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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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herankam, denn sie wich nicht einen Moment von seiner Seite. Um Himmels willen, Ma’am, wenn Sie glauben, daß er aus politischen Gründen ermordet wurde, dann sagen Sie es bitte, und opfern Sie Ihren guten Ruf nicht irgendwelchen haltlosen Behauptungen, die Sie nur aufstellen, um die Sache vor Gericht zu bringen!«
    »Was schlagen Sie vor?« Sie bemühte sich um einen leichten Ton, aber gerade deshalb hörte sich ihre Stimme auf einmal brüchig an. »Daß ich Klaus von Seidlitz anklage? Aber er ist doch nicht schuldig!«
    Sie stand noch immer vor dem Kamin. Ihr Kleid schimmerte im flackernden Licht der Flammen. Draußen wurde es dunkel.
    »Sie wissen, daß Klaus es nicht war. Sie haben keinen Beweis für Giselas Schuld.« Er schöpfte wieder Hoffnung, gewann neues Selbstvertrauen. »Dann nehmen Sie doch den Vorwurf zurück, und wir ermitteln in aller Ruhe weiter, bis wir genug Anhaltspunkte haben. Und wenn wir soweit sind, gehen wir damit zur Polizei. Sagen Sie die Wahrheit! Sagen Sie, daß Sie glauben, daß er ermordet wurde, aber daß Sie nicht wissen, von wem. Sie haben Gisela genannt, damit endlich jemand auf Sie hört und Ermittlungen einleitet. Geben Sie Ihren Irrtum zu. Bitten Sie sie um Verzeihung. Verleihen Sie aber auch Ihrer Hoffnung Ausdruck, daß sie mithilft, die Wahrheit zu ermitteln. Das kann sie unmöglich zurückweisen, ohne den Eindruck zu erwecken, sie habe schmutzige Hände. Ich setze Ihnen den Brief auf.«
    »Das werden Sie nicht!« wies sie ihn barsch zurück. »Wir gehen vor Gericht!«
    »Aber das brauchen wir doch gar nicht!« Warum war diese Frau nur so begriffsstutzig? Völlig ohne Not stürzte sie sich ins Unglück. »Monk wird sein Möglichstes tun, die Wahrheit herauszufinden…«
    »Gut!« Sie wirbelte herum und starrte zum Fenster hinaus.
    »Dann lassen Sie ihn weitermachen, und wenn das Verfahren beginnt, soll er für mich aussagen.«
    »Er schafft es vielleicht nicht bis dahin.«
    »Dann sagen Sie ihm, er soll sich beeilen.«
    »Nehmen Sie die Vorwürfe gegen Gisela zurück!« drängte er.
    »Dann kommt es nicht zum Prozeß. Sie verlangt vielleicht Schadensersatz, aber ich kann mich für Sie einsetzen und…«
    Sie funkelte ihn wütend an. »Weigern Sie sich etwa, meine Anweisungen auszuführen, Sir Oliver? Das ist doch der richtige Ausdruck, nicht wahr? Anweisungen!«
    »Ich versuche nur, Sie zu bera…«
    »Ich habe Ihren Rat gehört und abgelehnt!« fuhr sie ihm über den Mund. »Anscheinend gelingt es mir nicht, Ihnen begreiflich zu machen, daß meiner Meinung nach Gisela Friedrich ermordet hat. Aber ich bin nicht bereit, statt dessen jemand anderen zu beschuldigen. Ein Trick, der, wie ich glaube, auch gar nicht funktionieren würde.«
    »Aber sie hat ihn nicht ermordet!« Seine Stimme wurde lauter und schriller, als er beabsichtigt hatte; diese Frau trieb ihn schier zur Verzweiflung. »Man kann eine Unwahrheit nicht beweisen. Und ich bin nicht dazu bereit, mich an solchen Versuchen zu beteiligen.«
    Ihr Körper versteifte sich, ihre Miene wurde hart. »Ich glaube, daß es die Wahrheit ist. Und meines Wissens sind Sie Anwalt und nicht Richter, oder?«
    Er holte tief Luft. »Es ist meine Pflicht, Ihnen die Wahrheit zu sagen, und die sieht nun einmal so aus: Wenn Friedrich tatsächlich mit Eibenblättern vergiftet wurde, dann ist Gisela die einzige Person, die über jede Minute Rechenschaft ablegen kann. Sie kann ihn nicht ermordet haben.«
    Zorah reckte das Kinn und starrte ihn herausfordernd an. Doch auf seine Argumente wußte sie keine Antwort. Er hatte recht, und das mußte sie sich eingestehen.
    »Wenn Sie sich von diesem Fall zurückziehen wollen, dann nehme ich Ihnen das nicht übel. Ihre Ehre wäre nicht befleckt. Offenbar habe ich mehr von Ihnen verlangt, als recht und billig ist.«
    Ihm fiel ein Stein vom Herzen, und zugleich schämte er sich seiner Erleichterung.
    »Was haben Sie jetzt vor?« fragte er leise. Die Spannung war von ihm abgefallen, doch an ihre Stelle war ein schaler Nachgeschmack getreten – das Bewußtsein, gescheitert zu sein, eine Gelegenheit verpaßt zu haben, und auch ein Gefühl der Einsamkeit.
    »Wenn es so ist, wie Sie sagen, wird es wohl jeder andere Barrister mit Ihren Fähigkeiten und Ihrem Ehrbegriff genauso sehen«, erwiderte sie. »Ich werde überall den gleichen Rat zu hören bekommen. Und trotzdem werde ich allen dieselbe Antwort wie Ihnen geben müssen. Ich kann mir also die ganze Mühe von vornherein sparen. Es gibt nur einen Menschen,

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