Die Saat
Schlingern geriet. Gus umklammerte die Stange hinter sich, um zu verhindern, dass er sich die Handgelenke brach. Der Transporter schleuderte heftig zu bei den Seiten ... und dann kippte er um.
Der Wagen schlitterte weiter über die Straße, bis er an einer Leitplanke abprallte und schließlich zum Stillstand kam. Gus lag auf der Seite. Der Gefangene, der ihm gegenübergesessen hatte, hing an gebrochenen Armen von der Metallstange und jaulte vor Schmerz und Angst. Felix hatte seine Handschellen irgendwie aufbekommen; sein herabhängender Stachel zuckte wie ein spannungsführendes Kabel.
Seine toten Augen öffneten sich.
Gus bemerkte, dass die Metallstange, an der seine Handschellen befestigt waren, geborsten war. Schnell schob er die Fesseln daran entlang, befreite sich. Dann trat er gegen die eingedellte Hecktür, bis sie aufsprang, taumelte aus dem Fahrzeug und landete auf dem Seitenstreifen der Straße. Seine Ohren dröhnten, als hätte er neben einer explodierenden Bombe gestanden.
Scheinwerfer rauschten vorbei, wurden langsamer, da sich die Fahrer offenbar die Unfallstelle ansehen wollten. Gus rollte sich schnell zur Seite. Er schaffte es, die Handschellen unter die Füße und damit seine Hände nach vorne zu bekommen. Dann warf er einen Blick auf die Hecktür des Transporters, wartete darauf, dass Felix herausgeklettert kam, um ihn zu verfolgen.
Er hörte einen Schrei. Fieberhaft sah er sich nach einer Waffe um, musste sich jedoch mit einer verbeulten Radkappe begnügen. Er stand auf und näherte sich vorsichtig der offen stehenden Tür.
Im Inneren saugte Felix gerade den von der Stange hängenden, mit großen Augen ins Leere starrenden Gefangenen aus. Bei dem Anblick wurde Gus speiübel.
Plötzlich trennte sich Felix von seinem Opfer, und sein Stachel schoss ohne die geringste Vorwarnung auf Gus' Hals zu - der gerade noch rechtzeitig die Radkappe hochreißen konnte, um das Ding abzulenken. Dann drehte er sich um und rannte los.
Felix kam ihm nicht nach. Nach einigen Metern blieb Gus stehen. Langsam fing er an, wieder klar zu denken, fragte sich, warum Felix ihn nicht verfolgte - und sah in die Sonne.
Blutrot stand sie zwischen zwei Gebäuden auf der anderen Seite des Hudson und war schon fast hinter dem Horizont verschwunden ...
Ja, Felix versteckte sich in dem Transporter und wartete auf den Sonnenuntergang. Wartete auf die Nacht. In wenigen Minuten würde er frei sein.
Gus sah sich fieberhaft um, bemerkte die Glassplitter der Windschutzscheibe auf der Straße, doch damit konnte er nichts anfangen. Er kletterte das Chassis des Transporters hinauf, bis er die oben liegende Seite erreicht hatte, rutschte zur Tür auf der Fahrerseite hinüber und trat so lange gegen das Scharnier des Außenspiegels, bis es brach. Dann zog er an den Drähten, um den Spiegel ganz abzureißen - als der Cop im Führerhaus »Keine Bewegung!« brüllte.
Gus starrte den Fahrer an. Der Mann hielt sich an einem Haltegriff fest und hatte seine Waffe gezogen. Er blutete am Hals. Sein Kollege auf dem Beifahrersitz rührte sich nicht; offenbar hatte er den Unfall nicht überlebt. Mit einem letzten, harten Ruck riss Gus den Spiegel ab und sprang wieder auf die Straße hinunter.
Die Sonne floss dahin wie ein angestochenes Eigelb. Gus hielt den Spiegel über den Kopf, um damit die letzten Sonnenstrahlen einzufangen, versuchte, den richtigen Winkel zu finden. Die Reflexion schimmerte auf dem Boden. Der Strahl wirkte matt, zu schwach, um irgendetwas auszurichten, also zerbrach Gus das flache Glas mit seinen Knöcheln, achtete jedoch darauf, dass die Scherben mit der Rückseite verbunden blieben. Er versuchte es wieder, und jetzt waren die reflektierten Strahlen klarer und schärfer.
»Keine Bewegung, hab ich gesagt!«
Die Kanone im Anschlag kletterte der Cop aus dem Wagen. Mit der freien Hand umklammerte er seinen Hals an der Stelle, an der Felix ihn erwischt hatte. Er ging nach hinten und warf einen Blick ins Innere.
Felix kauerte in der Dunkelheit. Von einem Handgelenk baumelte eine Handschelle. Die andere Hand war beim Unfall durch die scharfkantige Metallfessel glatt abgetrennt worden. Doch es schien ihm nichts auszumachen, dass er seine Hand verloren hatte. Auch störte ihn offenbar das weiße Blut nicht, das aus dem Stumpf spritzte. Er lächelte - und der Cop eröffnete das Feuer. Die Kugeln durchbohrten Felix' Brust und Beine, rissen Fleisch und Knochenstücke heraus. Sieben, acht Schüsse. Felix sackte nach hinten. Der Cop
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