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Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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lassen.
    „Wir kümmern uns um ihn“, sagte eine helle Stimme hinter ihm. Arva trat an ihm vorbei und kniete neben dem Toten nieder. „Ich bin noch zu jung, um die Totenriten der Erdmutter zu sprechen, die letzte Priesterweihe erhalte ich erst in fünf Jahren. Aber wenn sonst niemand da ist, darf es jeder übernehmen.“
    „Geht zu ihm, Herr“, flüsterte Lark, der unbemerkt neben ihm erschienen war. „Er braucht Euch. Ich sehe die Saat des Drachens, wie sie ihn zerstört. Wir wachen über Onkars Leib, morgen in der Abenddämmerung wird er verabschiedet.“
    „Danke.“
    Kirian ging zu der Hütte zurück, die man ihm und Lys überlassen hatte. Er vermutete, dass er ihn dort finden würde – falls er gefunden werden wollte.
    Wenn nicht, kann ihn niemand mehr retten …

*
     
    In der Hütte war es dunkel und still. Kirian wollte sie wieder verlassen, als er Lys’ Stimme hörte:
    „Ich bin hier.“
    Schweigend trat Kirian zur Feuerstelle, stocherte in der Glut, bis er Holz nachlegen und für Wärme und Licht sorgen konnte. Lys kauerte in einer Ecke, die Beine fest an den Körper gezogen, der Kopf ruhte auf den Knien. Kirian entzündete noch zwei Talglichter, dann erst ging er zu ihm und hockte sich vor ihm hin.
    „Ich verliere den Kampf“, flüsterte Lys. „In allen Augen sehe ich Verrat, in jeder Stimme scheinen Hohn und Lüge mitzuschwingen, jedes Wort hat doppelte Bedeutung. Es ist das, was ich schon beim Intrigenspiel am schlechtesten ertragen konnte.“
    „Hast du denn gar kein Vertrauen mehr? In niemanden?“, fragte Kirian verzweifelt. Er wollte Lys helfen, doch wie? Liebe allein konnte nicht alles heilen!
    „Ich vertraue dir, und nur dir“, hörte er Lys sagen, mit solch kleiner, verlorener Stimme. „Aber auch hier nagt das Misstrauen, es redet mir zu, dass du bei einem Versager nicht ausharren wirst, warum solltest du auch …“
    Kirian zog ihn zu sich, er wusste nichts zu sagen. Er konnte ihn lediglich festhalten, sonst nichts.
    „Ich würde den Drachen herausfordern, wenn ich bloß wüsste, wie. Ich wünschte, ich könnte dich heilen, so, wie du mich von meinen Zweifeln geheilt hast. Du gehörst zu mir, Lys, und ich zu dir. Weißt du nicht mehr? Es gibt ein uns , egal, was die Welt da draußen dagegen einzuwenden hat. Diese Gewissheit hast du mir gegeben.“
    Lys hob den Kopf und sah ihn an, auf eine seltsame Art, die Kirian nicht deuten konnte. Langsam erhob er sich, ohne einen Moment den Blick von ihm zu lassen, löste die Schnüre seines Hemdes und zog es sich über den Kopf. Verwirrt blieb Kirian sitzen und wartete.
    „Weißt du, was ich manchmal gedacht habe, als ich bei euch in der Mine gelandet war, und hinnehmen musste, dass du mich vergessen hattest?“, sagte Lys und streckte ihm den Arm mit dem Brandmal entgegen. „Ich dachte, wie zuvorkommend Kumien doch gewesen ist, mir diesen Buchstaben einzubrennen, denn so konnte ich darüber streichen und mir einreden, dass ich dir gehöre, und nicht ihm, denn als Besitz des Layns hätte es eigentlich ein L sein müssen.“
    Noch verwirrter als zuvor fuhr Kirian die Narbe entlang, die wie ein K geformt war. Gewiss, beide Namen, Kirian wie Kumien, begannen mit diesem Buchstaben, aber …
    Lys zog seinen Dolch und drückte ihn in Kirians Hand.
    „Zeichne mich!“, bat er. „Gib mir dein Zeichen, damit Kumien niemals wieder behaupten kann, mich jemals besessen zu haben.“
    „Lys! Ich kann das nicht, ich habe wahrlich genug Narben auf deinem Körper hinterlassen! Ich will dich nicht noch mehr verletzen“, wehrte Kirian ab. Doch er sah das Flehen in Lys’ Augen und hielt inne.
    „Du musst mich nicht schwer verletzen. Folge dem Brandzeichen und verändere es.“
    „Leg dich hin“, sagte Kirian grimmig und drückte ihm den Arm fest auf den Boden. Er spürte die Angst, die Lys zu beherrschen versuchte, als er die Dolchspitze in die Flamme des Talglichts hielt, um sie zu reinigen. Panische Angst, aus der Dunkelheit des Misstrauens geboren; und er verstand. Es ging um mehr als die Symbolik, die hinter der Narbe steckte, es ging um Vertrauen. Nicht mehr und nicht weniger als das. Er zerriss ein Tuch in schmale Streifen, um Bandagen zu erhalten, dann setzte er sich wieder zu ihm.
    „Schaffst du es, still zu bleiben? Sobald du schreist, haben wir gleich ein ganzes Rudel Helfer im Hause stehen“, fragte er im Plauderton – und führte mit einer raschen Bewegung den ersten Schnitt. Lys sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein, doch mehr

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