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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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machen, daß man sie in ewiger Erinnerung behalten wird, wenn sie die drei großen Tugenden der Frauen in sich vereint – Würde, Anmut und Mitgefühl –, weil dann die ganze Welt verstehen wird, warum Friedrich ihretwegen auf die Krone verzichtet hat. Andererseits muß ich aufzeigen, wie ihre Rache eine Frau vollends zerstören würde, die ja schon einmal gegen sie verloren hat und die, auch wenn sie sich nachweislich geirrt hat, stets eine glühende Patriotin geblieben ist, die selbstlos alles aufs Spiel gesetzt hat, um aufzudecken, daß Friedrich tatsächlich ermordet wurde und eben nicht, wie jeder dachte, eines natürlichen Todes gestorben ist.«
    Er beschleunigte seine Schritte. Immer mehr Ideen fielen ihm ein. »Und ich kann subtil andeuten, daß sie ihr sogar dankbar sein muß. Ansonsten würde ihr Verhalten den Schluß nahelegen, sie sei bereit, den wahren Mörder entkommen zu lassen! Sie kann unmöglich wollen, daß die Leute das denken.« Er ballte die Faust. »Ja, ich glaube, wir haben jetzt den Ansatz einer Strategie.« Er blieb unmittelbar vor Hester stehen. Seine Augen leuchteten. »Danke, meine Liebe! Sie haben mir unschätzbare Hilfe geleistet!«
    Hester errötete unter seinem Blick. Auf einmal war sie unsicher, wie sie reagieren sollte. Freilich durfte sie nicht vergessen, daß er ihr nur seinen Dank zeigte. Im Grunde hatte sich nichts geändert.
    »Hester… ich…«
    Jemand klopfte an die Tür.
    Simms steckte den Kopf herein. »Mr. Bartlett möchte Sie sprechen, Sir. Er wartet schon seit zehn Minuten. Was soll ich ihm sagen?«
    »Sagen Sie ihm, daß ich noch mal so lang brauche!« bellte Rathbone. Doch als er Simms’ verblüffte Miene bemerkte, seufzte er. »Nein, sagen Sie ihm etwas anderes. Miss Latterly war ohnehin schon am Gehen. Entschuldigen Sie sich in meinem Namen bei Major Bartlett. Ich habe soeben wichtige Informationen über einen anderen Fall erhalten, bin jetzt aber bereit, ihn zu empfangen.«
    »Sehr wohl, Sir Oliver.« Simms zog sich erleichtert zurück. Er legte in jeder Situation höchsten Wert auf Anstand und Höflichkeit.
    Hester wußte nicht so recht, ob sie froh oder enttäuscht sein sollte. »Danke, daß Sie mich auch ohne Ankündigung empfangen haben«, sagte sie lächelnd. »Sobald ich etwas Wichtiges erfahre, melde ich mich wieder.« Sie wandte sich zum Gehen.
    Er ging an ihr vorbei zur Tür und hielt sie ihr auf. Sie standen so nahe beieinander, daß sie den Stoff seines Jacketts und seine warme Haut riechen konnte. Dann verschwand sie im Vorzimmer, während er Major Bartlett begrüßte.
    Auf dem Rückweg in die Hill Street nahm Hester sich vor, die Wahrheit über Robert bei der nächstbesten Gelegenheit auszusprechen, und, wenn sich keine solche ergab, eine zu schaffen.
    Sie mußte nicht lange warten. Der Arzt stattete am frühen Abend seinen Besuch ab, und nachdem er Robert gesehen hatte, bat er Hester um ein Gespräch unter vier Augen. Im zweiten Stock gab es ein Boudoir, in dem sie sich ungestört unterhalten konnten. Hester schloß hinter ihm die Tür.
    Der Arzt war sehr ernst, doch weder mied er ihren Blick, noch versuchte er, gekünstelten Optimismus zu zeigen. »Ich fürchte, ich kann nichts mehr für ihn tun«, sagte er leise. »Es wäre nicht richtig und wohl auch grausam, ihm falsche Hoffnung zu machen, daß er je wieder wird gehen können oder…« – er geriet ins Stocken und suchte nach einer einfühlsamen Formulierung für seine Diagnose.
    Sie half ihm. »Ich verstehe. Er wird seine untere Hälfte nicht mehr benutzen können. Nur die Verdauungsmuskeln werden noch funktionieren.«
    »Das ist richtig. Es tut mir leid.«
    Obwohl sie es schon seit einiger Zeit wußte, wurde ihr erst jetzt bewußt, daß ein Teil ihrer selbst gegen alle Vernunft gehofft hatte, sie möge sich irren. Diese Hoffnung war jetzt gestorben. Sie hatte das Gefühl, von einem schweren Gewicht niedergedrückt zu werden. Ihr war, als wäre ein Licht für immer erloschen.
    Der Arzt sah ihr sanft in die Augen. Diese Prognose mußte ihm ähnlich weh tun wie ihr.
    Sie gab sich einen Ruck. »Ich werde ihm, so gut ich kann, dabei helfen, es zu akzeptieren«, versprach sie. »Haben Sie es der Baronin schon gesagt, oder soll ich das tun?«
    »Ich habe noch mit niemandem darüber gesprochen, aber ich hätte Sie gerne dabei, wenn ich es ihr sage. Sie wird es vielleicht sehr schwernehmen.«
    »Und Robert?«
    »Ich habe ihm noch nichts gesagt, aber ich glaube, er ahnt es bereits. Die junge Frau, von

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