Die Saat - Ray, F: Saat
in Angriffshaltung über den Tisch. Océane sieht, wie James schluckt.
»Soll das etwa heißen«, sagt Bob, und seine Stimme klingt drohend, »dass euch hier ein Fehler unterlaufen ist? Ich stecke nicht nur mit Millionen, sondern auch mit Brainstorm in der Sache drin, wenn da was an die Öffentlichkeit …«
James streckt abwehrend die Arme aus und nimmt wieder Platz. »Wir haben Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Frost wurde ausgeschaltet. Die Polizei verfolgt eine falsche Fährte, eventuelle Mitwisser werden nach und nach eliminiert. Ocean, bitte …«
Er braucht sie, wie immer in solchen Situationen. Mein Gott, wie sie ihn verachtet!
»Bob«, sagt sie also, »ein Fehler in der Produktion kann immer mal vorkommen, das wissen wir. Das bestätigen uns die Wissenschaftler, das predigen unsere Gegner. Und Ted kennt das sicher auch in seinen Fabriken.« Sie lächelt.
Ted nickt nicht, sondern starrt sie mit versteinerter Miene an.
»… und die Kontrollen … haben versagt?« Bob schüttelt den Kopf. »Wer war dafür zuständig?«
»Es kommt darauf an, in welcher Produktionsstätte der Fehler …«, schaltet sich James wieder ein.
»Hier, in Europa, wer war hier zuständig?« Bob pocht mit dem Zeigefinger auf den Tisch, als wollte er ein Loch hineinstoßen.
James sieht Océane fragend an.
»Dr. Imberger.«
»Imberger?« James runzelt die Stirn. »Der wurde doch …«
»… ja«, sie nickt, »ein tragischer Autounfall, leider, vor sechs Monaten.«
Bob schickt ihr einen schnellen Blick.
»Und in unserem Werk in Atlanta?«, fragt James weiter, seine Stimme ist viel schwächer als am Anfang seiner Rede.
»Dr. Murakami. Er … starb bei einem Fallschirmsprung«, sagt sie.
»Aber Imberger hatte einen Stellvertreter …«, erinnert er sich.
»Schnitzler.« Sie nickt wieder.
»Mein Gott«, James greift sich an die Stirn, »ist der nicht beim Klettern in den Dolomiten abgestürzt …«
» Möglicherweise Selbstmord. Er litt unter Depressionen, wie wir später erfahren haben.«
Wieder Stille.
»Das ist doch eindeutig Sabotage!« Teds Blick durchbohrt James. »Hast du das nicht erkannt, James?«
»Ted, bitte«, greift sie ein, »Schnitzler war wirklich depressiv. Imbergers Auto wurde von einem betrunkenen LKW-Fahrer gerammt, und Murakami, Himmel, Fallschirmspringen ist gefährlich! Davon abgesehen, wir haben noch weitere vier Produktionsstellen. Dort ist alles beim Alten. Keine Toten, keine Unfälle. Wirklich, Ted«, sie lächelt wieder, »es waren unglückliche Umstände.«
Bob spielt nachdenklich mit dem Anhänger an seiner Goldkette. »Kann der Mais zurückgerufen werden?«
»Unmöglich!«, ruft James aus. »Zurzeit befinden sich über vierhundert Container mit DR-Saatgut auf See. Ganz zu schweigen von dem Zeug, das schon irgendwo wächst. Wenn etwas an die Öffentlichkeit dringt, können wir nicht nur sieben Jahre Entwicklungsarbeit und etliche Milliarden abschreiben. Nein, Edenvalley wäre erledigt. Die Terminatortechnologie wäre erledigt. Man würde uns verklagen, Billionen, Billionen würden die fordern, diese Halsabschneider von Anwälten!« Er sieht mit neu gewonnener Kraft Bob und Ted beschwörend an. »Dann würde alles ans Licht kommen. Das wäre ein GAU – nicht nur für Edenvalley. Genauso fürBrainstorm und Eastman Black und unseren Wassertrust, für unsere …«
Bob hebt die Hand. »Verstanden, James.«
»… für unsere Aktien …«, redet James weiter.
»Hör auf, James.« Bob knetet immer noch den Anhänger in seiner Hand, als wäre er ein Zauberstein, der ihm magische Kräfte verleiht. »Und – was schlägst du vor, James?« Bob verschränkt die Arme hinter dem Kopf und lehnt sich zurück.
»Ocean hat …«, James sieht zu ihr hinüber, »… unsere Vorschläge …«
»Fakt ist«, erlöst sie ihn, »draußen warten Tausende von Journalisten, Ökos und Verbrauchern darauf, dass sie gegen uns vorgehen können. Wir müssen verhindern, dass irgendwelche Meldungen von der Öffentlichkeit als wahr betrachtet werden.«
»Eine gezielte Desinformation also?«, fragt Ted.
»Ja. Wir schicken Rundmails raus. Und zwar an alle relevanten Wissenschaftszeitungen und -zeitschriften, aber auch an Tages- und Wochenzeitungen. Diese Strategie hat bisher immer funktioniert. Wir haben eine Reihe von Journalisten, die regelmäßig Nachrichten und Meldungen an relevante Pressestellen liefern. Diese Journalisten haben eine erfundene Biografie, sie existieren ja auch nicht. Dann müssen unsere Feinde erst mal
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