Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
bezauberndes Lächeln und die Gewißheit, daß ich nächstes Mal, etwas besser vorbereitet, ohne größere Schwierigkeiten die Eigentumsverhältnisse der Humana-Klinik-GmbH erfahren würde. Also hatte mein berühmter Charme sein Haltbarkeitsdatum doch noch nicht ganz überschritten.
Zurück in der Klinik rief ich sofort Beate in ihrem Büro an. Sie entschuldigte sich, nicht an die Sache mit dem berechtigten Interesse gedacht zu haben, sei aber kein Problem. Hauptsächlich hatte ich jedoch eine andere Frage.
»Sagen Sie, Beate, haben Sie inzwischen irgendeinen Hinweis auf Geschäfte mit Blutkonserven gefunden?«
»Einen Moment bitte, Felix. Bleiben Sie dran.«
Entweder hatte sie ihre Notizen in einem anderen Raum oder konnte nur dort frei sprechen. Es klickte ein paarmal, dann war sie wieder in der Leitung.
»Ich habe mir da eine Auffälligkeit notiert. Bei den Einnahmen gibt es einen Posten ›Pharmaindustrie‹. Aber das Krankenhaus kauft von den Pharmafirmen, das müßten doch Ausgaben sein. Was haben Pharmafirmen unter Einnahmen zu suchen? Das kommt mir seltsam vor.«
»Nicht unbedingt«, erklärte ich ihr. »Es laufen in jeder Klinik irgendwelche Geschäfte mit den Pharmafirmen. Meist geht es um Anwendungsstudien für neue Medikamente, ob das Medikament tatsächlich wirkt und ob es unerwünschte Nebenwirkungen hat. Dafür zahlt die Industrie Geld an die Klinik.«
»Und das bekommen dann die Patienten, die sich als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen?«
Ich mußte grinsen. Beates Vorstellung entbehrte nicht einer gewissen Logik, aber jeder medizinischen Realität.
»Nein.«
»Nein?«
»Geht nicht, Beate, das wäre unethisch. Die Patienten sollen kein Geschäft mit ihrer Krankheit machen. Nein, das dürfen nur die Kliniken. Die finanzieren damit eine Arztstelle oder ein neues Gerät.«
»Und das ist ethisch?«
»Es ist jedenfalls allgemein üblich.«
»Ich verstehe, mehr oder weniger. Ein großer Posten bei diesen Einnahmen steht unter dem Stichwort ›Blutbank‹. Laufen da auch solche Studien?«
Ich wußte von keinen Studien, die was mit der Blutbank zu tun haben, und konnte mir auch im Moment keine vorstellen. Ich müßte Margret fragen – falls sie irgendwann wieder mit mir sprechen würde.
»Um was für Summen geht es da, Beate?«
»Kann ich Ihnen das nächste Mal genau sagen, die Unterlagen habe ich zu Hause. Ich glaube, es waren so um die zweihunderttausend pro Monat.«
Hinter mir ging die Tür. Marlies steckte ihren Kopf herein, signalisierte Dringlichkeit. Ich bedankte mich bei Beate und legte auf.
»Es gibt ein Problem, Felix. Du solltest lieber sofort auf Intensiv vorbeigehen.«
Dreimal hatten sie bisher mit Elektroschock den Herzschlag von Frau Schön wieder auf die Reihe gebracht, jetzt hing sie an der künstlichen Niere. Im Hintergrund standen, sichtlich verstört, ihre Angehörigen. Dr. Valenta nahm mich zur Seite.
»Am besten, wir lassen deinen Verordnungsbogen verschwinden.«
Ich verstand nicht, er zeigte es mir: »Infusion mit Kaliumchlorid, 100 ml pro Stunde«, stand da.
Ich mußte mich an seinem Schreibtisch abstützen. Hatte ich wirklich »100 ml« statt »10 ml« geschrieben? Es war meine Schrift, andererseits gab es kaum einen Abstand zwischen der »100« und »ml«. Eine Null, schnell hinzugefügt, würde bei einer Schriftanalyse kaum unterscheidbar sein. Valenta legte mir seine fleischige Hand auf die Schulter.
»Shit happens, Felix. Die Frau wird es überleben, wir haben das Kalium schon fast auf sechs runter. Im Moment mache ich mir fast mehr Sorgen um dich. Du siehst in letzter Zeit echt beschissen aus, total überarbeitet. Da macht man Fehler. Gönn dir mal eine Pause.«
Frau Schön war bei Valenta in guten Händen, keine Frage. Aber jetzt einfach nach Hause fahren und mich ausschlafen, das würde nicht funktionieren.
Am Abend beschloß ich, bei Margret vorbeizufahren. Sie war bestimmt nicht die Treppe hinuntergefallen. würde ich sie mit meinem Besuch erneut in Gefahr bringen? Oder wäre sie erst recht in Gefahr, wenn sie sich mir nicht anvertraute? Eigennützig oder nicht, ich entschied mich für die letzte Möglichkeit und schwang mich in meinen Golf. Die Frage war, würde sie mir überhaupt aufmachen.
Die Haustür war noch nicht abgeschlossen, so kam ich wenigstens bis an ihre Wohnungstür. Aus der Nachbarwohnung tönte die Erkennungsmusik für eine TV Serie, ein Stockwerk höher wurde auf dem Balkon gegrillt, Bruchstücke von angeregten
Weitere Kostenlose Bücher