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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Baronin Ollenheim aus Felzburg, die sich hier niedergelassen haben…«
    »Felzburg?« fragte Hester überrascht. Ihr dämmerte bereits der Grund für Callandras Interesse. Sie unterstützte auch Monk in mageren Zeiten, wofür sie im Gegenzug an seinen dramatischeren Fällen teilhaben durfte. »Ich verstehe.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Callandra lächelnd.
    »Soweit ich das beurteilen kann, hat es nichts mit Gisela oder Gräfin Rostova zu tun.« Schlagartig wich alle Fröhlichkeit in ihrem Gesicht tiefem Mitleid. »Der junge Robert hat sich eine schwere Krankheit zugezogen. Er hatte hohes Fieber, daß jetzt zwar abgeklungen ist, aber seitdem kann er sich von der Hüfte abwärts nicht mehr bewegen. Er liegt im Bett und ist in allem auf Hilfe angewiesen. Zwar kümmern sich täglich der Arzt, seine Mutter und die Bediensteten um ihn, doch jetzt wird dringend eine ausgebildete Schwester gebraucht. Ich habe mir die Freiheit genommen, Ihren Namen zu erwähnen, und das aus drei guten Gründen.«
    Hester hörte schweigend, doch mit wachsendem Interesse zu.
    »Der erste und der wichtigste: Robert wird womöglich schwer behindert bleiben. Es ist nicht auszuschließen, daß er seine Beine nie wieder wird benutzen können. Wenn sich das bewahrheitet, ist das ein grausamer Schlag. Er wird jede erdenkliche Hilfe brauchen. Sie, meine Liebe, haben dank Ihrer Tätigkeit im Krieg Erfahrung in der Pflege gräßlich verstümmelter junger Männer. Wenn jemand Robert die bestmögliche Pflege angedeihen lassen kann, dann Sie. Mein zweiter Grund ist, daß, als wir den Mörder der armen Prudence Barrymore suchten«, ihr Gesicht überschattete sich bei der Erinnerung an diesen traurigen Fall, »ich Victoria Stanhope kennenlernte. Sie vertraute mir an, daß sie ein Opfer von Inzest und einer dilettantisch durchgeführten Abtreibung ist, bei der ihr unheilbare innere Verletzungen zugefügt wurden. Seitdem leidet sie unter ständigen Schmerzen und wird nie heiraten können, weil sie nicht mehr in der Lage ist, die physischen Pflichten einer Frau zu erfüllen. Ich war dabei, als sie den jungen Robert kennenlernte. Die zwei fühlten sich auf Anhieb zueinander hingezogen. Natürlich redete ich es ihr aus, bevor das Schicksal seinen Lauf nehmen konnte. Nun, heute sieht alles anders aus. Robert ist ebenfalls behindert. Mit ihrem Mut und ihrer Unschuld kann sie ihm vielleicht am ehesten helfen, sich mit der neuen Situation abzufinden.«
    »Und wenn er sich erholt?« fragte Hester. »Und sie ist in ihn verliebt. Sie wird nie eine ganze Frau sein können. Was passiert dann?«
    »Ich weiß es nicht«, gab Callandra zu. »Aber stellen Sie sich nur vor, sein Zustand ändert sich nicht, und sie kann ihm tatsächlich über seine Verzweiflung hinweghelfen – dann wäre es doch schrecklich, wenn wir das mit unseren Befürchtungen verhindert hätten, zumal ein Erfolgserlebnis auch ihrem Selbstwertgefühl nur guttäte.«
    Hester schwankte noch immer. Beides barg Gefahren in sich. In Callandras Augen funkelte indes feste Entschlossenheit.
    »Selbst wenn sich unsere Entscheidung als falsch erweisen sollte, bin ich davon überzeugt, daß wir eher einen Fehler begehen, wenn wir das Risiko scheuen und nichts tun. Wollen Sie es versuchen?
    Hester lächelte sie an. »Und Ihr dritter Grund?«
    »Sie brauchen eine neue Stellung.«
    Das stimmte. Seit dem Ruin ihres inzwischen verstorbenen Vaters hatte Hester keine eigenen Mittel zur Verfügung. Und weil sie auf keinen Fall auf Zuwendungen ihres Bruders angewiesen sein wollte, mußte sie ihren Unterhalt selbst bestreiten. Verbittert war sie deswegen gewiß nicht. Ihrem Beruf verdankte sie Unabhängigkeit und geistige Wachheit. Beides schätzte sie gleichermaßen hoch. Weniger schön war der Zwang, Geld zu verdienen, aber darunter standen ja fast alle.
    »Ich würde sehr gerne helfen, wenn Sie glauben, daß Baron und Baronin Ollenheim mich akzeptieren würden.«
    »Dafür habe ich schon gesorgt«, antwortete Callandra bestimmt. »Je früher Sie die Stelle antreten, desto besser.«
    Hester stand auf.
    »Ach übrigens!« rief Callandra mit leuchtenden Augen.
    »Oliver Rathbone hat die Verteidigung der Gräfin Rostova übernommen.«
    Hester starrte sie verdattert an. »Wie bitte? Was haben Sie gesagt?«
    Callandra wiederholte die Nachricht.
    »Dann kann das nur heißen, daß mehr hinter dem Fall steckt, als es den Anschein hat«, murmelte Hester.
    »Und William ermittelt für ihn«, fügte Callandra hinzu. »Nur

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