Die Saat der Erde Roman
sagte Horst, die sich Erstfluggesellschaft nennen.
Und wie lautet deren Lieblingstheorie?, fragte der monochrome Traumlose. Glauben sie, die Forrestal und die Tenebrosa wären in der Zeit zurückversetzt worden und die Besatzungsmitglieder wären die Vorfahren der Sendrukaner?
Nein, das ist die Theorie der Vermisstensucher. Die Erstfluggesellschaft ist zu dem Schluss gelangt, dass alle drei Raumschiffe in der Huvuun-Tiefenzone gelandet sind, und haben mich gebeten, den Großen Archivar der Hegemonie dazu zu bewegen, alle Beobachtungsdaten zur Tiefenzone öffentlich zu machen.
Aber, Robert, ist diesen Leuten denn nicht klar, dass die Kolonisten der Hyperion außerordentliches Glück hatten, eine unbewohnte Welt wie diese zu finden, anstatt auf interstellare Piraten oder Ressourcenjäger zu stoßen oder von einheimischen Mikroorganismen befallen zu werden? Die anderen beiden Besatzungen müssten ähnlich großes Glück gehabt haben, um alle potenziellen Gefahren überlebt zu haben.
Und derer gibt es viele, sagte Horst. Nein - ich fürchte, die Hyperion hatte unglaubliches Schwein, und die anderen beiden Raumschiffe wurden Opfer eines tragischen Unfalls oder Gewaltakts. Vielleicht wird in hundert Jahren oder schon morgen irgendein Weltraumreisender eine leere Raumschiffhülle entdecken, die um einen unkartierten Stern kreist, oder die Ruinen einer Siedlung auf einer unwirtlichen Welt, und dann wird das Geheimnis gelüftet werden.
Der Pfadmeister lauschte belustigt Horsts Ausführungen, wunderte sich aber auch, dass ein Lächeln über die blassgrauen Züge des Traumlosen huschte. Und als er nachsann, hatte er das Gefühl, mit der düsteren Prophezeiung stimme etwas nicht, so als gäbe es draußen unter den Sternen etwas, das ihr widerspräche.
Dann richtete der Traumlose seinen nachdenklichen Blick auf Horsts Tochter. Einen Moment lang waren alle wie zu einem Tableau erstarrt, zwei Erscheinungen mit Horsts Gemütsverfassung als Angelpunkt.
Der Pfadmeister zog sich zurück und wandte sich wieder den einfacheren Erfordernissen der Pflanzenwelt zu, dem Aufbauen und Wachsen, dem Ausbilden der Blätter, dem Blühen und Säen, der Aufnahme von Sonnenlicht und Wasser. Die Zyklen und Rhythmen von Nationen und Spezies aber waren viel komplexer als die der Pflanzen, und der Pfadmeister wusste genau, dass durch die Entdeckung Umaras mehrere gewagte Unternehmungen und große Ambitionen aufeinanderprallten. Schon bald würden die sich überschneidenden Kräfte großen Druck auf die Führer der Kolonie ausüben, auch auf Horst, der möglicherweise eine zentrale Rolle spielen würde. Außerdem würde vieles von der Widerstandsfähigkeit und dem Charakter Cheluvahars, des neuen Techwerker-Uvovo, abhängen. In Kürze würde die Verpuppung Cheluvahars stattfinden, und bald darauf würden sich die Techwerkerteams zu den verabredeten Orten begeben und ihre Aufgaben in Angriff nehmen, einige geheim, andere gefährlich, alle von lebenswichtiger Bedeutung. Vorausgesetzt, Segrana würde die Verwandlung wie geplant durchführen.
Jetzt tauchte ein Mann auf, ein Mitarbeiter des Botschafters, bekleidet mit einer blauen, hochgeschlossenen Uniform, der sich merklich schwitzend über den Waldweg näherte. Er würde die Nachricht von dem Attentat überbringen, ein Ereignis, das die ersten Zahnräder in Bewegung setzen würde, die wiederum gewisse Kräfte ins Spiel bringen würden, die größere Zahnräder in Gang setzen würden, während andere Dinge zwischen den Sternen lauerten …
Horst nickte dem Beamten zu, dann sagte er etwas zu dem Geisterbild seiner Tochter, als wäre sie wirklich vorhanden.
Wirklichkeit, dachte der Pfadmeister. Wenn es so weit ist, wird sie ihn zerbrechen, oder wird er lernen, zu überleben?
TEIL ZWEI
18 Kao Chih
Außerhalb der gepanzerten Kabine tobten und brüllten die Stürme des Gasriesen V’Harant, während der Gravitationsschlepper Bialong mit den sechs angekoppelten Erzcontainern seinen spiralförmigen Abstieg fortsetzte. Auf der großen, alten Pilotenliege, die vor Jahrzehnten von Roug-Technikern für die menschliche Gestalt angepasst worden war, räkelte sich Chih und behielt den Außenmonitor und die Generatoranzeigen im Auge, während er geschickt an der Kopfstütze das Musikstück wechselte. Wie die Liege und die meisten Instrumente war auch der Außenmonitor umgebaut worden, ein verstaubtes, mit grauem Plastik verkleidetes Teil, das mit Streben an der Originalkonsole befestigt war. Es zeigte
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