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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Haaren vorbei, die gerade hereinkommen, und steigt wieder in Sylvies Lancia. Trotz des Zigarettenrauchs riecht es noch nach ihr. Und das macht es nicht einfacher für ihn, seine widerstreitenden Gefühle ihr gegenüber zu ertragen.
    Hinter Bayeux fährt Ethan weiter nach Langueville, nach La Cambe und Isigny-sur-Mer, biegt bei Saint-Hilaire-Petitville nach Carentan ab, findet auf Anhieb die Abzweigung auf die D 971 nach Beaumont, verpasst aber fast die die D 903, biegt im letzten Moment ab und sucht nach dem Ortsschild von La Lande Godard, denn von dort soll eine schmale Straße nach Méautis führen. Die Dämmerung erleichtert das Sehen, endlich bekommt die Welt wieder Farben.
    Laut seinem GPS ist er richtig auf der von Hecken und Steinmauern eingefassten Straße. Ein feuchter weißer Schleier liegt auf den Wiesen mit den kleinen Feldblumen. Niedrig wachsende Obstbäume stehen Spalier. Er lässt das Fenster herunter und wird fast erschlagen von der Kühle und Feuchtigkeit der Luft. Er wird wieder wach. Und dann sieht er es: Ferme Ecologique steht auf dem weißen Schild an der mit Efeu bewachsenen Mauer.
    Gleich sieben Uhr. Ethan zögert nicht und fährt durch das geöffnete Holztor in einen kiesbestreuten Innenhof, den drei längliche Gebäude begrenzen. Nur eins ist verputzt, Fenster und Türen sind frisch in einem dunklen Rot gestrichen. Ochsenblut nennt man es, fällt ihm ein, doch er will den Namen gleich wieder vergessen. Auch das Dach sieht neu gedeckt aus. Ein Hof im Aufbau, man könnte hier sicher auch Zimmer an Touristen vermieten. Die Reifen knirschen auf den weißen Steinchen, man muss ihn längst gehört haben. Ein Traktor steht unter einem Unterstand links neben dem Haus, danebenerkennt er das rote Heck eines Kombi. Beim Eingang, direkt neben einem Strauch, Rosen vielleicht, die an der Hauswand hinaufranken sollen, hält er an.
    Er steigt aus, wirft die Tür zu. Spätestens jetzt müsste ein Hund angerannt kommen – wenn nicht sogar der Hausherr.
    »Hallo?«
    In den beiden unverputzten, aus lehmigem braunem Mauerwerk bestehenden Häusern scheinen die Stallungen zu liegen, ein warmer Geruch nach Tieren und Dung dringt zu ihm, doch er hört kein Geräusch. Womöglich sind die Tiere auf der Weide. Unter seinen Sohlen knirscht der Kies, als er auf das Haupthaus zugeht.
    »Hallo, Monsieur Bohin?« Er will anklopfen, doch die Tür gibt nach. Er erinnert sich, dass man zu Hause auf der Farm bei Longreach auch nie abgesperrt hat. Bis Trudy von der Nachbarfarm doch damit anfing, weil eines Tages ein Typ mit einem Messer in ihrem Schlafzimmer auf sie wartete.
    Plötzlich glaubt Ethan, ein gedämpftes Bellen gehört zu haben, und er rechnet damit, dass ihm ein großer Hund entgegenspringt und ihn ankläfft. Als das Bellen nicht lauter wird, tritt er kurzerhand ein. Ein großer, niedriger Raum liegt vor ihm, auf dem Boden Steinfliesen, an der einen Wand ein offener Kamin mit rußgeschwärztem Sims, davor vier bequeme altmodische Ohrensessel, einer ist zum Fenster ausgerichtet, und ein bunt gemustertes Sofa.
    Er geht in Richtung Kamin, hört ein Geräusch, ein Atmen?, dreht sich um und entdeckt in dem zum Fenster gerichteten Sessel einen Arm auf der Lehne. Nicolas? Oder dessen Freund, Marc?
    »Entschuldigen Sie, dass ich so reinplatze …«
    Keine Reaktion. Stocksteif steht er da, kämpft mit sich, näher zu gehen, hinzusehen. Er denkt an Sylvie … aber vielleicht ist er nur eingeschlafen?
    »Monsieur Bohin? Nicolas?« Er weiß, er kann nicht einfachwieder gehen. Er macht einen Schritt auf den Sessel zu. Verliert für Sekundenbruchteile das Gleichgewicht. Dann muss er genau hinsehen. Eine Fratze starrt ihm entgegen, die Nase fehlt, an ihrer Stelle klafft ein blutiges schwarzes Loch. Das hellblaue Unterhemd ist mit dunklem Blut durchtränkt, und auch an den Seiten des Kopfes und auf den Schultern klebt schwarzes Blut. Die Ohren, man hat ihm auch die Ohren abgeschnitten! Er weiß nicht, ob der Mann noch lebt, er muss einen Druckverband anlegen, um Ohren und Nase – zugleich weiß er, dass das völliger Unsinn ist –, und dann, dann sieht er den Schnitt durch die Kehle, die klaffende Wunde. Er packt den Mann an der Schulter, schreit ihn an:
    »Wer war das?«
    Ein Reflex, unbedacht, aber Ethan merkt, dass der Körper noch warm ist. Ethan dreht sich um die eigene Achse, tastet nach seinem Handy in der Jacketttasche, im selben Moment ist da ein Luftzug, ein Knall, Ethan zuckt zusammen, eine Tür ist zugefallen. In

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