Die Saat Der Makellosen
darüber aufregte. Trotzdem verspürte sie nun noch viel mehr den Drang, der Welt Gutes zu bringen, wenn sie schon aus dem Bösen entstanden war.
Sie fragte sich, ob der er nächste Schritt vielleicht nötig sein würde, damit sie noch mehr leisten konnte.
Samstag, 23. Juni; nachts
Manhattan, Spanish Harlem…
Nico lauschte dem beruhigenden Rauschen des Wassers, das in ihre altmodische viktorianische Wanne mit den niedlichen Keramikfüßchen sprudelte. Sie mochte die kleine Wohnung in Spanish Harlem in der 95th Street, die in der Nähe des Mount Sinai lag, in dem sie in der Neonatal-Intensivstation als Krankenschwester arbeitete.
Ihr Dad hatte sich mit ein paar Kirchenältesten kurz geschaltet, die ihr bei der Wohnungssuche geholfen hatten. Es war ein kleines Zwei-Zimmerapartment mit Küche, das ihren Ansprüchen völlig genügte. Sie hatte im Wohnzimmer sogar genug Platz für einen Altar und ihre Trommeln. Natürlich würde sie hier nicht Gläubige empfangen, wenn es sich vermeiden ließ. Es gab ja ein Gemeindehaus, indem sie praktizieren durfte, auch wenn sie noch nicht offiziell in die Gemeinde integriert war, was sie auch nicht anstrebte, da das Kosmos ganz andere Pläne mit ihr hatte…
Es war alles in karibisch fröhlichen Farben und Mustern eingerichtet, so dass sie ihr Zuhause nicht zu sehr vermisste. Jetzt in der heißen Jahreszeit sowieso nicht, da konnte New York locker mit Miami konkurrieren, das Meer lag ja sogar in greifbarer Nähe. Aber sie war auch gespannt auf den Winter, eine Jahreszeit, die sie bisher noch nicht erlebt hatte.
Sie ließ ihre altrosafarbene Krankenhaustracht auf den Boden fallen und stieg dann mit einem zufriedenen Seufzen in das duftende Wasser. Natürlich bestand der Badezusatz aus natürlichen Essenzen, weil sie künstliche Duftstoffe nicht vertrug. Lindenblüte und Jasmin wirkten beruhigend auf den Organismus und da sie auf der Suche nach Entspannung und schließlich Schlaf war, war das genau die richtige Wahl für diesen Abend. Sie war in der Kräuterlehre bewandert, genauso wie in der Medizin. Sie war schließlich eine praktizierende Santería -Priesterin. Noch hatte sie nicht viele Ratsuchende beraten, weil sie erst ein paar Monate in der Stadt weilte, aber die Kunde ihres Aufenthaltes würde sich stetig verbreiten. Für den Anfang hatte sie genug mit der Umstellung bei der Arbeit zu tun.
Sie hätte auch Ärztin werden können, sie war eine der Besten beim landesweiten Auswahltest gewesen, aber ihr gefiel die Arbeit der Pflegerinnen besser, die sich länger um ein Kind kümmern konnten und nicht ständig zum nächsten Notfall hetzen mussten.
Heute war ein trauriger Tag gewesen. Eines der Frühchen hatte es nicht geschafft. Nico hatte es die ganze Zeit gewusst, weil ihre Verbindung zu der Welt der Toten sehr stark war, die Mühen um seinen winzig kleinen Körper aber nicht eingestellt. Es sollte es die letzten Tage auf der Erde gut haben.
Die Eltern waren beim Abschied dabei gewesen, so dass es Nico eine Erleichterung gewesen war. Niemand sollte allein sterben müssen, selbst wenn man noch nicht verstand, was mit einem passierte. Der Tod war für die zarten Seelen immer gnädig. Trotzdem liefen Nico Tränen über die Wangen, weil der Schmerz der Mutter sie natürlich tief getroffen hatte. Immer wieder diese flehenden Blicke: Tun Sie doch etwas! Irgendetwas!
Aber die Medizin konnte keine Wunder vollbringen, es war schon eines, dass das Baby überhaupt solange überlebt hatte, wo es doch gerade mal 600 Gramm gewogen hatte und zudem einige schwere Komplikationen aufgetreten waren.
Nico tauchte unter Wasser und hielt einige Zeit die Luft an, um sich völlig von der Umwelt abzuschotten und die Ruhe um sie herum zu genießen. Das Gepiepse der Überwachungsgeräte konnte einem manchmal ziemlich auf die Nerven gehen, besonders nach einem Verlust und dann nahm man es mit nach Hause. Dieser letzte, lang gezogene Ton… Er hatte so etwas endgültig Grausames und bohrte sich schmerzhaft in den Gehörgang, als wäre er ein scharfes Messer, das einem ins Fleisch schneiden konnte.
Nico tauchte wieder auf und schnappte nach Luft, während sie sich mit beiden Händen die Haare und das Wasser aus dem Gesicht strich. Sie waren natürlich nachgewachsen, nachdem sie sie im letzten Dezember abgeschnitten hatte. Inzwischen gingen sie ihr beinahe wieder bis auf die Schultern und sie konnte sie im Nacken zu einem kurzen Zopf zusammenfassen. Gott, sie hatte nächtelang geweint, nachdem
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