Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
immer ein Verhältnis mit ihr hast, bist du tot. Und das wird kein Selbstmord sein.«
Celines Art, die Dinge zu vermischen, macht Gespräche mit ihr manchmal schwierig. Aber sie kam von selbst wieder zum Thema.
»Also, hier das grobe Bild laut Beate: Eure Klinik war im letzten Frühjahr pleite. Es ging bergab seit vorletztem Jahr, jeden Monat ein fettes Minus in eurer Klinikkasse. Bredow hat verzweifelt versucht, die Kosten zu senken. Für kurze Zeit hat sich durch Ausgliederung des Personals fürs Putzen und Kochen die Lage entspannt, aber trotzdem, letzten März fehlten fast zwei Millionen im Kliniketat. Es sah wirklich ziemlich düster aus, eigentlich hätte Bredow den Laden zumachen müssen. Aber siehe da – plötzlich kamen die Sondermittel.«
»Was für Sondermittel?«
»Ab April hat Bredow jeden Monat im Schnitt zwischen zweihundert- und dreihunderttausend Mark ›Sondermittel‹ unter Einnahmen verbucht.«
»Und du meinst, diese Sondermittel hatte Bredow durch Spekulationen an der Börse hereingeholt?«
»Das geht aus den Buchungen nicht direkt hervor, aber es sieht so aus. Wir werden schlauer sein, wenn Beate und Johannes sich die Daten gemeinsam angeschaut haben. Jedenfalls wurde das Loch in eurem Kliniketat nach und nach kleiner.«
»Wenn das so gut funktioniert, sollten wir unbedingt unsere Kröten zusammenraffen und an die Börse gehen«
»Paß auf, es wird noch spannender. Wie gesagt, mit schöner Regelmäßigkeit flossen monatlich gute zweihunderttausend auf das Klinikkonto, Quelle unbekannt, wahrscheinlich Spekulationsgewinne. Das Loch im Etat ging runter auf unter fünfhunderttausend. Und plötzlich, im vergangenen November – keine Sondermittel mehr, aber ein Loch im Etat von 2,7 Millionen, größer als jemals zuvor.«
Es half nichts, diesmal mußte ich dringend pinkeln. Aber ich rief durch die Toilettentür.
»Da hat er uns das Weihnachtsgeld gestrichen. Aber das kann wohl kaum ein Loch von 2,7 Millionen gestopft haben. Schön wär's!«
»Wart's ab. Die große Überraschung kam genau am 6. Dezember.«
»Nikolaus.«
»Genau. Bei euch war der Nikolaus.«
»Mit neuen Sondermitteln?«
»Besser noch. Am 6. Dezember konnte Bredow eine Einnahme von drei Millionen verbuchen.«
»Da muß ein Privatpatient Dohmkes Laborrechnung bezahlt haben.«
Celine schaute mich fragend an.
»Ein Scherz. So hoch sind selbst Dohmkes Rechnungen nicht. Gab es doch noch einen fetten Börsengewinn?«
»Nein, es war sicher kein Spekulationsgewinn. Die hat Bredow immer unter ›Sondermittel‹ geführt. Die drei Millionen hat er als ›Einlage‹ verbucht.«
»Als ›Einlage‹? Was soll das heißen?«
»Beate meint, es sähe so aus, als hätte sich jemand für drei Millionen in eure Klinik eingekauft.«
Ich war verwirrt.
»Was hat das für einen Sinn? Warum soll sich jemand mit drei Millionen an einem Unternehmen beteiligen, das offensichtlich nur Verluste erwirtschaftet und tief in der Kreide steht?«
Celine lächelte.
»Genau das ist der Punkt, den auch Beate spannend findet. Da bleibt sie dran. Von dir brauchen wir noch einige Details über die Klinik. Gesamtzahl der Betten, Anteil der Privatbetten, Personalstärke, Pflegesatz, solche Infos eben.«
Ich versprach, diese Daten zu besorgen, sollte kein großes Problem sein. Celine hatte wirklich gute Arbeit geleistet. Aber es blieben die Widersprüche, die wir schon neulich bei Luigi nicht lösen konnten: Bredow hatte einen guten Grund gehabt, sich umzubringen. Aber das war letztes Jahr, im Frühjahr, bevor das mit den »Sondermitteln« losging, oder im November, als er wieder fast drei Millionen Miese in der Kasse hatte. Warum aber jetzt?
Mir schwirrte der Kopf. Vorsichtig steuerte ich im Flur an Belizaar vorbei und trollte mich nach Hause. Celine würde wieder schlafen wie ein Stein, und ich hatte keine Lust, ihr dabei zuzusehen.
17
Schon beim Morgenkaffee ratterte es wieder in meinem Kopf. Wir schienen auf dem richtigen Weg, wenn auch mit jeder Entdeckung neue Fragen auftauchten. Mich erregte der Gedanke, daß wir mit Hilfe von Celines Steuerberaterin Beate und ihrem Johannes den Grund für Bredows Tod herausfinden würden. Wir waren ihm das schuldig, schließlich hatten wir ihn einfach an seinem Fensterkreuz hängen lassen. Mit Mischa und seinem Tod waren wir zwar keinen Zentimeter weitergekommen, aber vielleicht würden auch hier die losen Enden plötzlich passen.
Gleich nach der Visite machte ich mich an meine Hausaufgaben für Steuer-Beate.
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