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Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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mehrmals nach Lamár und Erek, erhielten jedoch keine Antwort. Schließlich war die Lücke groß genug, dass Tiko den Kopf hindurch stecken und mit einer Laterne hineinleuchten konnte. Er wirkte erschüttert, als er den Arm zurückzog und zu ihm aufblickte.
    „Sind sie tot?“, fragte Arkin ahnungsvoll.
    „Nein, oder eher, ich weiß es nicht, aber … Vater, sieh selbst!“
    Arkin ergriff die Laterne und beugte sich durch die Öffnung, unsicher, was er erwarten sollte. Er sah die beiden Männer direkt vor sich. Sie waren halb nackt, ihre Hemden hatten sie als Verbände genutzt. Erek lag auf Lamár, in einer solch eng aneinandergeschmiegten Haltung, die keinen Zweifel ließ, dass sie nicht nur versucht hatten, sich gegenseitig zu wärmen. Arkin lächelte traurig. Also hatte er sich nicht geirrt, Erek war der Mann, den Lamár einst geliebt hatte. Er freute sich für die beiden, dass sie es in der völligen Dunkelheit irgendwie geschafft hatten zueinanderzufinden. Vielleicht waren Lamárs Erinnerungen nun zurückgekehrt? Aber sie durften nicht offen zeigen, wie sie zueinander standen, auf gar keinen Fall!
    Arkin stellte die Laterne zu Boden und wandte sich Orchym zu.
    „Wir brauchen Bahren und die Wächter oben müssen wissen, dass wir sie gefunden haben. Ich weiß nicht sicher, ob sie leben, wir werden es gleich feststellen, wenn wir zu ihnen gelangen können.“
    Orchym nickte gehorsam und verschwand. Arkin wartete, bis er außer Hörweite war, bevor er seinem Sohn ins Ohr flüsterte: „Was du dort siehst, sind zwei verletzte, erschöpfte Sklaven, die sich zum Schutz vor der Kälte aneinandergeklammert haben. Sonst nichts.“
    Tiko musterte ihn verwirrt, dann verdüsterte sich sein Blick. „Wenn sie so etwas tun, werde ich sie nicht schützen!“, zischte er verächtlich.
    „Doch, das wirst du!“, erwiderte Arkin geduldig. „Ich weiß, dass du Lamár als Freund betrachtest. Möchtest du mit ansehen müssen, wie man ihn da verstümmelt? Die meisten sterben daran und es dauert lange. Manche überleben es auch, was noch schlimmer ist. Willst du Ereks Schreie hören, wenn man ihm eine glühende Eisenstange in die Eingeweide stößt? Das überlebt niemand, es kann allerdings ebenfalls viele Stunden dauern, bis er erlöst wäre.“
    Tiko senkte den Kopf. „Das ist die Strafe?“, flüsterte er betroffen.
    „Ja. Ich habe es miterleben müssen, es ist furchtbar. Also?“
    „Du hast recht, Vater. Die Kälte des Gesteins ist beißend, und sie mussten sich mit ihrer Kleidung die Hände verbinden. Jeder hätte sich da an den Nachbarn geklammert, um nicht zu erfrieren“, erwiderte Tiko langsam. „Aber Vater, was ist, wenn Pocil sie befragt?“
    „Sie müssen sich selbst schützen, das kann ihnen niemand abnehmen.“
    Tiko kniff die Lippen zusammen und machte sich dann daran, den Einstieg zu erweitern, mit größter Umsicht, damit nicht im letzten Moment noch Steine verrutschten.
    Arkin half ihm, und schon nach kurzer Zeit konnte er zu den beiden Männern vordringen. Er lächelte zufrieden, als Erek sich vor Schmerz wimmernd verkrampfte, sobald Tiko ihn zu bewegen versuchte, und Lamár beschützend nach ihm griff. Ja, die beiden lebten, und er wollte alles in seiner Macht stehende tun, damit es so blieb.

*
     
    Kirian erwachte, als greller Schmerz in seine Augen biss. Unwillig stöhnend versuchte er, seinen Arm zu heben, um sich zu schützen, doch er konnte sich nicht bewegen.
    „Lieg still“, hörte er eine Stimme aus weiter Ferne. Er kannte diese Stimme. Verwirrt drehte er den Kopf, versuchte blinzelnd, die Augen zu öffnen. Sie waren verbunden, jetzt spürte er den Stoff. Wenn das wenige Restlicht, das durchdringen konnte, schon so schmerzhaft war, wäre er ohne die Binde sicherlich erblindet. Ihm wurde bewusst, dass er auf einer Bahre liegen musste, das Geschaukel war übelkeitserregend.
    „Arkin?“, flüsterte er.
    „Bleib ruhig!“, wisperte Arkin ihm zu. „Ihr seid beide gerettet. Frag nicht nach Erek. Er ist ebenfalls hier.“ Kirian verstand die Warnung und nickte stumm.
    „Wohin bringt ihr uns?“, fragte er.
    „Das merkst du gleich.“ Orchym gehörte diese Stimme. Er schien zu lachen. „Ihr zwei seid schwarz wie Kohlebecken und riecht auch nicht allzu erfreulich. Irla würde uns lebendig häuten, wenn wir euch so in die Hütte bringen.“
    Das Brennen hinter den Lidern ließ nach und auch die Übelkeit klang ab. Bevor Kirian sich allerdings von dem Schaukeln zurück in den Schlaf wiegen lassen

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