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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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ich Reste von mehreren Tabletten gefunden.«
    »Was soll das heißen? Sie hat sie …«
    Pauline nickt langsam. »Sie hat sie nicht runtergeschluckt.«
    Sein Auflachen kommt plötzlich, unbeherrscht. Das mussein Albtraum sein! Einer von diesen verdammten unlogischen Träumen, die einen quälen, aus denen man aber nicht aufwachen kann.
    »Ich verstehe nicht«, bringt er schließlich hervor.
    »Es ist natürlich nur eine Vermutung …«, beginnt sie.
    »Was?«
    »Sie hat die Tabletten vielleicht nicht freiwillig genommen.«
    Ihre Worte treffen ihn wie Schläge. »Willst du damit sagen, dass jemand Sylvie …«
    Pauline seufzt leise.
    Der rätselhafte Abschiedsbrief fällt ihm ein. »Sie hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. Einen sehr merkwürdigen. Verstehst du, sie war überhaupt nicht religiös, und dann … dann zitiert sie einen Bibelvers … Meinst du, man hat sie gezwungen, den Brief zu schreiben?«
    Pauline hebt die Brauen. »Lejeune kriegt gleich nachher den Bericht.«
    Eine Weile steht er einfach nur da. Seine Gedanken irren in seinem Kopf herum wie in einem Labyrinth.
    »Da ist noch was.« Pauline räuspert sich. »Du hast nicht gewusst, dass sie schwanger war, oder?«
    Er muss sich verhört haben.
    »Im dritten Monat.«
    Er rechnet zurück. Da war er in New York. Vor seiner Abreise hatte er mit Sylvie geschlafen, er erinnert sich. Sie hatten sich gestritten und dann versöhnt. Aber wieso hat sie es ihm verschwiegen? Allmählich glaubt er, dass eine Verwechslung vorliegen muss, eine Verwechslung mit einer anderen Frau, mit einem anderen Leben. »Ich verstehe das nicht, warum hat sie nichts gesagt? Sie muss es doch gewusst haben! Pauline, warum bringt sie sich um, wenn sie schwanger ist! Wir wollten doch … Ich meine … wir wären doch glücklich gewesen … so glücklich …«
    Plötzlich wird es ihm klar. »Vielleicht war es nicht von mir, ja?«
    »Ethan …«
    Nein, er kann seine Wut nicht an Pauline auslassen.
    Pauline zieht die Handschuhe aus, geht zur Tür und wirft sie dort in einen Mülleimer. Ein junger Mann in grüner Arbeitskleidung kommt durch die gegenüberliegende Tür. Pauline gibt ihm ein Zeichen, und er fährt Sylvie aus dem Raum. Pauline drückt die Tür auf und schaltet das Licht aus. Das Summen der Neonröhren erstirbt.
    »Und was willst du jetzt machen?«
    Er weiß es nicht. Er ist irgendwo an einem Nullpunkt angekommen. Ein Bild taucht vor ihm auf, Sylvies Gesicht, verstümmelt wie das von Bohin. »Der Mörder war noch sanft mit ihr«, murmelt er.
    »Wie …«
    Er winkt ab, nein, er kann ihr unmöglich dieses Bild beschreiben. »Ich gehe.«
    »Tu nichts Unüberlegtes, ja?«
    »Nein.« Was soll er auch tun? Er hat nicht die geringste Ahnung, was er nun mit seinem Leben tun soll.
    Sie bleibt im Flur stehen. »Wenn ich dir irgendwie helfen …«
    »Danke, dass du es mir als Erstem gesagt hast.« Er will gehen, da fällt ihm etwas ein. »Pauline …«
    »Was?«
    »Kannst du herausfinden, ob das Kind …« Er bricht ab.
    »Natürlich, das hätten wir sowieso veranlasst. Moment.« Mit einer raschen Bewegung zupft sie ihm ein Haar aus. »Ich sage dir so schnell wie möglich Bescheid.«
    Er eilt davon und stößt die Ausgangstür mit einer solchen Wucht auf, als würde da draußen die Wirklichkeit warten, in der alles so ist wie damals, als sie sich kennengelernt haben. Voller Versprechen für eine gemeinsame Zukunft.
    Er ist auf einmal vollkommen sicher: Jemand hat ihm Sylvie entrissen. Seelisch – und körperlich.
    Sylvie, wenn ich ihn finde, töte ich ihn.
    Sein Handy klingelt. Sarah. Er drückt sie weg.
9  
Donnerstag, 27. März
    Lejeune hängt ihren nassen Trenchcoat an die Garderobe. Sie friert. Von wegen Klimaerwärmung. Den dicken Wintermantel hat sie zu früh weggepackt. Hoffentlich erkältet sich die Kleine nicht, sie ist so anfällig bei diesem Wetter, und in der Schule hat sie immer kalte Füße.
    Lejeune nimmt aus ihrer großen speckigen Ledertasche – die sie noch in guten Zeiten gekauft hat – ihr Frühstück. Die Verkäuferin in der Bäckerei hat ihr wie jedes Mal schon die gepackte Tüte gegeben. Mittwochs und freitags Schinken, Salat, Tomate, montags und donnerstags Käse und dienstags Thunfisch.
    »Guten Morgen«, begrüßt David sie. Er bemüht sich um Freundlichkeit. »Wir wissen schon, wer der Tote ist.«
    Es war nicht schwer, der Tote hatte ein geöffnetes Briefkuvert der City Bank in seiner Hosentasche stecken. Adressiert an Jean-Marie Lappé. Darin Kontoauszüge

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