Die Saat Der Makellosen
Augen laufen konnte. Die Folge war noch mehr Ruß in seinem Gesicht, weil die Luft voller Qualm und Asche war und sein Helm rutschte ein Stück weit in den Nacken, so dass sie ihm nun ganz genau in die Augen sehen konnte, die sie noch ungehaltener anblitzten als vorhin. Seine Reaktion auf ihr Flüstern.
Er schüttelte sie heftiger als beabsichtigt ab, weil er nun doch das Ziehen an seiner Jacke merken konnte, als sich die Frau hinter dem Absperrband an ihn krallte und so hoffnungsvoll ansah, dass ihm schlecht davon wurde, weil sie definitiv zu viel Rauch eingeatmet und eine zu lebhafte Fantasie hatte. Da oben war kein Baby. Das konnte nicht sein. Seine Männer hatten alles überprüft. Und woher wusste sie, dass die Mutter bereits tot war? Hatte sie etwa den Brand gelegt? Bisher war als Quelle eigentlich eine der Wohnungen auszumachen gewesen und der Täter bereits in Polizeigewahrsam genommen. Er hatte im Bett geraucht und war mit der brennenden Zigarette eingeschlafen. Das kam davon, wenn man drei Jobs gleichzeitig hatte, um die Rechnungen bezahlen zu können. Irgendetwas blieb immer auf der Strecke. In dem Fall der Schlaf. Von wegen Land der unbegrenzten Möglichkeiten und Gott segne Amerika.
Der Mann war untröstlich gewesen für das, was er getan hatte und war in der Stütze der Officer, die ihn abführten, mehrmals zusammengebrochen, weil er schon jetzt nicht mehr mit dieser Schuld leben wollte.
Damon hatte keine Zeit für Mitleid, auch wenn er später vielleicht so empfinden würde. Er regte sich gerade nur wahnsinnig über den Vermieter der armen Leute hier auf, der die Feuerleitern mit Schlössern und Ketten hatte zusperren lassen, weil er Angst vor Einbrechern hatte. Die Bewohner hatten allesamt über das innere Treppenhaus fliehen müssen und das wäre, verdammt noch mal, beinahe ins Auge gegangen.
In dem Moment flüsterte Mélusina Nico etwas ein, das sie die Augen weit aufreißen und dann begeistert lächeln ließ.
„Für Sie ist das doch ein Kinderspiel! Sie können sich doch einfach… hinein materialisieren !“
Letzteres flüsterte sie ihm ins Ohr, nachdem sie sich ihm entgegen reckte, damit das nicht jeder mitbekam. Obwohl es bei dem Lärm um sie herum unwahrscheinlich war.
„Ich hab jemanden hier, der Ihnen den Weg zeigen kann! Bitte? Es ist ein kleines Baby! Für die Mutter kommt jede Hilfe zu spät! Sie ist schon tot!“
Nico sah flehend zu ihm auf und hielt sich an ihm fest, weil sie auf ihren Zehenspitzen stehen musste, um überhaupt nah genug an ihn heran zu kommen, um ihm etwas einflüstern zu können.
Du bist unglaublich stark und mächtig! Du wirst sie retten! , sagten ihre Augen und leuchteten dabei auf, weil sie so erleichtert war, einen Immaculate um Hilfe bitten zu können.
Die junge Frau griff erneut nach seinem Arm. Diesmal gelang es ihm nicht, sie abzuschütteln. Sie flüsterte ihm etwas zu, das er nur dank seines übernatürlichen Gehörs über den Lärm um ihn herum hören konnte. Seine Augen wurden groß vor Überraschung, bevor sie sich zu schmalen Schlitzen verengten. Er durfte sich einem gewöhnlichen Menschen gegenüber keine Blöße geben.
„Lassen Sie los. Ich weiß nicht, was Sie meinen, Lady, und es ist besser, wenn Sie jetzt ein paar Schritte Abstand nehmen, damit ich meinen Job machen kann. Verstanden? In dem Haus ist niemand mehr. Meine Leute haben das überprüft.“
...materialisieren?... Woher hat sie das denn?! Sie hielt ihn noch fester und Damon las ihre Gedanken. Die Bewunderung, die er dort fand, ließ ihn nur verächtlich die Nase rümpfen. Er war hier als Feuerwehrmann, nicht als Vertreter seiner Warriorgilde, in der er sich ganz gern Honig um den nicht vorhandenen Bart schmieren ließ. Das hier war ernst. Selbst er riskierte sein Leben, wenn er sich in das einsturzgefährdete Gebäude materialisierte. Er mochte ein Immaculate sein, brannte aber genauso gut wie jeder andere auch. Wenn nicht sogar besser. Er war schließlich alt.
Außerdem konnte er sich zwar hinein, aber nicht wieder hinaus beamen. Mit einem fremden, nicht materialisierungsfähigen Gegenstand war seine Fähigkeit nutzlos. Genauso unbrauchbar wie das brennende, teilweise schon weg gebrochene Treppenhaus. Es war zwecklos und die junge Dame hier machte sich zu viel Hoffnung. Wenn das Baby genug Qualm eingeatmet hatte, würde es die Flammen hoffentlich nicht mehr spüren. Damon schloss einen Moment lang die Augen, als ihn Bilder von einem in den Flammen schreienden Baby quälten.
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