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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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vermochte. Zorn über Forbes und Enttäuschung darüber, auf dem Trockenen zu sitzen, während in diesem Moment vermutlich ein gewisses Paket im Posteingangskorb der Depothütte der Enklave von Sternendach lag. Sie hatte Galyna, eine befreundete Forscherin von der Pilipoint-Station, gebeten, die Aufzeichnung vom Waldboden im Labor aufzuarbeiten, und erhoffte sich davon Aufschluss über die Vorgänge im Umkreis der Minicam. Das bearbeitete Datenfile sollte vor mehreren Stunden mit der täglichen Postlieferung eingetroffen sein.
    Stattdessen bin ich hier, um für einen aufgeblasenen Alien-Bürokraten Fremdenführerin zu spielen. Das Institut glaubt anscheinend, ich wäre zu nichts weiter nütze, als Außenwelter zu bemuttern und sie mit kindischen Kommentaren zu versorgen …
    Sie unterbrach die sich aufschaukelnde Spirale der Verbitterung, trank einen Schluck Likör und seufzte. Geduld musste sie anscheinend immer wieder von neuem lernen, weshalb sie ihre Gedanken all den Rätseln zuwandte, denen sie begegnet war, ganz zuvorderst den Pfadmeistern …

    Dann ertönte auf einmal Musik, ein einzelner Dudelsack, dessen hohe, klare Melodie über der plötzlich verstummenden Menge schwebte. Es erklang ein getragener, gefühlvoller Pibroch. Dann setzten die Basspfeifen ein und untermalten die gemessen voranschreitende Melodie. Der Musiker, ein junger, dunkelhaariger Mann in vollem Staat, schritt durch die Ruinen auf das aufmerksam lauschende Publikum zu.
    Catriona liebte Dudelsackmusik im Allgemeinen, auch die Trancedance-Modetorheiten, doch ein Solospieler konnte sie wirklich rühren. Die Musik wirkte auf sie traurig, aber auch trotzig, würdevoll, aber nicht pompös, und sie erzählte von der fernen Erde und jenem kleinen Landstrich, den nur einige der Ersten Familien aus eigener Anschauung gekannt hatten.
    In den Jahren als Getunte war sie mehr als einmal nach Einbruch der Dunkelheit aufs Dach des Schlafsaals geklettert, hatte leiser Dudelsackmusik aus dem Radio gelauscht und zu den dunstverschleierten Sternen aufgeblickt. Da sie nicht wusste, ob die Erde und die Menschheit die Schwarminvasion überlebt hatten, konnte sie nur schauen, spekulieren und wünschen, während sich ihre Gedanken und die Musik in den Himmel schraubten …
    »Er spielt gut, finden Sie nicht?«, sagte hinter ihr eine Frauenstimme.
    Als sie sich umdrehte, erblickte sie eine hochgewachsene Frau mittleren Alters, gekleidet in ein blassblaues, knöchellanges Kleid mit elegantem Faltenwurf und gestickten Säumen, das um ein Haar prätentiös gewirkt hätte. Die Frau hatte sich ein gemustertes graues Schultertuch umgelegt, und ihr silbriges Haar war geflochten und mit einem Holzreif zurückgesteckt. Catriona meinte sie von irgendwoher zu kennen.

    »Ja, das tut er«, sagte sie mit einem zurückhaltenden Lächeln. »Sehr ausdrucksvoll.«
    »Als ich noch jünger war, habe ich miterlebt, wie sein Vater dreimal in Folge die Nordstadt-Trophäe gewonnen hat«, sagte die Frau mit Nordlandakzent. »Ich bin Solvjeg Cameron.«
    Jetzt erkannte Catriona sie wieder. »Ah, Sie sind Gregs Mutter … Und ich bin Catriona Macreadie.«
    Lächelnd schüttelte Solvjeg Cameron ihr die Hand. »Dann sind Sie also die Doktor Macreadie, die hier mit Greg zusammengearbeitet hat. Sind Sie heute in offizieller Eigenschaft hergekommen?«
    »Ja, ich soll einen kurzen Vortrag über die Uvovo halten und Fragen beantworten.«
    »Faszinierend«, meinte Solvjeg, sie neugierig musternd. »Macreadie … sind Sie vielleicht mit den Macreadies aus Neu-Kelso verwandt?«
    Obwohl sie nach außen hin ruhig und gelassen wirkte, wurde Catriona allmählich von Panik erfasst, und die Lüge ging ihr ganz von selbst über die Lippen.
    »Nein, meine Eltern stammten beide aus Stranghold«, sagte sie. »Sie sind gestorben, als ich noch jung war.«
    »Das tut mir leid zu hören, meine Liebe«, sagte Gregs Mutter mitfühlend. »Sie hatten bestimmt eine schwere Kindheit …«
    Ehe sie die nächste Frage vorbringen konnte, schwenkte Solvjegs Blick zur Seite, dann winkte sie. Catriona wandte ebenfalls den Kopf und erblickte einen älteren Mann in brauner Wanderkleidung, der zurückwinkte und dann über den grasbewachsenen Hang zu der Treppe ging, die zu den Befestigungen heraufführte.
    »Mein Bruder möchte, dass ich hinunterkomme«, sagte Solvjeg. »Aber wir sehen uns bestimmt wieder. Ich hoffe, der Tag verläuft nach Ihren Vorstellungen.«

    Catriona lächelte und winkte ihr nach, während sich ihre

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