Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
Restaurant: Es setzt weit mehr Geld um. Der Jahresumsatz von Luigi dürfte fünfhunderttausend bis siebenhunderttausend Mark sein. Der Jahresetat Ihrer Klinik liegt bei über dreißig Millionen. Da lassen sich ein paar Millionen illegale Gelder ganz gut unterbringen.«
War ich am Ende gar kein Krankenhausarzt mit meinen wie auch immer unzureichenden Bemühungen für die Patienten, sondern nur Statist in einer Geldwaschanlage, die sich als Standort ein Krankenhaus ausgesucht hatte? War das, was ich bisher nur vom Hörensagen kannte, meine tägliche Umgebung? Unterschied sich mein braves Deutschland, langweiliger Hort von Recht und Ordnung, tatsächlich nicht von irgendeinem mittel- oder südamerikanischen Land?
Wir gingen die Zahlen und Beates Schlußfolgerungen noch einmal durch, aber die Tatsachen sprachen für sich, wir fanden keine andere Interpretation. Und doch wollte ich nicht glauben, was scheinbar auf der Hand lag. Schließlich ging es um Menschen, mit denen ich seit Jahren täglich zu tun hatte.
Ich fühlte mich plötzlich ziemlich erschöpft, hatte aber noch eine Frage an Beate.
»In der geheimen Buchhaltung von Bredow – haben Sie da irgend etwas gefunden, das auf Geschäfte mit Blutkonserven hinweist?«
Hatte sie nicht. Ich berichtete von Michaels Entdeckung mit den umetikettierten Blutkonserven. Wie vorhergesehen, war Celine entzückt.
»Was hab ich gesagt? Es ist eine Verschwörung. Und natürlich geht es nur ums Geld.«
»Was schlagen Sie als nächsten Schritt vor?« fragte ich Beate.
»Ich werde gleich morgen mit Celine die Abrechnungen aus der Blutbank kontrollieren. Aber selbst wenn unsere Vermutungen stimmen, wissen wir nicht, wer hinter der ganzen Sache steckt. Da müssen Sie sich drum kümmern.«
»Und wie?«
»Gehen Sie zum Handelsregister, bringen Sie in Erfahrung, wem Ihre Klinik eigentlich gehört. Und wer die Besitzer von Hospital Catering Service, CareClean und so weiter sind. Dann treffen wir uns wieder.«
Es war kühl geworden, von uns unbemerkt hatte sich die Terrasse geleert, hatten die Gäste nach drinnen gewechselt oder waren nach Hause gegangen. Luigi kam vorbei und räumte die Tische ab. Er habe uns drinnen einen Tisch reserviert, es gebe noch frischen Seeteufel. Wir bedankten uns höflich und zahlten die Cappuccinos und den Grappa. Mir wenigstens war der Appetit vergangen.
18
Als Margret wieder in der Klinik auftauchte, trug sie eine große Sonnenbrille, und schon von weitem fiel auf, daß sie geschminkt war, als hätte sie sich gleichzeitig an allen Ständen der Kosmetikabteilung im KaDeWe bearbeiten lassen. Um sie alleine zu sprechen, wartete ich ab, bis ihre Kolleginnen in die Mittagspause gegangen waren.
»Wie siehst du denn aus, Margret – bist du in einen Farbeimer gefallen?«
»Du bist auch schon charmanter gewesen.«
»Jedenfalls habe ich mir Sorgen gemacht. Hast du deinen Anrufbeantworter nicht abgehört? Ich habe dich mindestens jeden Tag zweimal um einen Rückruf gebeten.«
»Felix, ich bin sehr beschäftigt. Gibt es etwas Wichtiges?«
Sie war bemüht, ihr Gesicht von mir abzuwenden, aber ich erkannte dennoch den Grund für ihr massives Make-up: ein riesiger Bluterguß zierte den unteren Abschnitt der rechten Augenhöhle – ein richtiges Veilchen.
»Mein Gott, was ist passiert?«
»Was meinst du, warum ich ein paar Tage zu Hause geblieben bin? Ich bin gestürzt. Das Licht ging nicht, und ich bin die gesamte blöde Treppe im Hausflur hinuntergefallen.«
Ich räumte ein paar Reagenzien zur Seite und setzte mich wieder auf ihren Labortisch.
»Habe ich dir erzählt, daß auch Mischa Tschenkow damals behauptet hat, er sei die Treppe hinuntergefallen?«
»Wer, bitte schön, ist Mischa Dingsdakow?«
»Der Patient, wegen dessen Bluttransfusion ich dich neulich gefragt habe. Ich war allerdings sicher, daß man ihn verprügelt hatte. Und wenn er eine Treppe hinuntergefallen war, dann nicht, ohne daß jemand nachgeholfen hat. Jedenfalls ist er jetzt tot.«
»Ich weiß nicht, was mit dir los ist, Felix. Vielleicht bist du überarbeitet, oder du siehst zuviel fern. Ich sage es dir noch einmal: Ich bin die Treppe hinuntergefallen, weil es dunkel war. Und ich lebe noch, wie du siehst. Also sei so nett und laß mich meine Arbeit machen.«
Vielleicht stimmte die Geschichte, und ich sah inzwischen überall Gespenster. Aber nach dem Gespräch mit Beate hatte ich auch Grund, in dieser Klinik Gespenster zu sehen. Demonstrativ blieb ich auf Margrets Labortisch
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