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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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gelüstete ihn wieder nach Blut.
    Aber Setrakian würde kämpfen. Er war nicht mehr im Lager. Er hatte diese Hölle nicht überstanden, nur um hier diesem verfluchten Nazi zum Opfer zu fallen.
    Die Spitze des Pflocks nach vorn gerichtet, stürzte er los, doch Zimmer war schneller als erwartet. Er packte die hölzerne Waffe, entrang sie Setrakians nutzlosen Händen, brach ihm dabei den Unterarm. Dann schleuderte er den Pflock gegen die Wand. Und ging, keuchend vor Erregung, auf Setrakian zu.
    Setrakian wich zurück, bis er begriff, dass er im Zentrum des rechteckigen Sargabdrucks stand. Und dann, mit einer Kraft, die er sich nie zugetraut hätte, stürmte er auf den Offizier zu, stieß ihn gegen die Wand. Staub löste sich von den freiliegenden Steinen, senkte sich wie Rauchschwaden zu Boden. Benommen stand Zimmer da - und plötzlich bewegte sich etwas in seinem Mund. Kam aus seinem Mund heraus ... Setrakian stürzte sich erneut auf ihn, drückte den Arm unter das Kinn seines Gegners und zwang so dessen höhnisch grinsendes Gesicht nach oben.
    Doch der Offizier - oder was immer er geworden war - war zu stark. Er schleuderte Setrakian zur Seite, der über den Boden rollte und neben dem Pflock landete. Blitzschnell packte er das Holz, sprang auf, sah das Wesen an, dessen Mund sich wieder weit öffnete - und rammte das Holz in die Wand. Verkeilte den Pflock unter einem lockeren Stein und legte sein ganzes Gewicht darauf, um diesen Stein herauszubrechen.
    Die Wand gab nach und dann ein Teil der Decke. Laut krachend stürzten die Steine zu Boden - während Setrakian zur Seite sprang. Das Getöse war nur von kurzer Dauer. Bald war es wieder still in der Kammer. Dicker Staub erfüllte die Luft. Setrakian kroch blind über die Steine ... als etwas seine Hand packte. Zimmer. Setrakian konnte erkennen, dass ein Stein seinen Kopf vom Scheitel bis zum Kinn zerschmettert hatte. Das Wesen war tot, doch es bewegte sich immer noch. Setrakian trat nach dem Arm, der ihn festhielt, und konnte sich endlich aus dem Griff befreien.
    Dann zog er den zuckenden Körper des Wesens mit seinem unverletzten Arm aus den Trümmern, schleifte ihn an die Oberfläche, in die letzten Reste des Tageslichts, das durch die Blätter sickerte. Die Abenddämmerung hatte bereits in ein düsteres Orange gewechselt, doch das Licht reichte gerade noch aus. Das Wesen wand sich vor Schmerzen, während es verbrannte.
    Setrakian blickte in die untergehende Sonne. Und ein animalischer Schrei kam von seinen Lippen. Das war nicht sonderlich klug, denn er war immer noch auf der Flucht, doch der Schrei kam aus den Tiefen seiner gepeinigten Seele, ein Schrei, in dem alles lag, was ihm widerfahren war: der Tod seiner Familie, die Gräuel der Gefangenschaft, der neue Schrecken, den er gefunden hatte, der
ihn
gefunden hatte.
    Er schrie zu dem Gott, der ihn verlassen hatte.
    Wenn er das nächste Mal einer dieser Kreaturen begegnete, hätte er geeignetere Werkzeuge zur Verfügung; er würde dafür sorgen, dass seine Chancen deutlich besser stünden.
    Und in diesem Moment wusste er, dass er in den vor ihm liegenden Jahren den Spuren des Sarges folgen würde. Jahrzehntelang, wenn es sein musste.
    Für den Rest seines Lebens.
     

Replikation
     
    Jamaica Hospital Medical Center
     
    Eph und Nora zogen ihre glücklicherweise immer noch gültigen Ausweise durch den Scanner und schleusten Setrakian schnell in die Notaufnahme, ohne unnötig Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Das ist ein unangemessenes Risiko«, sagte der alte Mann, als sie die Treppe zur Isolierstation hinaufgingen.
    »Nora und ich arbeiten seit einem Jahr eng mit Jim zusammen«, erwiderte Eph. »Wir können ihn nicht einfach so aufgeben.«
    »Er ist infiziert. Was wollen Sie noch für ihn tun?«
    Eph ging etwas langsamer. Setrakian schnaufte hinter ihnen her und war dankbar, als sie endlich stehen blieben; erleichtert stützte er sich auf seinem Gehstock ab. Eph sah Nora an. »Ich kann ihn erlösen«, sagte er dann.
    Sie verließen das Treppenhaus und blickten sich vor dem Eingang der Isolierstation am Ende des Korridors vorsichtig um.
    »Keine Cops in Sicht«, flüsterte Nora.
    »Da ist Sylvia«, sagte Eph, als er den Wuschelkopf von Jims Freundin erspähte, die auf einem Klappstuhl neben dem Stationseingang saß.
    Nora nickte. »Lasst mich das machen.« Sie ging auf Sylvia zu, die sich von ihrem Stuhl erhob, als sie sie kommen sah.
    »Hi, Nora.«
    » Wie geht's Jim?«
    »Ich weiß überhaupt nichts.« Sylvia sah an

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