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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Dauer.
    »Und da sitzt mein nichtsnutziger Herr Sohn. Dass du dich hier herumdrückst, anstatt dich um die Belange des Landes zu kümmern, hätte ich mir denken können. Und die Russin, vornehm wie immer.« Unwirsch fuchtelte er mit seiner rechten Hand in Ollys Richtung. »Nichtsnutze – alle miteinander!«
    Wera gefiel es, wenn der König so frech war. Was ihr jedoch gar nicht gefiel, war, dass sich Olly und Karl nicht wehrten. Sie hätte solche Beschimpfungen nicht geschluckt!
    »Vater, du bist ungerecht«, wies hingegen Sophie ihn zurück. »Wie soll sich Karl um die Belange des Landes kümmern, wo du ihmständig Steine in den Weg legst? Noch eine solche Bemerkung, und ich gehe.«
    Ein Räuspern am Fußende des Bettes ließ alle aufschauen.
    »Vielleicht sollten wir mit dem Abendmahl beginnen? Lasst uns alle um Vergebung beten. Lasst uns Dank sagen und Gott preisen, damit er das Geschenk der Versöhnung in dieses Haus bringt.«
    Pauline blickte den Pfarrer erleichtert an. »Gott preisen, jawohl. Und auf seine selig machende Gnade hoffen.«
    Wera konnte ein neues Kichern nicht unterdrücken. Die Königin tat wieder sehr beseelt. Wenn nur endlich der Pfarrer Brot und Wein auspacken würde!
    »Nichts da. An meinem Bette gibt es kein Abendmahl«, würgte der König zwischen Hustern hervor. »Den Gefallen zu sterben tu ich euch noch lange nicht! Und eine Pietistenkomödie führe ich hier auch nicht auf. Und was dich betrifft …«, herrschte er Pauline an. »Deine ewigen Zischlaute kann ich schon lange nicht mehr hören. Wehe, mir kommt noch ein einziger Satz zu Ohren, in dem ein S, Sch oder Z vorkommt!«
    Wera lachte lauthals los. »Dann werden wir fortan Wort für Wort recht mühevoll wählen«, sagte sie in das schockierte Schweigen der anderen hinein. Ihre Brust blähte sich voller Stolz.
    »Habt ihr’s gemerkt? Ich habe kein einziges S, Sch oder Z verwendet!«
    Der Pfarrer packte Brot und Wein wieder ein. Der völlig aufgelösten Pauline versprach er, eine Predigt zu entwerfen, die den Wünschen des Königs entsprach.
    Am nächsten Morgen hatte Olly Migräne. Karl verzog sich sofort nach dem Frühstück mit seinem Adjutanten auf einen seiner Spaziergänge, Evelyn hatte Dringendes zu erledigen.
    Bevor ihr die bedrückte Stimmung in der Villa aufs Gemüt schlagen konnte, entführte Sophie Wera kurzerhand aus dem Deutschunterricht. Madame Trupows heftige Einwände ignorierte sie einfach. Ein Ausflug war genau das, was sie beide jetzt nötig brauchten!
    »Warumlässt sich Karl vom König alles gefallen? Er ist so ein Feigling«, sagte Wera, während sie und Sophie in einer Kutsche saßen und gen Ludwigsburg fuhren. Sie konnte ihr Glück immer noch nicht fassen. Die Königin von Holland machte einen Ausflug mit ihr!
    »Um sich zu wehren, muss man Mut haben, mein liebes Kind. Du und ich – wir haben beide Romanow-Blut. Wir lassen uns nichts gefallen. Meine Mutter war auch eine Zarentochter. Sie war übrigens die Schwester deines verstorbenen Großvaters Nikolaus, wusstest du das?«
    Wera verneinte. Wen interessierten die verwirrenden Verwandtschaftsbeziehungen? Aber dass jemand sie »liebes Kind« nannte, wärmte ihr Herz.
    »In Tante Ollys Adern fließt doch auch Romanow-Blut. Und trotzdem erduldet sie immer alles ganz brav.«
    Sophie hob die Brauen. »Und was war gestern, als sie dir eine Ohrfeige verpasst hat? Olly ist nicht duldsam, sie ist lediglich klug genug, um zu wissen, wo sich Widerstand lohnt. Scheinbar ist sie der Ansicht, dass bei meinem Vater Hopfen und Malz verloren ist.«

10. KAPITEL
    A ls die Familie am nächsten Morgen beim Frühstück saß, fehlten sowohl Sophie als auch Wera – sie waren spazieren.
    Um die verärgerte Gouvernante, die nicht um Erlaubnis gefragt worden war, versöhnlich zu stimmen, lud Olly sie zu sich an die Frühstückstafel ein, wo sie sich nun an Karls Lieblingskäse gütlich tat.
    »Da frage ich Wera Woche für Woche, ob sie mit mir spazieren gehen will, und bekomme nur Abfuhren. Sophie hingegen muss nur einmal mit dem Finger schnippen, und schon folgt Wera ihr willig«, sagte Karl und beobachtete mit säuerlicher Miene, wie die Trupow ein weiteres Stück des kräftig duftenden Käses auf ihren Teller hievte.
    Wäre Wera anwesend, hätte er bestimmt auch etwas an ihr auszusetzen gehabt! Olly seufzte.
    »Aber hast du gesehen, wie glücklich die Kleine wirkte, als sie mit Sophie aufgebrochen ist? Deine Schwester hat ein gutes Händchen für Kinder …«
    »Ein gutes

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