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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Gagarin-Raumhafens besuchen - möchtest du mitkommen?«
    »Darf ich? Das wäre toll.«
    »Also abgemacht - wir reisen gemeinsam.«
    Rosa lächelte gänzlich unbeschwert und nahm das durchscheinende Buch vom Bett. »Ich weiß, du hast nicht viel Zeit, Daddy«, sagte sie. »Aber ich würde dir gern ein bisschen was aus Alice vorlesen.«
    »Das wäre schön«, sagte Robert lächelnd.
    Er lehnte sich im bequemen Sessel zurück und lauschte der wundervollen Stimme seiner Tochter, die ihm von einem kleinen Mädchen vorlas, das die Welt hinter den Spiegeln betreten hatte.

13 Catriona
    Als der Getränkekellner auf dem Tempelwall erschien, wählte sie ein Glas mit Gelbperlenlikör und leerte es in einem Zug. Ohne sich an der Belustigung des Kellners zu stören, nahm sie ein zweites Glas, trat an die bemooste, verwitterte Mauer und blickte verdrießlich auf die plaudernden Menschengruppen hinunter. Es war ein wolkenloser Tag und noch nicht Mittag, und von ihrer Position aus konnte sie fast die ganze Ausgrabungsstätte an der Schulter des Riesen überblicken, angefangen von den eingestürzten Mauerabschnitten an der stumpfen Spitze des Bergausläufers bis zu der grasbestandenen, hügeligen Fläche, die fast dreihundert Meter weiter hinten lag, wo sich steile, zerklüftete Felsen auftürmten und mit den Graten und Spalten vereinigten, die aus dem dicht bewaldeten Gebirgskamm vorsprangen. Die Ruinen waren in dem Gebiet unmittelbar hinter den Wällen verteilt - Mauerfragmente, Eckteile, Haufen von Steinmetzarbeiten lagen dort herum, wo sie gefunden worden waren. Zahlreiche Ausgrabungsstellen, an denen derzeit gearbeitet wurde, waren mit Seilen abgesperrt, während einige der älteren, darunter der Treppenschacht und die Krypta, mit Bänken und Infotafeln für die Besucher ausgestattet waren. Auf gefliesten Flächen, die schon vor längerer Zeit freigelegt worden waren, hatte man kleine Zelte errichtet und Vitrinen hineingestellt, in denen Artefakte ausgestellt wurden, die auf leichtverdauliche Weise die Datierung der Töpferwaren illustrierten. Die Sitzreihen für die Präsentation zu Ehren
des Vertreters der Hegemonie, des Hohen Monitors Kuros, hatte man jedoch auf dem größtenteils intakten Gelände unmittelbar zu Füßen ihres Aussichtspunkts aufgestellt.
    Auch Catriona Macreadie sollte eine Rolle bei der Präsentation übernehmen. Darüber ärgerte sie sich schwarz, denn sie wusste genau, dass viele der auf Darien tätigen Institutsangehörigen durchaus in der Lage gewesen wären, ein paar knappe Erklärungen abzugeben und die Fragen des hochgeschätzten Sendrukaners zu beantworten. Dies hatte sie vor etwa fünfzehn Stunden ihrem Vorgesetzten, Professor Forbes, in seinem Büro an der Pilipoint-Station auch offen gesagt, doch es hatte nichts genutzt.
    »Sie mögen durchaus Recht haben, Doktor Macreadie«, hatte Forbes mit dem für ihn typischen schwachen Lächeln erwidert. »Aber die Sendruka-Delegation hat ausdrücklich darum ersucht, dass Sie Herrn Cameron bei der Besichtigung der Grabungsstätte assistieren.«
    »Wieso gerade ich?«
    »Bedauerlicherweise bin ich nicht vertraut mit den Gedankengängen dieser Aliens, und Direktor Petrowitsch hat auch nicht erkennen lassen, dass er mehr wüsste als ich. Jedenfalls legt er Wert darauf, dass Sie mit dem nächsten Shuttle nach Darien fliegen« - er drehte den Kopf zu der abscheulichen Wanduhr um - »das in weniger als einer Stunde startet.«
    Catriona hatte sich eisern beherrschen müssen, um nicht die Fassung zu verlieren und ihm zu sagen, welchem waldbodenbewohnenden Käfer er am meisten ähnelte. Vielleicht würde sich ja später noch Gelegenheit dazu bieten.
    »Professor Forbes, die Zeit reicht nicht aus, um meine Wohnung aufzusuchen und mich vorzubereiten, ganz zu schweigen von der Frage, was ich anziehen soll.«

    »Das Büro für auswärtige Angelegenheiten des Instituts wird Ihnen bei Ihrer Ankunft sicherlich geeignete Kleidungsstücke zur Verfügung stellen«, hatte er erwidert. »Außerdem können Sie auf unser Archiv zugreifen, falls Sie Ihre Kenntnisse über die Uvovo auffrischen möchten, aber was immer Sie auch tun, bitte achten Sie darauf, uns nicht in Verlegenheit zu bringen. Legen Sie in knapper Form Ihre Erkenntnisse dar und beschränken Sie sich auf bestätigte Fakten. Das wäre dann alles …«
    Jetzt, da sie auf dem Tempelwall stand, spürte sie noch immer den schwelenden Zorn und die Enttäuschung, die auch ein Glas Gelbperlenlikör nicht zu löschen

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