Die Saat der Finsternis (German Edition)
doch dahin wollte er sich im Moment nicht wagen, auch wenn die runden Pobacken ihn lockten; darum ließ er sich behutsam auf ihm nieder und begann ihm den Rücken zu massieren. Es war seltsam, dass sie beide nackt waren und sich dennoch bloß so unschuldig berührten.
Nicht lange, und Lys entspannte sich unter seinen Händen. Noch leiser als zuvor sprach er weiter, von Kumiens Verrat, der Anklage, dem demütigenden Marsch hinab in den Kerker und all dem, was danach geschehen war. Nun pulsierte tatsächlich purer Hass in Kirians Adern, allerdings ausschließlich auf den Layn. Er milderte sich etwas, nachdem Lys von der Begegnung mit Inur und Kumiens nächtlichen Bekenntnissen berichtet hatte; trotzdem wünschte er im Augenblick nichts sehnlicher, als diesen Mann in Stücke zu reißen, der so viel Leid über sie gebracht hatte. Er musste Lys zustimmen: Irgendwo war es nachvollziehbar, was der Layn getan hatte, verzeihlich war es nicht.
„Eigentlich ist nicht bloß Kumien anzuklagen, sondern Maruv“, wisperte Lys. „Gewiss, Maruv hatte nichts von dem geplant, was geschehen ist, er wollte uns einfach nur loswerden. Und ja, Kumien hätte anders entscheiden können als sich aus Angst vor einem Zerwürfnis mit Onur zu weigern, uns beide freizugeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Maruv ihm bloß deswegen den Krieg erklären würde, war nicht allzu groß.“ Er drehte sich um, sein Blick hing suchend an Kirians Gesicht.
„Ich weiß nicht, wie“, sagte Kirian, beugte sich über ihn und küsste ihn sanft auf den Mund. „Aber ich will tun, was in meiner Macht steht, um dein Vertrauen zurückzugewinnen. Wenn ich die Gelegenheit haben sollte, mich an Maruv zu rächen, werde ich sie nicht verstreichen lassen. Du bist für mich allerdings alles, was zählt.“
Lys schenkte ihm ein inniges Lächeln, bevor sie in einem langen, zärtlichen Kuss versanken. Kirian löste sich nur widerwillig von ihm, als dieser Kuss Verlangen nach mehr – sehr viel mehr – erweckte.
„Ich war noch gar nicht fertig mit dir“, verkündete er grinsend und tauchte das Stück Stoff, das ihm als Waschlappen diente, in den Kessel.
*
Das Feuer im Kamin war weitgehend niedergebrannt, die letzte Glut erhellte den Raum nur wenig. Die beiden Männer hatten sich gegenseitig von Kopf bis Fuß gewaschen und danach ihr Verlangen ebenso gegenseitig mit den Händen befriedigt, wonach sie sich gleich noch einmal waschen mussten. Nun schliefen sie, eng aneinandergeschmiegt. Langsam erhob sich der Drache aus den Schatten, in denen er sich verborgen gehalten und gewartet hatte. Wenn er es wollte, spürte ihn niemand, selbst, wenn er bereits unmittelbar hinter seinem Opfer stand. Er beugte sich über den dunkelhaarigen Mann und musterte ihn intensiv. Der Bann, der auf ihm gelegen und ihn von seiner Vergangenheit getrennt hatte, war fort. Die Zweifel, die der Drache in ihm geweckt hatte, waren überwunden, auf ähnliche Weise wie sein Gefährte es zuvor in dem eingestürzten Stollen geschafft hatte. Der Drache war dort gewesen, um den hellhaarigen Mann von der Schattensaat zu erlösen, nachdem dieser sie mit Gewissheit vernichtet hatte. Nun berührte er den älteren Mann. Der regte sich im Schlaf, ein befreites Lächeln huschte über sein Gesicht. Menschen mochten es nicht, eine Schattensaat in sich tragen zu müssen; gerade deswegen reizte es den Drachen immer wieder, jemanden zu finden, der ihm stark genug dafür erschien.
Zögernd beugte er sich über den jüngeren Mann, den, der weiterhin die Saat des Misstrauens in sich trug. Er prüfte, wägte sorgsam ab, ob er ihn davon erlösen sollte. Dann entschied er sich dagegen und zog sich in sein Schattenreich zurück. Dieser Mann stand auf dem Scheideweg: Entweder, er würde das Misstrauen überwinden und sich stärker denn je erheben können, oder er würde verzagen und zugrunde gehen. Ihm die Möglichkeit zu nehmen, alles zu gewinnen, erschien dem Drachen als sinnloser Fehler. Oder, wie die Menschen es nennen würden, als Ungerechtigkeit.
17.
„Herr?“
Graf Inur von Sorala blickte ein wenig ungehalten auf seinen Diener, der sich ehrfürchtig vor ihm verneigte. Er hatte doch gesagt, dass niemand ihn stören durfte! Wenn er an diesem Schreibpult saß, musste schon etwas sehr Wichtiges geschehen, bevor es jemand wagen durfte ihn zu stören. Er war damit beschäftigt, eine Reihe von schwierigen Briefen zu verfassen, die über seine Zukunft entscheiden würden. Lys war und blieb verschollen, in
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