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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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fährt James Stewart fort: »Und nun möchte ich eine Nachricht bekannt geben, die bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Diese Nachricht wird auch unsere Kritiker verstummen lassen.« Die Kunstpause ausdehnend, lässt er seinen Blick über die gebannten Zuhörer schweifen und sagt dann: »Die EFSA hat vorgestern unseren DR-Mais als absolut unbedenklich erklärt. Und damit ist der Anbau von gentechnisch verändertem Mais nun auch in Europa gesichert. Vor allem in den Trockengebieten der iberischen Halbinsel, Süditaliens und Osteuropas verspricht der Drought Resistant, der DR-Mais, gute Erträge.«
    Begeisterter Applaus.
    Ist das möglich? Haben sie sich in etwas verbissen, sind sie in die Falle getappt?
    Oben auf der Bühne hat sich James Stewart verabschiedet.
    »Und, haben Sie noch Fragen?« Die Stimme in seinemRücken lässt ihn herumfahren. Irgendwo hat er diese Frau schon einmal gesehen. Das lange schwarze Haar, das sie diesmal zu einem Zopf geflochten hat, fällt ihm auf. Trug sie es damals nicht offen?
    »Océane«, hört er Camille sagen, »das ist Ethan Harris, Schriftsteller.«
    Ihr Blick scheint ihn durchdringen, von innen durchleuchten zu wollen, denkt er, während ihr Lächeln diese Absicht zu verschleiern sucht.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen. Was schreiben Sie?«
    »Romane«, antwortet er lustlos. Er schreibt ja nicht mehr.
    Ihre Hand ist schmal und kalt, stellt er fest, und er ist erleichtert, als er sie wieder loslässt. Sie weiß genau, wer er ist, ahnt er, doch sie lässt sich nichts anmerken. Aber Camille wirkt ungewohnt nervös in ihrer Nähe.
    »Seit dem Tod meiner Frau beschäftige ich mich mit gentechnisch verändertem Mais und seinen Auswirkungen auf die Menschen«, fügt er hinzu.
    »Mein Beileid, Mister Harris, aber … Das ist sicherlich interessant, Ihr neues Gebiet.«
    »Durchaus. Man sieht, welche tödlichen Folgen der Eingriff in die Natur haben kann.«
    »In der Tat ist die Natur sehr sensibel, da haben Sie recht, Mister Harris. Wissen Sie übrigens, wie die Dinosaurier ausgestorben sind?«
    »Das ist fünfzig Millionen Jahre her!«, wendet er barsch ein.
    Er ist wütend auf sich selbst, weil er sich ihr gefrorenes Lächeln so einfach gefallen lässt.
    »Fünfundsechzig Millionen Jahre, Mister Harris! Es war ein Meteoriteneinschlag auf Yucatán. Zehntausend Grad heiß war die Glutwolke aus verdampftem Gestein, Wasserdampf und Staub. Jahrzehntelang haben die Dämpfe die Atmosphäre vergiftet, es regnete Schwefelsäure, die Temperaturen fielen. Eine mehr als hundert Meter hohe Tsunami-Flutwelle rasteum die Erde. Pflanzen starben und, stellen Sie sich vor, Mister Harris: Achtzig Prozent der Säugetierarten starben aus!«
    Sie hört sich an wie eine Predigerin.
    »Aber – unser Wasser auf der Erde ist wahrscheinlich erst durch Meteoriteneinschläge entstanden«, fährt sie fort, ohne einen Kommentar zu erwarten. »Überhaupt, unser Planet würde ohne Asteroidenkollisionen niemals so existieren. Faszinierend, nicht wahr?« Sie holt tief Luft. »Wie der Tod zu neuem Leben führt. Zu anderem Leben. Wenn die Dinosaurier nicht gestorben wären, gäbe es uns Menschen vielleicht gar nicht.« Sie sieht Camille an. »Eine unglaubliche Vorstellung, nicht wahr?«
    Ethan bemerkt, dass Camille der Vizedirektorin gebannt zuhört.
    »Und noch etwas: Der Asteroid, der mit unserer Erde am 13. April 2029 beinahe kollidieren wird, ist bereits seit Millionen von Jahren unterwegs. Ist das nicht geradezu elektrisierend?«
    Diese Frau ist verrückt!
    »Sie lieben den Tod, ich nicht«, entgegnet er kalt.
    Ihr Lächeln hat etwas Nachsichtiges. »Sie verstehen nicht, Ethan: Ohne den Tod gibt es kein Leben. Der Tod ist eine Form von Leben!«
    »Dann ziehe ich die andere Form vor.«
    Sie lächelt wieder. »Sicher. Ach, und lassen Sie sich das Buffet nicht entgehen.« Ein kurzes Nicken, dann steht sie auf und geht.
    Auch Camille steht auf. »Ich muss mich noch ein bisschen mit ihr unterhalten.«
    Er hält sie am Arm zurück.
    »Keine Angst, ich gebe acht auf mich.« Ihr Lächeln kann die Anspannung nicht übertünchen. »Ich wette, auf dem Buffet gibt es keinen Mais«, versucht sie zu spaßen.
    Er sieht ihr nach, bis sie im Gedränge der dunklenAnzüge und Kleider verschwunden ist. Océane Rousseau hat ein merkwürdiges Gefühl in ihm hinterlassen. Es kommt ihm vor, als wüsste sie viel mehr über ihn und Sylvie, als sie vorgegeben hat.
18
    Die Autoheizung läuft. Ihre beiden Schweizer Kollegen auf den

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