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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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war mit ihrem Werk, drehte sie sich erneut zu Wera um.
    Ihr Blick war kühl und äußerst bestimmt, als sie sagte: »Ob Herzog Eugen mich heiratet oder nicht, ist mir völlig gleich. Die derzeitige Situation gefällt mir nämlich ausnehmend gut. Habe ich nicht das Beste aus zwei Welten? Bei meinen Auftritten bekomme ich die Bewunderung des gesamten Publikums. Und hinter der Bühne ist mir Eugens Bewunderung sicher. Ja, man könnte sagen: Er frisst mir aus der Hand, von ihm erhalte ich alles, was ich möchte. Ich wäre also schön dumm, würde ich auf Ihr kindisches Angebot eingehen.«
    »Es war so schrecklich!«, sagte Wera schluchzend, als sie eine halbe Stunde später bei Margitta in der Wäschekammer saß. »Diese Etty ist dermaßen arrogant, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Mit keinem meiner Worte konnte ich sie beeindrucken, stattdessen hat sie mich ausgelacht. Ich könnte im Erdboden versinken vor lauter Scham!«
    Stumm reichte die Freundin ihr ein mit feiner Spitze besticktes Taschentuch.
    »Was, wenn sie zu Eugen rennt und ihm erzählt, dass ich bei ihr war? Ich bin blamiert bis auf die Knochen. Wie soll ich ihm je wieder unter die Augen treten?« Margittas Taschentuch ignorierend, warf sich Wera auf einen Berg Bügelwäsche und schluchzte erneut los.
    »Dass das Weib so abgebrüht ist, hätte ich ehrlich gesagt auch nicht gedacht«, murmelte Margitta ratlos, während ihr Blick immer wieder in Richtung Tür ging. Doch auf dem Gang war alles ruhig,die Obersthofmeisterin schien anderswo im Schloss beschäftigt zu sein.
    »Etty hat völlig recht: Eugen ist so schön und ich bin so hässlich, wie konnte ich mir nur einbilden, dass er –«
    »Jetzt hör aber auf«, unterbrach Margitta ihre Freundin. »Wie wäre es, wenn du Ettys hübsches Gesicht für einen Moment vergisst und stattdessen deinen Verstand einschaltest?«
    Deprimiert schaute Wera sie an. »Du müsstest dich mal hören, richtig gemein bist du. Hast du denn gar kein Mitgefühl?«
    »Mitgefühl!« Margitta verzog den Mund. »Das bringt einen in den seltensten Fällen weiter. Nein, mir geht vielmehr eine ganz andere Sache nicht aus dem Kopf: Hat deine Tante dir gegenüber nicht mehrmals wiederholt, dass die Familie deines Eugen kein Geld hat? Und als Soldat wird er auch keine Reichtümer verdienen, oder?«
    Wera zuckte mit den Schultern. »Stimmt. Aber was hat das mit mir zu tun? Oder mit Etty?«
    Margitta verdrehte die Augen, wie immer, wenn sie Wera für schwer von Begriff hielt.
    »Wie kann es sein, dass Eugen diese Frau ständig mit so viel Geld bewirft? An der Sache ist doch etwas faul, darauf würde ich alles verwetten!«

25. KAPITEL
    A ll Romanovs must die! The time of the almighty dictatorship and tyranny must come to an end! …«
    Mit verstörten Mienen hörte die versammelte Familie zu, wie Karl den anonymen Brief vorlas, der ein paar Tage zuvor im Stuttgarter Schloss eingetroffen war. Allem Anschein nach kam er aus Paris, auch wenn er in englischer Sprache abgefasst worden war.
    Auf einmal hatte Olly das Gefühl, die bedrückte Stimmung keinen Moment länger ertragen zu können. Fast beschwörend schaute sie aus dem Fenster, als erwarte sie von irgendwoher die erlösende Nachricht, dass alles nur ein dummer Scherz war. Metallisches Licht färbte den Schlossplatz bronzefarben. Ein Dutzend Gärtner war dabei, Laub zusammenzukehren und die unzähligen Rosenbüsche mit Sackleinen für die kalte Jahreszeit zu rüsten. Passanten hielten ihre Hüte und Mützen fest, damit diese nicht wie die Blätter durch die Luft gewirbelt wurden. Es war ungewöhnlich, dass durch den Stuttgarter Talkessel ein solch starker Wind fegte, er zerrte nicht nur an den Fensterläden, sondern auch an Ollys Nerven.
    Tausendmal hatte sie den Brief gelesen, sie kannte jedes seiner gemeinen Worte. Niemand brauchte den englischen Text für sie ins Deutsche zu übersetzen, sie verstand auch so den grenzenlosen Hass, der ihr und ihrer Familie von dem anonymen, feigen Schreiberling entgegenschlug.
    »Das ist ja schrecklich! Was sollen wir nur tun?«
    WerasAufschrei riss Olly aus ihren Gedanken. Es war Karls Idee gewesen, alle zu versammeln und zu warnen. Ein Fehler, dachte Olly, als sie das verängstigte Gesicht ihrer Ziehtochter sah. Auch Prinz Wily und seine Mutter sahen sorgenvoll aus, Herzog Eugen hingegen, der ebenfalls geladen worden war, saß mit unbeweglicher Miene da. Interessierte er sich denn gar nicht für das, was ihrer Familie drohte?, fragte sich Olly

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