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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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ihn, wie sie ein Meerschweinchen im Versuchslabor beobachten würde, dem sie gerade einen Stromschlag verpasst hat. Sie schüttelt denKopf. »Es war nur eine Frage.« Wieder schiebt sie das Foto über den Tisch. »Das ist Professor Jérôme Frost, Biogenetiker an der Universität. Er war am Freitagabend mit Ihrer Frau in einem Restaurant.«
    Er starrt auf das Foto. Was, zum Teufel, hat Sylvie an ihm gefunden? » Und?«
    Lejeune zieht aus ihrem Stapel eine Zeitung hervor.
    Wissenschaftler von militanten Gentechnikgegnern grausam hingerichtet prangt als Schlagzeile auf der ersten Seite.
    »Ich verstehe nicht.«
    Er begreift wirklich nicht, was das mit Sylvie zu tun haben soll. Die Handschuhe sind noch immer in seiner Manteltasche.
    »Monsieur Harris …« Lejeune beugt sich vor und sieht ihm direkt in die Augen. Frauen müssen härter sein als harte Männer, wenn sie bei der Polizei was werden wollen. » … sind Sie sicher, dass Ihre Frau Professor Frost nie erwähnt hat?«
    »Nein, nie.« Und wenn er nur nicht zugehört hat? Und – ist es nicht vielleicht sogar ein Hinweis auf eine Affäre, wenn sie den Namen nie genannt hat? »Warum fragen Sie mich das alles? Glauben Sie, ich habe diesen Professor Frost umgebracht, weil er was mit meiner Frau hatte?« Er stellt den Kaffeebecher auf Lejeunes Schreibtisch, dabei würde er ihn am liebsten an die Wand schmettern. »Das ist geradezu lächerlich, Madame. Sagen Sie schon, was soll das hier?«
    Er kann toben, wie er will, sie wird nicht weich. Harter Kerl. Lejeune faltet die Hände, als müsse sie endlich zum Punkt kommen, als müsse auch er endlich kapieren, dass es hier um Mord geht und um die Wirklichkeit. Er muss ruhig bleiben. Sie führt etwas im Schilde.
    Sie setzt die Lesebrille auf die Nase, blättert wieder in ihrer Mappe. »Ihre Frau ist als Erste gestorben. Laut Gerichtsmedizin am Samstagabend gegen 18 Uhr 30. Professor Frost wurde erst mehrere Stunden später umgebracht.«
    »Ja, und?«
    »Und? Sie waren ein Jahr in der australischen Armee, richtig?«
    »Ich weiß nicht, was das mit …«
    »Vielleicht wollten Sie Rache nehmen an Professor Frost, weil sich Ihre Frau … wegen ihm umgebracht hat.«
    »Das ist doch völlig absurd! Was reden Sie da für einen Unsinn!«
    Er ist aufgesprungen. Lejeune bedeutet ihm, sich wieder zu setzen. Sie lehnt sich in ihrem Sessel nach vorn, zwingt ihn, ihr in die Augen zu sehen. Sie sind grau, wenn er sich nicht täuscht. Grau steht für Weisheit.
    »Was bedeutet«, sie schiebt den Abschiedsbrief vor ihn, »das?«
    Der Satz quält ihn. Verzeih mir.
    »Was wollte Ihre Frau Ihnen damit sagen?«
    »Ich weiß es nicht.« Er spricht leiser, als er will. Die Kommissarin beobachtet ihn, lässt ihn nicht aus den Augen, zieht aus jedem Zucken oder Nichtzucken seines Gesichts ihre Schlüsse, ordnet sie ein in ihr Bild, das sie sich von ihm macht. Und er kann nichts tun, nur dasitzen …
    »Kennen Sie die Bibelstelle Jesaja Kapitel 28, Vers 17?«, meldet sich wieder ihre Stimme.
    »Nein.«
    »Moment. Heißt das, Sie haben noch nicht einmal nachgesehen, als Sie diesen Brief …«
    »Nein!«, schreit er sie an. »Nein, es war mir egal! Meine Frau ist tot. Sie lag da vor mir, in all dem Blut …« Er bricht ab. Er ist davon ausgegangen, dass dieser Satz Verzeih mir so an der angegebenen Bibelstelle zu lesen ist. Eingebettet in ein Gleichnis oder in einen klugen Spruch, der ihm Sylvie nicht zurückbringen, ja, der überhaupt nichts ändern würde!
    Schwungvoll dreht sich Lejeune mit ihrem Stuhl nach hinten, nimmt ein Buch aus dem Regal und dreht sichwieder zu ihm zurück. Sie schlägt eine ziemlich neu aussehende Taschenbuch-Bibel an einem roten Buchzeichen auf.
    »Voilà: Ich mache das Recht zur Richtschnur, zum Senkblei die Gerechtigkeit.« Sie legt die Hände flach auf die Buchseiten und blickt ihn mit hochgezogenen Brauen an.
    »Und?«
    »Was und?« Was meinte Sylvie damit? Recht und Gerechtigkeit … Was wollte sie ihm damit sagen? Überhaupt begreift er nicht, dass sie die Bibel mit ins Spiel gebracht hat.
    Lejeune lässt einen langen Atemzug verstreichen, beugt sich dann ein wenig vor. »Und am Freitagabend und am Samstag waren Sie nicht in Paris?«
    Sie ist grausam. »Nein, ich war von Mittwoch bis Sonntag früh in London. Buchmesse. Das muss doch Ihr Kollege aufgeschrieben haben! Am Samstagabend hatte ich eine Lesung und ich bin erst am Sonntagmorgen in Paris gelandet. Das kann Ihnen die Airline bestätigen!« Das ist alles völlig

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