Die Saat - Ray, F: Saat
machen – nur Christian nicht.«
Sie ist beinahe erleichtert, dass sie vor ihrem Haus keinen Parkplatz findet, sondern erst zweihundert Meter weiter auf der anderen Straßenseite.
»Lass mich vorausgehen«, sagt er an der Eingangstür.
»Glaubst du, jemand ist auch in meine Wohnung …?«
Die erste Anspannung fällt von ihr ab, als sie feststellt, dass die Tür wie üblich doppelt verschlossen ist. Der letzte Rest Unsicherheit löst sich auf, als Licht alle Räume erhellt und weder Unordnung noch eine sonstige Auffälligkeit zum Vorschein bringt. Keine Polizei, keine Sprayer. Erleichtert zieht Camille den Mantel aus.
»Wenn du duschen willst …« Sie zeigt zum Badezimmer. Er sieht mitgenommen aus mit den Kratz-, Biss- und Schürfwunden. Und wenn sie selbst nicht so mitgenommen wäre, könnte sie sogar Mitgefühl mit ihm haben. Aber sie ist immer noch wütend auf ihn, weil er ihr nichts von den anderthalb Millionen gesagt hat. Er vertraut ihr nicht, das verletzt und kränkt sie.
Als er im Badezimmer verschwindet, setzt sie in der Küche Tee auf, verschüttet dabei Wasser und zerbricht eine Tasse. Mein Gott, Camille, nimm dich zusammen! Ihre zitternden Hände versuchen sich gegenseitig festzuhalten. Da läutet ihr Telefon.
»Camille!«, schreit ihr Christian entgegen. »Die Polizei hat mich wachgeklingelt! Willst du mir dasselbe sagen? Dass jemand Säure …«
»Ich fürchte, ja.« Sie hört im Hintergrund Kindergeschrei.
»Camille, ist dir klar, was das bedeutet?«
»Jemand ist ziemlich sauer – und es wird eine längere Geschichte mit der Versicherung, wahrscheinlich.«
»Allerdings! Die Computer, die Drucker, der Kopierer – alles ist kaputt. Wir müssen der Versicherung die Leasingverträge schicken. Hast du eine Ahnung, wie lange das dauert?«
»Wir müssen eben eine Übergangslösung …«
»In diesem Büro kann wochenlang niemand arbeiten! Ich leg jetzt auf, Camille, ich bin scheißwütend auf die ganze Situation!« Klack. Er hat tatsächlich aufgelegt.
Als ob sie nicht auch wütend wäre! Was soll nun aus der Zeitschrift werden? Sie klappt ihr Notebook auf, schaltet es ein und ruft ihr Mailprogramm auf. Vielleicht gibt es neue Informationen, vielleicht hat sich jemand zu dem Anschlag bekannt. Sie will einfach nicht glauben, was passiert ist. Und was ist das? Sie stutzt.
Ethan kommt aus dem Bad. Die Wunden hat er mit Pflaster verklebt. Er sieht immer noch mitgenommen aus.
»Edenvalley hat mir eine Mail geschickt.«
Er setzt sich ihr gegenüber an den Tisch.
Sie räuspert sich.
»Sehr geehrte Madame Vernet, wir freuen uns über Ihr Interesse an unseren Produkten. Zu Ihrer Anfrage: DR-Mais wurde in den letzten zehn Jahren entwickelt, weil er auf trockenen Bödenertragreich wachsen kann. Wie alle unsere Produkte wurde auch der DR-Mais verschiedenen Testreihen unterzogen. Der Aufbau der Tierversuchsreihe, die Edenvalley bei der Firma Porade in Auftrag gegeben hat, hat voll und ganz den Richtlinien der OECD entsprochen. Die mit DR -Mais gefütterten Rattengruppen sind nicht erkrankt, auch ihr Blutbild hat sich nicht verändert, sie zeigen keine Unterschiede zu den Ratten der Kontrollgruppe, die keinen DR -Mais, sondern normales Futter bekommen haben. Edenvalley wird den Versuch deshalb nicht wiederholen. Alle Daten liegen den zuständigen europäischen Behörden vor, und diese haben die Daten als hinreichend bewertet. Auch die EU -Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat keine Bedenken angemeldet. Wir hoffen, Ihre Zweifel hinsichtlich der Sicherheit von DR -Mais damit aus dem Weg geräumt zu haben. Gerne beantworten wir Ihnen weitere Fragen. Mit freundlichen Grüßen Matthias Marthaler Pressesprecher Edenvalley, Europazentrale Genf.«
Sie sieht auf.
»Hast du was anderes erwartet?«
»Nein, aber es wundert mich, dass sie so schnell geantwortet haben. Und was soll ich jetzt tun?«
Er zögert. »Wir brauchen einen anderen Ansatz. Nicolas Gombert. Das Video und die Aufzeichnungen von Frost. Erinnerst du dich noch an die Klinik in Uganda? Frost hat den Namen von einem Arzt genannt, Dr. …«
»Dr. Bleibtreu«, fällt ihr ein.
»Richtig.«
Sie ist dankbar für den Themenwechsel und gibt den Namen ein.
Prolife Clinic, Kisoro. »Es gibt einen Blog von einem Henrik Klipp, Medizinstudent … aber…« Das muss ein Fehler sein …
»Aber was?«
»Gesperrt.«
Er geht zu ihr und beugt sich über ihre Schulter. Die Seite steht zurzeit nicht zur Verfügung. » Such nach weiteren
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