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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Taxi. Bevor er die Tür zuschlägt, bittet sie ihn noch um ein Autogramm für sich und für ihre Schwester. Er läuft ins Café zurück und holt zwei Servietten. Dann gibt er ihr seine Handynummer, falls ihr noch etwas einfällt, und macht sich auf den Heimweg, es ist nicht weit nach Hause, er geht zu Fuß, um einen klaren Kopf zu bekommen. Erst als er vor Sylvies Lancia steht, ihrem »Carravagio«, wie sie immer gesagt hat, weil das Braun im Katalog so genannt wurde, realisiert er, dass Sylvie nie wieder einsteigen wird.

Zweiter Teil
1 Dienstag, 25. März
Uganda
    Die heruntergelassenen Rollos zerschneiden das frühe Morgenlicht und tapezieren den kleinen Raum mit einem glitzernden Streifenmuster. Ein leichter Wind lässt die Rolloschnüre mit ihren Metallkugeln gegeneinanderstoßen, was Henrik Klipp an Starnberg erinnert, an den Jachthafen, wenn die Metalldrähte der Segel an die Masten schlagen und die hellen Töne wie Glockengeläut über das Wasser hallen. Aber Starnberg ist Tausende von Kilometern weit weg.
    Draußen in den Hütten hat jemand ein Radio angeschaltet, verzerrte Stimmen dringen heran, dazwischen Musikfetzen und, von weiter entfernt, das Gebell von Hunden. Henrik fährt sich durch sein helles Haar. Er ist froh, dass er es vor der Abreise ganz kurz rasiert hat. Seine dichten Locken wären hier die reinste Qual gewesen. Dabei hat er es gemacht, weil er sich von Uma getrennt hat. Ein neues Leben beginnt, hat er gedacht, und das fängt man am leichtesten mit einem neuen Look an. Das hat ihm mal jemand gesagt . Fahr nach Afrika, würde er inzwischen jedem raten, der ein neues Leben beginnen will, und dann frag dich noch mal, welche Probleme du eigentlich hast. Er hat hier wieder angefangen zu beten. Vielleicht tritt er ja wieder in die Kirche ein. Irgendwann.
    Henrik schiebt das Papier mit dem halb gegessenen Sandwich zur Seite und klappt sein Notebook auf. Drei Dinge braucht ein europäischer Medizinstudent in Uganda:Notebook, iPod – und Strom, denkt er, und damit beginnt er seinen Blog.

    Drei Dinge braucht ein europäischer Medizinstudent in Uganda: Notebook, iPod – und Strom.
    Hallo, ich bin Henrik und grüße euch aus Uganda. Für alle, die sich mein Profil noch nicht angesehen haben: Ich bin 24 und Medizinstudent aus München.
    Ich habe mich für ein unbezahltes Praktikum beworben, und nun bin ich seit zwei Wochen hier in Uganda, Distrikt Kisoro, im Prolife-Hospital.
    Die Stadt Kisoro liegt im Südwesten von Uganda, an der Grenze zum Kongo und zu Ruanda. In Kisoro, am Fuß der Virunga-Vulkane, leben etwa 10 000 Menschen.
    Ihr habt sicher schon von den Berggorillas gehört, die grausam gejagt werden und vom Aussterben bedroht sind. Sie leben in den Virunga-Bergen, man kann dorthin fliegen und sie beobachten. Ach ja, hier hat auch die bekannte Gorillaforscherin Diane Fossey gelebt, die nach vielen Jahren Forschungsarbeit schließlich ermordet wurde.
    Aber das nur am Rande.
    Kisoro wird von den Bafumbira bewohnt, von Hutu und Tutsi, aber hier, anders als im benachbarten Ruanda, wo es die schrecklichen Massaker zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen gab, spielt dieses Thema wohl keine große Rolle. Die meisten Menschen sind sehr arm, sie leben vor allem von dem, was sie selbst anbauen: Kartoffeln, Süßkartoffeln, Bohnen, Mais und Sorghum, aus dem Bier gebraut wird. Das ganz kurz über die Region.
    Wie sieht es hier aus?
    Die Stadt Kisoro hat zwei geteerte Straßen, sie enden am Stadtrand. Dann gibt es Feldwege. Es gibt ein paar kleinere Geschäfte, in denen man Baumaterial, Autoersatzteile und Kleidung kaufen kann. Auf dem Wochenmarkt gibt es Gemüse, Tiere, Schuhe, Kleider.
    Aids hat hier die gesamte soziale, kulturelle und ökonomische Struktur durcheinandergebracht. Alte müssen nun ihre Enkelkinder großziehen, manche Familien bestehen nur noch aus Kindern, Zwölfjährige müssen ihre sechsjährigen Geschwister versorgen. Wir können uns das gar nicht vorstellen.

    Aber nun zum Hospital:
    2004, nach der Herrschaft von Idi Amin und Obote und den Bürgerkriegen, haben Norbert und Birgit Nützli ein altes Hospital gekauft, ca. 50 Kilometer von Kisoro entfernt. Die beiden sind Entwicklungshelfer, und sie haben sich entschlossen, für die Menschen hier etwas zu tun: Viele könnten sich die Behandlung in den staatlichen Krankenhäusern nicht leisten. Zwar sind die Medikamente gegen HIV/AIDS ab einem »CD4-Count« von 200 sowie die gegen Tuberkulose und Malaria gratis. Die Finanzierung

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