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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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sich acht Jahre lang zu lieben, oder ob es längst aufgebraucht und Hass an seine Stelle getreten war, der ihn zu einem als Selbstmord getarnten Mord hätte treiben können. Ist es das? Glaubt sie das?
    »Was hat das mit dem Selbstmord meiner Frau zu tun?«
    Mit einer knappen Handbewegung besänftigt Lejeune ihn. »Bitte, Monsieur Harris, beantworten Sie zunächst meine Frage.«
    Er kann ja nicht einfach aufstehen und gehen. Oder? Nein, sie würden ihn unter einem Vorwand daran hindern. Sie würden schon einen Grund finden.
    Also, wie viel soll er ihr anvertrauen? Ruths Alkoholprobleme, wie es ist, dem Leben jeden einzelnen Tag abzuringen, mit anzusehen, wie die Frau sich erst selbst und dann auch das Leben ihres Kindes und seines, Ethans, zerstört? Die Versuche, ihr zu helfen, und dann die Entscheidung, sich von ihr zu trennen. Dass sie Steven behalten durfte, hat sie nur ihren Eltern zu verdanken. Er entscheidet sich für die kürzeste Version.
    »Ich war vor acht Jahren zur Vorstellung meines Buches in Paris und hatte einen Unfall. Ich habe mir das Bein gebrochen. Sylvie war die Assistenzärztin.« Dass er sich dann von seiner australischen Frau trennte, erwähnt er nicht. Lejeune wird es herausfinden, wenn sie will.
    Sie kräuselt die Lippen und zieht die Augen zusammen, als müsse sie aus diesen knappen Sätzen alle Konsequenzen der folgenden Jahre heraussaugen. Vielleicht wartet sie auch darauf, dass er noch etwas sagt, aber er schweigt. Ihr Assistent bringt auf einem Plastiktablett Kaffee in Plastikbechern, und Ethan lässt sich Zeit, die Zuckertüte aufzureißen und umzurühren.
    »Warum haben Sie keine Kinder?«, fragt Lejeune schließlich.
    Er merkt, wie die Wut in ihm zu brodeln anfängt. Wut darüber, dass sie ihn so direkt nach Dingen fragt, die nur ihn und Sylvie etwas angingen. Werden sie durch ihren Tod öffentlich?
    »Wir wollten noch warten.« Ethan denkt an Steven, er hat ihn im Januar zu seinem vierzehnten Geburtstag in Sydney angerufen. Eine falsche Entscheidung. Als Ethan auflegte, fühlte er sich deprimiert. Das schlechte Gewissen kehrte zurück, weil er seinen Sohn einfach im Stich gelassen hat.
    Lejeune hebt eine Augenbraue. »Ihre Frau war …«, sie blättert kurz in den Akten, aber er ist sicher, sie weiß es auswendig, »… sie war neununddreißig. Wie lange wollten sie noch warten?«
    Ethan zuckt mit den Schultern, verbirgt seine Wut. »Es war uns nicht so wichtig.«
    »Wem war es nicht so wichtig? Ihnen oder ihr?«
    »Uns beiden. Wir hatten beide unsere Berufe. Wir hätten unsere Leben anders organisieren müssen.« Er hat schnell und erregt gesprochen.
    Sie nickt zufrieden. Die erste Runde geht an sie, er hat kurz sein Gleichgewicht verloren. Sie nimmt ihren Plastikbecher, lehnt sich zurück und trinkt einen kleinen Schluck. Schwarz. Ohne Zucker. Gnadenlos.
    »Was hat das alles mit Sylvies Tod zu tun?« Er hat keine Lust mehr, sich zu beherrschen.
    Wieder ihr sezierender Blick. Er wartet auf eine Überraschung, auf eine Tatsache, die ihren Tod mit der Kinderlosigkeit in Verbindung bringt oder sonst etwas. Doch Lejeune lächelt plötzlich, wenn auch dünn.
    »Monsieur Harris, Sie sind erfolgreich?«
    Ihm bleibt die Luft weg, so wütend ist er. Doch was hat er für eine Chance? Er will wissen, was sie, was die Polizei weiß, er will wissen, welche Spur sie verfolgen. Er will Klarheit, die Wahrheit, auch wenn dabei herauskommt, dass es einfach nur ein gewöhnliches Verbrechen war, ein gewöhnlicher Überfall, wie er jede Nacht mehrmals in Paris passiert.
    »Es geht«, antwortet er knapp.
    »Nicht so bescheiden.« Sie lächelt. »Ihr neuestes Buch, ich habe mich informiert, wurde in Frankreich schon achtzigtausend Mal verkauft. Dabei ist es erst zwei Wochen auf dem Markt.«
    »Ich habe die Zahlen nicht so genau im Kopf.«
    Ihr hintergründiges Lächeln sagt: Mir brauchst du dieses Theater nicht vorzuspielen. In dem Moment ist Ethan sicher, dass sie längst über alles Bescheid weiß.
    »Da hat man wenig Zeit für sein Privatleben, oder?«, fragt sie prompt.
    »Manchmal ja.«
    Ihr Lächeln erscheint ihm wie eine eiserne Maske. Was glaubt sie, wer sie ist, dass sie so mit ihm umspringen kann? Er versucht, seine Kiefer zu entspannen, sich auf den nächsten Angriff vorzubereiten.
    »Hatte Ihre Frau einen Liebhaber?«
    Sein Herz stolpert, der Schluck Kaffee im Mund wird plötzlich zu Säure.
    »Was soll das?«, braust er auf. Die Frage ist demütigend.
    Lejeune behält ihn im Auge, beobachtet

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