Die Saat
laut zu, dass er für einen Augenblick fürchtete, das Haus würde über ihnen einstürzen.
Emma Gilbarton stand jetzt im violetten Licht, und Eph bemerkte Spuren von Indigoblau an ihren Lippen, an ihrem Kinn. Wie fluoreszierende Schminke, doch das war keine Schminke: Unter ultraviolettem Licht leuchtete Blut indigoblau.
Setrakian kam mit der Lampe näher, und das Mädchen wich zurück, als hätte sie eine brennende Fackel vor sich. Irgendwo tief in ihrer Kehle löste sich ein gutturales Geräusch, ein gepeinigtes Stöhnen.
»Doktor«, rief Setrakian. »Nehmen Sie!« Er reichte Eph die Lampe. Während dieser das Mädchen mit dem Licht in Schach hielt, griff Setrakian nach seinem Gehstock und trennte mit einer entschiedenen Drehung des Handgelenks den Knauf vom Rest des Stocks.
Eine silberne Klinge schimmerte auf.
Als Emma, die sich im Schwarzlicht krümmte, die Klinge sah, zeichnete sich so etwas wie Angst auf ihrem Gesicht ab. Und gleich darauf Wut.
»Schnell! «, rief Eph. Er wollte nur noch, dass es ein Ende nahm.
»Professor?«, sagte Nora plötzlich, den Blick auf den am Boden liegenden Vater des Mädchens gerichtet. »Sehen Sie mal« Der Körper des Mannes begann sich zu rühren. Seine Augen öffneten sich. »Professor?«
Doch Setrakian war ganz und gar auf das Mädchen konzentriert.
Gary Gilbarton setzte sich auf. Ein toter Mann mit offenen Augen - im Schlafanzug. Nora drückte auf ihre Lampe, die lediglich ein Knistern von sich gab. Sie schüttelte sie. Schlug gegen den Boden, wo sich die Batterie befand. Das violette Licht flammte kurz auf, ging wieder aus - und wieder an. »Professor!«, brüllte Nora.
Endlich drehte sich Setrakian um. Sah Gary, der eher verwirrt als bedrohlich wirkte. Und stieß ihm die Klinge in den Bauch. Weißes Blut strömte hervor.
Eph, der dem Mädchen nun allein gegenüberstand, das Licht die einzige Barriere zwischen ihm und ihr, konnte nicht sehen, was hinter seinem Rücken geschah. »Professor!«, rief er.
Setrakian hieb weiter auf Gary ein, bis dieser brüllend in die Knie ging. Dann hob der alte Mann die Klinge mit beiden Händen, stieß Worte in einer fremden Sprache aus - es klang wie eine feierliche Erklärung - und trennte den Kopf vom Rumpf des Wesens.
»Professor! «, rief Eph wieder. Er sah, wie sich die Augen des Mädchens indigoblau verfärbten und blutige Tränen hervortraten. Sah, wie sich ihr Mund öffnete, als wollte sie sprechen. Oder singen.
Dann erschien unter der Zunge der Stachel.
Setrakian hob das Schwert über den Kopf und ging auf das Mädchen zu. »Zurück,
strigoi!«,
rief er und intonierte die gleichen Worte wie zuvor.
Eph trat genau in dem Moment aus dem Weg, als die Klinge herabsauste.
Emma hatte noch eine Hand gehoben, um sich zu schützen. Doch die Klinge durchtrennte das Handgelenk und danach ihren Hals. Ein perfekter Schnitt. Weißes Blut spritzte gegen die Wand - kein feiner Sprühnebel, sondern ein widerliches Platschen -, und der Rumpf des Mädchens fiel um.
Setrakian senkte das Schwert und nahm Eph die Lampe aus der Hand. Mit einer triumphierenden Geste hielt er das Licht dicht an die Halswunde. Eph sah, dass in der zähflüssigen weißen Lache etwas zappelte.
Die Würmer ... Als das Licht sie traf, krümmten sie sich ekstatisch. Und verendeten. Setrakian bestrahlte mit der Lampe den gesamten Boden, sterilisierte ihn.
Dann hörte Eph, wie Nora die steinernen Stufen hinauf in den Garten rannte. Er folgte ihr, wobei er um ein Haar über den Körper des Vaters gestolpert wäre. Oben schlug ihm kühle Nachtluft entgegen.
Nora rannte auf die schwankenden Bäume zu, doch bevor sie den Wald erreichen konnte, holte Eph sie ein und schloss sie fest in die Arme. Sie weinte lautlos an seiner Brust, und er hielt sie, bis Setrakian ebenfalls in den Garten kam.
Der alte Mann presste die Finger auf sein Herz, seine Brust hob und senkte sich heftig. Sein wirres weißes Haar glänzte im Mondschein.
Er wischte die Klinge im Gras ab, ehe er sie in den Gehstock zurückschob. »Emma ist jetzt frei«, sagte er. Sein Atem kondensierte in der kalten Luft. »Sie und ihr Vater ruhen nun in Frieden.«
Mit gehetztem Blick betrachtete Nora ihn, während er seine Schuhe und Hosenaufschläge beäugte, offenbar nach Vampirblut Ausschau hielt. »Wer sind Sie wirklich, Setrakian?«, fragte sie leise.
»Nur ein Suchender«, erwiderte er. »So wie Sie.«
Sie gingen zum Wagen. Setrakian öffnete die Beifahrertür und holte eine Packung Batterien heraus,
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