Die Saat der Finsternis (German Edition)
besser für dich, wenn du mich los bist“, sagte er heiser, als Lys still geworden war. „Diesen Klotz, der an dir hängt. Ich hindere dich nur, ich wollte dich von mir befreien. Aber du wolltest nicht befreit werden, das habe ich einfach nicht verstanden. Ich verstehe es immer noch nicht.“
„Ich brauche dich, Kirian. Ich brauche dich, auch wenn du mir nicht helfen kannst. Das ist nicht mit dem Kopf zu erklären.“
Regungslos lag er in seinen Armen. Wenigstens klang seine Stimme nicht mehr so tonlos. „Nenn es eben Wahnsinn.“
„So hat es angefangen mit uns, nicht wahr? Mit einem Anfall von Wahnsinn“, sagte Kirian versonnen und strich sanft über Lys’ nasse Wangen.
„Der hat nie aufgehört. Nie.“
„So muss es sein. So viel habe ich dir angetan, und trotzdem willst du lieber sterben, als ohne mich zu leben. Ich war es nie wert, von dir geliebt zu werden, du hast so viel mehr verdient. Ich meine, wer bin ich denn schon?“
„Du bist der Mann, der bereit ist alles zu tun, um einen Freund zu beschützen. Du bist der Sheruk, der seine Männer zurückgelassen hatte, um mit mir auf eine völlig aussichtslose Queste zur Rettung von Elyne zu ziehen. Du hast verhindert, dass Bartolos von Hyula mich auf offener Straße erschlagen hat, und mich dann mit einer List aus seinem Kerker entführt. Du hast mich tagelang gepflegt, als ich sterbend im Wald lag. Du bist mit mir gegangen, als der Tod sicher auf uns zu warten schien. Es ist allein dein Verdienst, dass Robans Intrige gegen mich gescheitert ist. Du warst es mir wert, dass ich meinen eigenen Bruder erschlagen habe, und ich würde es immer und immer wieder tun. Jahrelang hast du mich unterstützt, mein Spiel voranzutreiben, obwohl es viel zu viel von deinen Leuten abverlangt hat und dieses Leben keineswegs gut für dich war. Du hast hingenommen, dass wir uns nur heimlich und nur erbärmlich kurz treffen konnten. Wer bin ich , dass ich all das verdient habe?“ Lys flüsterte diese Worte bloß, die aus ihm herausgeströmt waren wie zuvor die Tränen. „Ich weiß nicht, was ich verdient habe, Kirian. Es ist mir egal. Ich weiß nur, dass ich dich liebe.“
Kirian sah die Frage in dem von Schmerz verzerrten Gesicht, die eine Frage, die Lys nicht zu stellen wagte. Er musste wegblicken, die Tränen fortblinzeln, die ihm in die Augen schossen. „Lys, ich wäre tot, wenn du nicht gewesen wärst. Du hast mich aus der Sklaverei befreit. Über diesen Pass gebracht, mein Leben gerettet. Für all das, was du mir geschenkt hast, stehe ich in deiner Schuld. Und da war nichts, was ich dir hätte zurückgeben können. Nichts als Zweifel. Ich dachte, du würdest einsehen, dass du ohne mich besser dran bist. Dass du nicht aus irgendwelchen Verpflichtungsgefühlen heraus versuchen sollst, bei mir zu bleiben. An mir festzuhalten, obwohl ich nur ein Wrack bin, ein Schatten von dem, was ich wohl mal gewesen bin. Ich liebe dich so sehr, ich wollte dich freigeben. Dir ermöglichen, dein Herz jemandem zu schenken, der gut zu dir ist.“ Er stockte, konnte die Tränen nun ebenfalls nicht mehr zurückhalten. „Ich liebe dich“, presste er hervor.
Sie klammerten sich aneinander, gaben sich Halt, suchten Schutz in den Armen des anderen.
„Wenn es nicht so viele Menschen gäbe, die darauf hoffen, dass ich meine Versprechen einlöse, würde ich nicht mehr zurückgehen“, wisperte Lys nach langer Zeit. „Ich würde mit dir irgendwohin ziehen, wo uns niemand kennt und niemand etwas von uns erwartet. Ich will morgens an deiner Seite aufwachen und mich allenfalls sorgen müssen, ob wir noch frisches Brot für das Frühstück haben. Wenn ich Schmerzen haben muss, dann doch bitte Muskelkater von der Arbeit auf dem Feld, oder was auch immer wir tun, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Ich will die Nächte ohne Angst zubringen dürfen, Angst, irgendeinen Fehler begangen zu haben, der diejenigen gefährdet, die ich liebe. Angst, dass irgendeine Intrige gegen mich gesponnen wurde und ich es erst bemerke, wenn es zu spät ist. Ich will endlich leben !“
Kirian küsste ihm zärtlich auf die Lippen, zuerst ein wenig scheu, weil er nicht wusste, ob Lys nicht zurückweichen würde, dann mit mehr Nachdruck.
„Wir müssen einen König stürzen, um das zu erreichen. Ich hatte so sehr gehofft, diese alte Spinne würde schon bald genug von allein vom Thron fallen, aber Maruv ist zäh. Genau wie unsere Väter, denen wir beide nie wertvoll genug waren.“ Er lächelte, als sich Lys’
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