Die Saat der Bestie (German Edition)
deine Welt als Geschenk überreicht.«
Sie geht weiter, bis sie vor dem grauen Stein des Tisches steht. Einige Kerzen stechen wie Dolche ins Zwielicht des Abends.
»Du hast zugelassen, dass der Teufel mich schwängert.«
Ohne das Kreuz aus den Augen zu lassen, geht Sam um den Altar herum.
»Er hat mich in deinem verfluchten Haus geschändet. Vor deinen Augen hat er mir seine Saat eingepflanzt. Und du hast nichts weiter getan, als zuzusehen. Du bist nicht besser als ER !«
Als das gottlose Geschöpf in all seinem Elend vor ihr aufragt, zieht Sam die Waffe aus dem Bund ihrer Hose. Ihr Blick ist stumpf, die Hand ruhig und gefühllos.
»Eure Saat ist es nicht wert, diese Welt neu entstehen zu lassen.«
Ihre Worte verhallen kraftlos in den hohen Gewölben der Kirche. Der Stahl der Mündung an ihrem Kopf ist so kalt wie der Regen, der sie durchnässt hat.
»Ich werde nicht die Mutter deines gefallenen Engels sein.«
Der Schuss ist das letzte Geräusch, das die Stille der Kirche zerfetzt und die Welt in immerwährendem Frieden zurücklässt.
E N D E
Michael Dissieux
Geboren 1967 entdeckte Michael Dissieux bereits früh die Liebe zum Schreiben. Mit 10 Jahren verfasste er erste Geschichten, denen einige Romane und unzählige Kurzgeschichten folgten.
Einige dieser Geschichten, die sich allesamt in den Bereichen des Horrors und des Unheimlichen ansiedeln, wurden in den „John Sinclair“ – Ausgaben als `Horrorstory der Woche´ veröffentlicht.
Zudem arbeitete Dissieux an der Romanreihe »Jessica Bannister« mit, welche im Bastei-Verlag erschien.
2011 erschien sein Debütroman »Graues Land« im Luzifer-Verlag, für den er mit dem 3. Platz des “Vincent Preises“ ausgezeichnet wurde. Sein Nachfolgeroman »Die Schreie der Toten« belegte ein Jahr später in der gleichen Kategorie den 5. Platz.
Michael Dissieux lebt in Saarbrücken und arbeitet, neben der Schriftstellerei, als Busfahrer im Linienverkehr.
Webseite von Michael Dissieux
Leseprobe PAX BRITANNIA: Unnatural History
In den abschließenden Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts sind die Normen des Britischen Empires noch immer so weit verbreitet wie eh und je. Königin Victoria ist drauf und dran ihr 160. Jubiläum zu zelebrieren, da sie mittels hochentwickelter Dampftechnologie am Leben erhalten wird. London hat eine wunderliche Ausweitung des Stadtrandes zu verzeichnen, wo Luftschiffe den Himmel durchstreifen, Roboter-Bobbys das Gesetz vertreten und Dinosaurier im Zoo bewundert werden können.
Willkommen in Magna Britannia, der dampfbetriebenen Welt voller wunderlicher Kreationen und dubioser Bösewichte. Hier kämpfen schneidige Dandys und schnurrbärtige Gauner um die Vorherrschaft, während unterhalb der Stadt lebende Kuriositäten die überfluteten Tunnel des alten Londoner Untergrundes aufmischen.
Prolog
Die Rückkehr
Das Schellen der Türglocke gellte penetrant durch die Eingangshalle. Sein Echo drang durch Räume, vollgestellt mit abgedeckten Möbelstücken, hallte von Säulen aus Marmor und Alabaster wider und prallte gegen altertümliche Familienerbstücke und antike Vasen. Dennoch störte es keineswegs den Schlaf der Ahnen, welche, auf ewig festgehalten in Porträts, die dunklen, mit Papiertapeten verkleideten Wände zierten. Irgendwann verlor sich dieses unschöne Geräusch in dem gefliesten Durchgang zwischen Küche und Bediensteten-Trakt; nicht mehr wirklich ein Echo, nur mehr eine Erinnerung daran. Frieden kehrte in das Londoner Stadthaus zurück und das einzige Geräusch in diesem ansonsten totenstillen Haus war das regelmäßige mechanische Ticken der Standuhr in einer Nische im Treppenhaus. Sie war unverhangen, die Devise ›Tempus Fugit‹ deutlich sichtbar in die glatte Oberfläche graviert. Das vornehme Ticken zeigte die Zeit in einem Haus an, in dem Zeit schon lange keine Bedeutung mehr hatte.
Ein Knarzen gesellte sich zu dem stetigen Ticken der Uhr; das Knarzen von Ledersohlen auf glänzend weißen Bodenfliesen. Der Hüter des Hauses schritt entschlossen und dennoch gemächlich auf die Vordertür zu. Er durchschritt den Korridor, den Rücken gerade, mit erhobenem Kopf, die adlerhaften Züge seines Gesichts teilnahmslos und ernst, die stechend saphirblauen Augen starr geradeaus gerichtet.
Die Porträts folgten ihm ungerührt mit ihren apathischen Leinwandaugen, als er an ihnen vorüberschritt. Elektrisches Licht tauchte alles in eine gelbe Lumineszenz.
Er passierte einen gewaltigen goldgerahmten Spiegel, der die
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