Die Saat der Finsternis (German Edition)
allerdings, ihn abzufangen und mit zärtlicher Gewalt zurückzudrücken.
„Sag es mir“, flehte er, sobald Lys wieder auf dem Rücken unter ihm lag, griff nach seiner Hand, küsste sie, sah ihn dabei offen an. „Wenn wir jemals vollständig verstehen wollen, was mit uns geschehen ist …“
Lys entzog sich ihm, legte ihm den Zeigefinger an die Lippen und brachte ihn so zum Schweigen. Er atmete schwer und wich seinem Blick aus.
„Ich habe Angst, dass du mich hasst, wenn ich es dir erzähle“, flüsterte Lys. „Das könnte ich nicht ertragen.“
„Ich weiß aber nun, dass es ein Geheimnis gibt, und es wird zwischen uns stehen“, erwiderte Kirian beherrscht. Er war sich nicht sicher, ob er es wirklich wissen wollte – doch in der erinnerungslosen Zeit bei den Sklaven hatte er gelernt, dass Ungewissheit meistens schrecklicher war als das, was sich dahinter verbarg. „Du wirst auch von mir alles erfahren, was du wissen willst, nur jetzt noch nicht. Es gibt eine Sache, die ich erst prüfen muss, bevor ich dir sage, wie und warum ich in Maruvs Fänge geriet. Sobald ich Klarheit habe, werde ich nichts mehr zurückhalten“, versprach er.
Lys versteckte das Gesicht unter dem linken Arm, er schien mit sich selbst zu ringen. Kirian fuhr derweil damit fort, ihn zu waschen. Er schnalzte missbilligend, als er das Ausmaß der Schrammen und blauen Flecken erkannte, die Lys von dem gestrigen Beinahe-Absturz davongetragen hatte. „Wie die kleinen Kinder, immer kommst du mit aufgeschlagenen Knien nach Hause“, tadelte er in dem Ton, den seine Erzieher früher bei ihm angeschlagen hatten, um ihn zu provozieren. Lys lächelte matt. Dann begann er zu erzählen, leise, mit zur Seite gewandtem Kopf. Er erzählte alles das, was er zuvor ausgelassen hatte: Von dem Moment, als er von Maggarn in Kumiens Räumen angekettet worden war, von den Wochen, in denen er gegen Zweifel und Hoffnungslosigkeit kämpfen musste, von dem Spiel, das er mit jedem Tag ein bisschen mehr gegen Kumien verlor, von alldem, was er in Irtrawitt gelernt hatte. Kirian hatte damit gerechnet, wohin es führen wurde, darum lächelte er nur bitter, als Lys stockend von seiner Liebesnacht erzählte, auf die er sich freiwillig eingelassen hatte.
„Wir haben uns keine ewige Treue geschworen“, sagte er, als Lys ihn unsicher anblickte. „Es macht mich nicht glücklich, mir vorzustellen, wie du in den Armen eines anderen Mannes liegst. Aber ich bin froh, dass du nicht mit Gewalt dazu gezwungen wurdest, wie ich von dem Moment an geglaubt hatte, als Irla mir die Bedeutung deines Males erklärte.“
Lys fuhr zusammen, als Kirian über das Brandmal strich.
„Ich habe ihm vertraut“, flüsterte er. „Ich war mir so sicher, dass Kumien ein edler Mann ist, der in mir mehr sah als bloß einen Sklaven, den er nach Gutdünken hätscheln kann wie einen Schoßhund, den er benutzen und fortwerfen darf wie irgendeinen Gegenstand. Ich habe ihm mit Leib und Seele vertraut. Ich habe ihn geachtet, und ja, ich habe ihn begehrt und war stolz, dass er mich haben wollte. Nur darum konnte er mich so vollständig zerstören. Ich begreife hier oben, warum er mir das angetan hat“, Lys klopfte sich mit der flachen Hand gegen den Kopf, „aber ich komme hier, im Herzen, nicht darüber hinweg. Er hat die Saat des Misstrauens gesät, die der Drache aufblühen ließ. Ich verstehe, dass Kumien mich mit diesem Brandzeichen beschützt hat. Dass er mir nicht geholfen hätte, hätte er uns beide einfach freigelassen. Dass er mich zu dir geschickt hat, damit ich an deiner Seite sterben kann. Ich verstehe es und hasse ihn dafür, genauso wie ich ihn für diese skrupellose Härte bewundere. Manchmal wünschte ich, ich könnte all meine Gefühle in einen Sack packen und fortwerfen, es würde mein Leben erleichtern.“
Kirian war mittlerweile damit fertig, ihn bis hinab zu den Füßen zu waschen. Ihn graute es vor dem, was Lys mit seinen Worten gemeint haben könnte. Er wusste von dem Brandmal, und dass ein Soldat Lys vergewaltigt hatte, Letzteres hatte aber nichts mit Kumien zu tun gehabt …
Kirian küsste ihm die Stirn und sagte:
„Manchmal wünschte ich, du könntest deine Klugheit in besagten Sack packen und hm, vielleicht nicht fortwerfen, aber anderen davon abgeben, die weniger reich gesegnet wurden. DAS würde dein Leben sehr erleichtern.“
Während Lys um Fassung rang, drehte Kirian ihn auf den Bauch und wusch ihm den Rücken. Jetzt fehlten nur noch Gesäß und Schambereich,
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