Die Saat Der Makellosen
von seiner Reaktion auf ihre Eröffnung ziemlich gedämpft. Sie war der Ansicht gewesen, dass sie offen mit einem Immaculate sprechen konnte, die ja selbst alle mehr oder weniger starke Psi-Fähigkeiten besaßen.
Sie sprach nie mit jemandem über ihre Fähigkeiten, der nicht schon tot war. Außer Mélusina und ihrem Vater wusste niemand davon. Vielleicht das Haus, dem sie ehrenhalber angehörte, weil ihre Beschützerin sich für sie eingesetzt hatte. Chief Archers Reaktion bestätigte nur ihren Verdacht, dass die Immaculates eigentlich erleichtert waren, sich nicht um sie kümmern zu müssen.
Nico blitzte Mélusina ungehalten an, die um den jungen Mann herum ging und ihn von Kopf bis Fuß maß, als wäre er ein Pferd, dessen Wert sie einschätzen wollte. Sie hielt ihr ständig vor, dass ihre Zeit beinahe schon abgelaufen war. Sie hatte ein weiteres Jahr in Freiheit geschenkt bekommen, das in wenigen Tagen ablaufen würde, wenn sie Geburtstag hatte und 26 wurde…
Du musst deine Pflicht erfüllen, Nico! Es gibt keinen Ausweg!
Nico ergriff den dargebotenen Arm, weil es unhöflich gewesen wäre, ihm einen Korb zu geben, nachdem er das Kind gerettet hatte.
„Es ist keine Entschuldigung nötig, Chief Archer! Ich bin nicht so empfindlich, wie ich vielleicht gerade erscheine… Und ich habe mich noch nie wie ein Held gefühlt. Es liegt wohl daran, dass meine Hilfe meist zu spät kommt, wenn schon ein anderes Unglück passiert ist…“, sagte sie leise und ließ sich von ihm zu dem provisorischen Café begleiten, das einige Helfer dort aufgebaut hatten.
An den Biertischen saßen schon einige der Feuerwehrmänner auf den Bänken und tranken Kaffee, dazwischen saßen auch ein paar Polizisten, die bei dem Einsatz geholfen hatten. Die Bewohner waren schon mit einem Bus, den die Stadt zur Verfügung gestellt hatte, zu dem für sie bestimmten provisorischen Nachtlager in eine nahe gelegenen Sporthalle gebracht worden. Die Rettungsaktion war sehr professionell von statten gegangen und das lag zum größten Teil an der Kompetenz ihres Begleiters, der den Einsatz schließlich geleitet hatte.
Damon nickte nur wortlos, als sich Nico dazu äußerte, wie sie sich gerade fühlte. Er führte sie zu den Bänken und Tischen zwischen den Polizeiautos, um ihr den versprochenen Kaffee zukommen zu lassen. Er fühlte sich selbst auch nicht wie ein Held. Sie konnten beide einfach behaupten, sie hätten nur ihre Pflicht getan und damit war die Sache erledigt. Zumindest diese, seine Neugier bezüglich ihrer Person war immer noch nicht gestillt.
Bevor sie den Tisch erreichten, an dem noch genug Platz für sie war, kehrte Mélusina zurück, die sich um die verirrte Seele der Mutter kümmerte und noch einen Auftrag hatte, den Nico mental ausgesprochen hatte.
„Einen Moment, bitte, Chief! Ich müsste kurz…“
Nico ließ seinen Arm los und stellte sich einem Polizisten in den Weg, der eben von einem der Tische aufgestanden war und seine Mütze wieder aufsetzte. Er war groß und dunkelhäutig und warf ihr einen Blick zu, mit dem man sicher verloren gegangene Kinder bedachte, wenn man sie schließlich auflas.
„Entschuldigen Sie bitte, Officer…“ Nico schielte auf sein Namensschild und fuhr dann fort: „Buenaventura! Vorhin wurde ein Baby aus dem brennenden Haus gerettet… Es war hier nicht angemeldet und seine Mutter ist wohl in den Flammen umgekommen! Könnten Sie bitte seinen nächsten Verwandten benachrichtigen, dass es im Beth Israel liegt und dort medizinisch versorgt wird?“
Der Polizist warf ihr noch einen viel skeptischeren Blick zu, als das der Chief vorhin getan hatte, so dass Nico ihre Bitte auf Spanisch wiederholte und dann eine Karte aus ihrer bunten Tasche zog, die sie ihm hinhielt. Officer Buenaventura starrte einen Moment auf die Perlenketten, die an dem Riemen der Tasche baumelten und nahm die Karte dann an, um sie genau zu studieren. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich sofort, so dass sich Nico sicher war, dass er wie sie aus Cuba stammte, auch wenn andere Latinos sicher ähnlich reagiert hätten.
„ El tio de la niña se llama Moshoeshoe Assanti… Trabaja en una lavanderia cerca de aquí! Pero no sé el nombre… Digalé que rezaré por el alma de su hermana… ”, erklärte sie mit leisen Worten, so dass der junge Polizist sich tief zu ihr herunterbeugte, um sie zu verstehen.
(Der Onkel des Mädchens heißt Moshoeshoe Assanti… Er arbeitet in einer Wäscherei hier in der Nähe, deren Namen ich nicht kenne…
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