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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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anderen Ort gab, der nach seiner Anwesenheit verlangte, einen Tochterwald, wo ein anderer faszinierender Mensch in ungewöhnlicher Gesellschaft der Muße nachging. Das von den Uvovo angelegte Sanktuarium lag einige Kilometer entfernt, doch für ihn war die Entfernung nichts weiter als der Abstand zwischen zwei komplizierten Gedanken, von Gedanken, die dieses Selbst mit der Abfolge anderer Ichs verknüpften, die sich bis zum Ewigen erstreckte. Er formte den Gedanken einer Lichtung des Tochterwalds, jenes lieblichen und starken Sprosses Segranas, dann schlüpfte seine körperlose Erscheinung durch das dicht verflochtene Netzwerk von Samen und Laub dorthin und entfaltete sich im grünen, beschützenden Schatten.
    Der Menschenmann mit Namen Horst saß ein wenig zur Seite geneigt in der Sonne auf einer niedrigen Holzbank, stützte sich auf die Armlehne und las in einem Buch, das auf seinem Knie ruhte. Neben ihm auf der Bank lag
ein kleines, flaches Gerät, dessen dunkle Oberfläche in der Sonne funkelte, und im hohen Gras saß im Schneidersitz eine junge Menschenfrau und flocht Blumenkränze.
    Allerdings trog die Idylle. Der Pfadmeister wusste, dass die Jugendlichen ebenso wie die Blumen eine Illusion waren, ein körperloses Trugbild, erzeugt von Horsts raffiniertem Gerät. Der Erdbotschafter Horst war ein Gefangener seiner Trauer, die ihn so fest im Griff hatte, dass ihm eher nach Weinen als nach Lächeln zumute war, und in seinem Kummer hatte er einen Teil von sich an ein gedankenloses, empfindungsloses Instrument ohne eigene Persönlichkeit ausgeliefert.
    Das aber war noch nicht das Schlimmste. Horst beherbergte auch einen Traumlosen, ein künstliches Wesen einer ganz anderen Kategorie: Im Unterschied zu dem raffinierten Bild seiner verstorbenen Tochter besaß dieser Traumlose eine Art eigenen Willen und ein gewisses Maß von Selbstbewusstsein, das jenem ihrer lebensfeindlichen Vorgänger glich, welche die Galaxis vor zehn Jahrtausenden an den Rand der Katastrophe geführt hatten.
    Anders als jene längst verschwundenen Wesenheiten hatten sich diese Traumlosen in einer Symbiose mit einer dominanten Spezies entwickelt, nämlich den Sendrukanern, und ihren Einfluss in der Folge bis weit über das Gebiet der Hegemonie ausgedehnt. Die neuen Traumlosen hatten ein Ausmaß an Macht und Präsenz erlangt, das ihren Vorgängern unerreichbar gewesen war - jede künstliche Wesenheit bestand aus zwei Teilen, einem untergeordneten, der im Reich des Realen eine physische Matrix einnahm, entweder in Form eines selbstständigen Geräts oder eines Implantats, und einem übergeordneten Teil, der in der Unterschicht der Wirklichkeit verwurzelt war, welche die Menschen als erste Schicht des Hyperraums bezeichneten.
Diese fragmentarischen Informationen hatte der Pfadmeister zahllosen belauschten Unterhaltungen der Außenweltler entnommen, gelegentlichen Gedankenketten und den Beobachtungen der Gelehrten und Lauscher, die an ihn weitergeleitet worden waren.
    Die Schlussfolgerungen weckten bei ihm tiefes Unbehagen. Waren die implantierten Traumlosen nur eine Manifestation von Wesenheiten des Hyperraums, oder waren sie autonom? Diese Ungewissheit war derzeit seine größte Sorge: Wies diese Kommunikationsweise vielleicht Ähnlichkeiten auf mit den schwachen Banden, die sein Wesen mit den früheren Echos seiner selbst verknüpfte, die schon im Begriff waren, mit dem Ewigen zu verschmelzen? Sein Unbehagen vertiefte sich noch, wenn er an den Wächter dachte, der in seiner Gruft schlief und mit verborgenen Verbündeten kommunizierte.
    Als er wieder den Menschen Horst ansah, fiel ihm auf, dass dieser auf einen leeren Punkt unmittelbar hinter dem anderen Ende der Sitzbank blickte. Obwohl sich seine Lippen kaum bewegten, murmelte er leise vor sich hin. Von einem nicht weit entfernten hohen, breitkronigen Baum aus streckte der Pfadmeister behutsam seine vergeistigten Sinne aus und versuchte, mit einer kaum wahrnehmbaren Berührung in Horsts Gedanken zu blicken.
    Er nahm die Resonanz wahr, als die Verbindung aufgebaut wurde, und sah … einen höchst sonderbaren anderen Menschen, groß gewachsen und von angenehmem Äußeren, mit entspanntem, sogar humorvollem Auftreten, der allerdings farblos war. Er wies lediglich verschiedene Grauschattierungen auf.
    Sie unterhielten sich über die verschollenen Schwesterschiffe der Hyperion , von denen der Pfadmeister bereits gehört hatte. Ich habe eine Anfrage von einer anderen Gruppe
von Schiffsjägern bekommen,

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