, Stephan, Zorah… und auch Barberini.«
    »Oder Lord Wellborough«, ergänzte Rathbone.
    »Vorausgesetzt, er rechnete mit Krieg und Aufträgen für Waffenlieferungen an eine der Parteien.«
    »Möglich«, brummte Monk, »aber unwahrscheinlich. Es gibt auch so

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