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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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empfand, strich die Tänzerin ihr gedehntes Bein aus.
    »Ich weiß nicht, was daran lustig sein soll«, erwiderte Wera mit weniger fester Stimme, als ihr lieb war. Das ganze Auftreten der Tänzerin, ihre Geschmeidigkeit, ihr schlanker, schöner Körper, die Art, wie sie sich beiläufig und gar nicht ehrerbietig mit ihr, der Königlichen Hoheit Wera von Württemberg, unterhielt, brachte sie aus dem Gleichgewicht. Eigentlich hatte sie geglaubt, die Widersacherin allein durch ihre Anwesenheit einschüchtern zu können. Stattdessen trainierte Etty weiter, als hätte es keine Unterbrechung gegeben.
    Wera räusperte sich, dann setzte sie ihre arroganteste Miene auf.
    »Sie und Herzog Eugen – das ist einfach unpassend. Das müssen Sie doch einsehen. Er wird Sie nie heiraten, eine morganatische Ehe wäre völlig unter seiner Würde.«
    »Morga- was?« Ettys schallendes Lachen zerriss die Luft des Übungssaals. Geschmeidig ließ die Tänzerin ihr rechtes Bein zu Boden sinken.
    »Aber Sie, Sie soll er heiraten, ja? Gleich und Gleich gesellt sich gern, ist es das, was Sie mir sagen wollen? Kindchen, haben Sie keine Augen im Kopf?« Bevor Wera wusste, wie ihr geschah, fasste die Tänzerin sie am Arm und zog sie so vor den Spiegel, dass sie beide hineinschauten.
    »Herzog Eugen ist ein überaus attraktiver Mann, der Schönheit über alles schätzt«, hauchte sie Wera über die Schulter zu.
    Der Duft von schwerem Parfüm und Schweiß stieg Wera in die Nase. Abrupt riss sie sich aus der Umklammerung der Tänzerin los. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so gedemütigt gefühlt. So hässlich und plump.
    Wie hatte sie nur auf diese dumme, dumme Idee kommen können? Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte losgeheult. Doch die Wut und die Verzweiflung entfalteten auch neue Kraft in ihr.
    »Wenn Sie glauben, dass Schönheit allein zählt, sind Sie noch dümmer, als ich dachte. Gesellschaftliches Ansehen, ein guter Ruf, eine militärische Karriere – nichts davon können Sie Eugen bieten, nichts!Sollte er Sie heiraten, wäre seine Laufbahn beim Militär ein für alle Mal ruiniert.«
    »Ach ja? Seltsam, über das Militär und seine Karriere spricht Eugen fast nie. Wir haben meist so viel Besseres zu tun, wissen Sie …« Etty hob ihr linkes Bein so beiläufig zu einer weiteren Dehnübung, als plauderten sie über das Wetter.
    Bevor Wera wusste, was sie tat, schubste sie Ettys Bein von der Ballettstange.
    »Schluss jetzt mit diesen Turnübungen. Ich rede mit Ihnen!« Zitternd vor Wut ballte sie beide Hände zu Fäusten. Dass Margitta die Fleischertochter verprügelt hatte, konnte sie inzwischen gut verstehen. Viel fehlte nicht mehr, dann würde auch sie –
    Etelda hob die Augenbrauen. »Fünf Minuten«, sagte sie hoheitsvoll, als gewähre sie eine Audienz.
    »Was wollen Sie? Geld? Ich kann Ihnen welches geben. Wenn Sie Eugen in Ruhe lassen, soll das Ihr Schaden nicht sein.« Schon nestelte Wera am Verschluss ihrer Handtasche. Nein, sie würde sich von diesem Biest nicht einschüchtern lassen!
    Erneut ertönte Ettys glockenhelles Lachen.
    » Sie wollen mir Geld geben? Da müssten Sie aber sehr tief in die Tasche greifen. So viel Geld haben Sie gar nicht, um mir das zu ersetzen, was Eugen mir gibt. Wenn ich an die vielen Schmuckstücke denke, die ich ständig von ihm bekomme … Meine Rechnungen bei der Schneiderin zahlt er auch, im Café Schreiber darf ich auf seinen Namen anschreiben, die Miete für meine Kammer hat er schon vor Jahren übernommen. Wobei – damit ist bald Schluss.« Grinsend wandte sich Etty wieder ihrem Spiegelbild zu, feuchtete ihren rechten Zeigefinger an und fuhr damit die Konturen ihrer Augenbrauen nach.
    »Eugen will mir nämlich eine Wohnung schenken. Sehr exklusiv, gleich hier um die Ecke, wir haben sie vor ein paar Tagen begutachtet. Mein Liebster konnte es nämlich nicht mehr ertragen, mich in meiner alten Dachkammer leiden zu sehen, wo die Sommer unerträglich heiß und die Winter entsprechend kalt sind.«
    »Aber …« Wera wich vor der Tänzerin zurück, als habe diese ihr eineOhrfeige verpasst. Eugen wollte eine Wohnung für sich und Etty kaufen?
    »Da schauen Sie, was? Tja, Herzog Eugen ist mir wirklich sehr zugetan …« Etty zog aus ihrer Strickjackentasche ein kleines Döschen und hielt es Wera hin.
    »Pures Silber, verziert mit Edelsteinen. Raten Sie mal, von wem ich das habe.« Mit einem Klick öffnete sie die Dose, dann tupfte sie Lippenrot auf ihren vollen Mund. Als sie zufrieden

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