Die Saat - Ray, F: Saat
hat zugesagt, ebenso der Wissenschaftler des Instituts für Kulturpflanzen. Hotel und Anreise hat Annabelle schon organisiert. Sie liest den nächsten Bericht, den sie heute Morgen beim Surfen in ihre Datei »Ökoterror« kopiert hat.
Im August 2007 wurden auf einer Fläche von einem Hektar Maispflanzen umgeknickt und ausgerissen. Bei der Aktion Movimento Verde Eufemia wollten 150 Personen in Portugal auf die Gefahren von gentechnisch verändertem Saatgut hinweisen. In Frankreich führen die sogenannten Faucheurs Volontaires und die international operierende Bewegung Nature’s Troops solche »Feldbefreiungen« durch, in Deutschland gehen solche Aktionen von der Initiative Gendreck weg aus.
Seit der portugiesischen Aktion werden solche Taten im Europol-Report als »Umweltterrorismus« eingestuft. Hierbei sei»Gewalt« angewendet worden »mit dem Wunsch, eine bestimmte Politik innerhalb einer Gesellschaft zu ändern«.
Terrorismus als Ausdruck verzweifelter Bürger, die sich um die Demokratie betrogen fühlen, murmelt sie und trinkt den letzten Schluck halb kalten Tee aus ihrem Becher. Ein heißes Thema.
»Du musst ins Gefängnis, Camille!«, ruft Christian von seinem Schreibtisch zu ihr herüber.
»Was?« Für einen Moment glaubt Camille wirklich daran. Auch sie haben damals die dänischen Mohammed-Karikaturen aus Solidarität nachgedruckt und sind daraufhin von der Großen Moschee von Paris und dem Verband der Islamischen Organisationen angezeigt worden. Erst vor zwei Monaten hat das Gericht zugunsten der Pressefreiheit entschieden und die Klage abgewiesen.
Blitzschnell durchforstet sie ihr Gedächtnis nach Artikeln, die ihr eine Gefängnisstrafe einbringen könnten. Doch dann wird ihr klar, dass man sie in diesem Land erst einmal vor Gericht stellen muss.
»Blöder Witz, Christian!«
Er lacht. »Seit wann bist du so langweilig, ma chère?«
»Das kann ich dir sagen. Seitdem ich nicht weiß, was ich mit meinem Vater machen soll.«
»Er hat doch genug Geld. Besorg ihm jemanden, der Tag und Nacht auf ihn aufpasst. Die Wohnung ist groß genug. Der oder die könnte sogar bei ihm wohnen.« Christian drückt sein Kreuz durch.
Sie könnte jetzt fragen, ob er wieder Rückenschmerzen hat. Sie tut es nicht.
»Ein Fremder bei ihm in der Wohnung? Du kennst meinen Vater nicht! Er duldet die Putzfrau, weil sie seit über zehn Jahren kommt. Was glaubst du, wie er sich bei einem Handwerker anstellt. Der wird keine Sekunde aus den Augen gelassen!«
»Dann wird’s schwierig.«
»Also, wie war das mit dem Gefängnis?«
»Ich denke, wir sollten jemanden von Nature’s Troops dabeihaben. Komm mal rüber.«
Sie tritt hinter ihn und liest die Meldung auf seinem Bildschirm:
Öko-Terroristen fackeln Schloss ab
Einen Schaden von mindestens fünf Millionen Euro hat der Brand eines Schlösschens in Fontainebleau angerichtet. Der Besitzer ist der französische Großindustrielle Jean Larnier. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Am Tatort fanden sich ein Graffito und der Hinweis auf die öko-terroristische Gruppe Nature’s Troops.
Ein Feuerwehrmann erklärte, im Schloss seien Sprengsätze gefunden worden. Die französische Polizei schließt nicht aus, dass es sich um einen terroristischen Akt gehandelt haben könnte, und hat nach Angaben eines Sprechers Ermittlungen aufgenommen.
Nature’ s Troops ist eine netzwerkartig organisierte, global operierende Gruppe von radikalen Umweltschützern, die bereits mehrere Anschläge auf Geländewagen, Luxuswohnanlagen, Tierversuchslabors und »Symbole der Konsum- und Verschwendungskultur« verübt hat.
Schon vor fünf Jahren hat Europol die Gruppe als eine »ernst zu nehmende terroristische Gefahr« eingestuft.
»Warte, hier habe ich noch was.« Christian klickt weiter.
Militante Ökoaktivistin zündet Bombe
In Rouen läuft derzeit ein Prozess gegen die Nature’s-Troops-Aktivistin Véronique Regnard. Sollte sie verurteilt werden,drohen ihr zehn Jahre Haft. Die 32-jährige Bibliothekarin soll im September des vergangenen Jahres einen Brandsatz auf dem Dach der Firma Agrovit in Rouen gelegt haben. Damals entstand ein Sachschaden von zwei Millionen Euro, ein Feuerwehrmann erlag später seinen Verletzungen. Die Öko-Aktivistin hatte angegeben, dass sie auf die Züchtung genetisch veränderter Pflanzen aufmerksam machen wollte.
»Das sind zurzeit die, die am massivsten vorgehen. Ich hab schon recherchiert. Véronique Regnard sitzt in Bonne Nouvelle in Rouen ein. Netter
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