Die Saat Der Makellosen
nicht im Laufe des nächsten Jahres zu einem Erfolg entwickelte. Mieten hatte sie jedoch ausgeschlossen, weil sie keine Lust hatte, einem gierigen Geschäftsmann ihr hart verdientes Geld in den Rachen zu stopfen.
Der Meatpacker District, ein Teil von Greenwich Village, war ein aufstrebendes Viertel mit einigen dunklen Ecken, aber die hippen New Yorker begannen, sich hier breit zu machen und das bedeutete auch, dass man sich nicht fürchten musste, nachts auf die Straße zu gehen, wovor sie sowieso keine Angst hatte. Immerhin war sie jahrelang in einem Spielerparadies auf Streife gegangen. Manhattan konnte sicher nicht schlimmer sein.
Die Wohnung hatten sie natürlich zuerst bezugsfertig gemacht, weil sie nicht vorhatte, länger als nötig in einer Pension zu wohnen, wenn auch noch nicht viele Möbel darin standen. Mit beschränkten finanziellen Ressourcen musste man eben sparsam umgehen und das Wichtige vom Unwichtigen trennen. Computer waren wichtig, Waffen waren wichtig, hübsche Vorhänge waren absolut unwichtig.
Aber ihr Geschäft war nun so gut wie fertig. Die großen Schaufenster rechts und links von der Eingangstür mit den schmiedeeisernen Verzierungen über dem Glas hatten sie erhalten, sie boten auch altmodischen Schutz vor Einbrechern, was die Polizistin in ihr zu schätzen wusste.
Die Einsicht in die Büroräume wurde von einem verstellbaren Sichtschutz eingeschränkt, damit sie in Ruhe an ihren Schreibtischen sitzen konnten. Die Einrichtung würde einfach gehalten sein. Wenn man den Laden durch die Haupttür betrat, dann waren ihre Schreibtische links und rechts durch Glasbausteinwände voneinander abgetrennt, so dass ein kurzer Gang entstand, der der genau in den Wartebereich führte, wo drei Sessel und ein kleiner Tisch standen, den sie in einem Ausverkauf erstanden hatten, als sich eine Anwaltskanzlei aufgelöst hatte.
Auf beiden Fensterscheiben prangte mittig der unaufdringliche Schriftzug: R. & R. Associates – Professional Investigation . Auf den Nachnamen hatte sie verzichtet, weil der ja schon auf ihren Visitenkarten zu lesen stand. Dazu dann noch der Slogan: We care for your missing .
Romy wollte auf jeden Fall betonen, dass die beiden Geschäftsinhaber keine Möchtegernschnüffler waren. Hier ging es um ein ernstes Thema, bei dem die Ermittler sich nicht selbst profilieren wollten. Ihre Klienten sollten sich ernst genommen und gut aufgehoben fühlen.
Romana & Rebeka … Es schien ihr noch ziemlich unglaublich, dass sie und ihre kleine Schwester nun zusammen gezogen waren und eine Detektei gegründet hatten, die sich darauf spezialisierte, vermisste Personen aufzuspüren.
Romy hatte die Existenz von Rebeka jahrelang verdrängt, nachdem man sie als Waisen auseinander gerissen hatte. Sie kamen in verschiedene Pflegefamilien und sie waren noch viel zu klein gewesen, um dagegen zu protestieren. Nach dem Feuer hatte sie jahrelang unter dem traumatischen Erlebnis gelitten. Sie hatte furchtbare Alpträume davon gehabt, die sie heute noch heimsuchten, sich dann aber mit den anderen schrecklichen Bildern vermischten, die sie schon in ihrem Leben gesehen hatte…
Dem System war man als elternloses Kind wehrlos ausgeliefert, man hatte kein Mitspracherecht und ging sehr schnell verloren. Romy erschauerte bei dem Gedanken daran und ließ die Hand sinken, als die Ladentür aufging und Bekky auf die Straße trat, nachdem sie die Schutzfolie über der Schrift von der Scheibe abgezogen hatte.
Romy winkte ihr mit einem Lächeln zu, das sich immer auf ihre Lippen schlich, wenn sie ihre kleine Schwester ansah. Als sie sich vor Jahren auf die Suche nach ihr gemacht hatte, war ihre größte Sorge gewesen, dass sie es noch schlechter mit ihren Pflegeeltern getroffen haben könnte als sie selbst.
Ach, halb so wild! Bonny und Phil sind ganz in Ordnung gewesen … Immerhin hatte ihr der Typ den Umgang mit Waffen beigebracht und sie nicht unsittlich angetatscht, auch wenn sie mal ein paar saftige Ohrfeigen für nächtliche Ausflüge bekommen hatte.
Romy hatte sich (und tat es noch) schuldig gefühlt, weil sie doch die Ältere von den beiden gewesen war und ihre Mutter ihr damals aufgetragen hatte, gut auf ihre kleine Schwester aufzupassen, bevor die Flammen sie aufgefressen hatten…
„Und? Wie findest du’s? Sieht gut aus, oder? Jetzt brauchen wir in den oberen Stockwerken nur noch Vorhänge und die Sache ist perfekt.“
Bekky lief mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen auf Romy zu und hakte sich bei ihr
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