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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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Straße war es still, aber die meisten anderen Häuser waren bewohnt, man konnte das Flackern von Fernsehern durch die Fenster sehen. Eph hatte eine Luma-Lampe in der Hand, und eine von Setrakians modifizierten Nagelpistolen hing an einem Gurt über seiner Schulter.
    Nora stand mit ihrer eigenen Luma direkt hinter ihm. Setrakian bildete die Nachhut; der silberne Griff seines Stocks schimmerte im Mondlicht.
    Eph klingelte noch einmal. Keine Antwort, was nicht weiter überraschend war. Also versuchte er auf gut Glück die Klinke. Die Tür ging auf.
    Eph knipste das Licht an. Im Wohnzimmer wirkte alles völlig normal. Er sah Möbel mit Schonbezügen und kunstvoll drapierte Kissen. »Hallo?« Es war ein seltsames Gefühl, einfach so ein fremdes Haus zu betreten. Vorsichtig ging er über den Teppich. Wie ein Einbrecher. Oder ein Mörder. Eigentlich war er Arzt - doch das zu glauben wurde mit jeder Stunde schwieriger.
     
    Und wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben, wird das Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt, Krieg mit ihnen führen und wird sie überwinden und sie töten ... Und ihre Leichname werden auf der Straße der großen Stadt liegen, die Sodom und Ägypten heißt ...
    Nora ging die Treppe hinauf, während Setrakian Eph in die Küche folgte. »Was können wir hier denn herausfinden?«, fragte er den alten Mann. »Sie haben doch gesagt, die Überlebenden seien lediglich ein Ablenkungsmanöver ... «
    »Ich sagte, das sei der Zweck, den sie erfüllten. Was die wahren Absichten des Meisters, seinen
Plan,
betrifft, tappen wir noch im Dunkeln. Aber irgendwo müssen wir ja schließlich anfangen. Und diese Überlebenden aus dem Flugzeug sind unsere einzige Spur.«
    In der Spüle lagen eine Schale und ein Löffel. Die Familienbibel, gespickt mit religiösen Blättern und Fotos, lag aufgeklappt auf dem Tisch. Eine Passage war mit zittriger, roter Tinte unterstrichen - Offenbarung, Kapitel 11, Verse 7 und 8:
    Neben der Bibel lagen ein Kruzifix und eine kleine Glasflasche wie liturgische Instrumente auf einem Altar. Weihwasser, vermutete Eph.
    Setrakian deutete auf die Gegenstände. »Nicht vernünftiger als Klebeband oder ein Antibiotikum. Und auch nicht wirksamer. «
    Eph runzelte die Stirn. »Die Frau muss ihn versteckt haben. Warum hat sie keinen Arzt gerufen?«
    »Die Wissenschaft hat im Laufe meines Lebens zahlreiche Fortschritte gemacht«, sagte Setrakian, während er mit seinem Stock die Wände abklopfte, »aber das Instrument, das einen klaren Einblick in eine Ehe ermöglicht, muss noch erfunden werden.«
    Eph stellte fest, dass es hier keine weiteren Türen zu öffnen gab. »Das Haus hat keinen Keller ... «
    »Hierher! «, rief Nora plötzlich mit eindringlicher Stimme aus dem ersten Stock.
    Ann-Marie Barbour hatte auf der Bettkante gesessen und war dann auf den Boden zwischen Bett und Nachttisch gefallen. Sie war tot. Zu ihren Füßen lag ein zerbrochener Wandspiegel. Sie hatte sich mit einer langen, säbelartigen Scherbe die Arterien des linken Arms aufgeschlitzt.
    Das Öffnen der Pulsadern ist eine der ineffektivsten Selbstmordmethoden mit einer Erfolgsquote von unter fünf Prozent. Ein langsamer Tod aufgrund der Enge der Unterarmarterien und der Tatsache, dass man sich nur in eine Hand tief schneiden kann - sind die Nervenbahnen durchtrennt, ist die Hand zu nichts mehr zu gebrauchen. Außerdem ist die ganze Sache extrem schmerzhaft, weshalb nur hochdepressive oder geisteskranke Menschen die nötige Willenskraft dazu aufbringen.
    Ann-Marie hatte sehr tief geschnitten; die durchtrennte Arterie sowie die umliegende Haut hatten sich zurückgezogen und beide Knochen ihres Unterarms freigelegt. Von den gekrümmten Fingern baumelte ein blutgetränkter Schnürsenkel, an dem der kleine Schlüssel eines Vorhängeschlosses hing.
    Das Blut war rot. Trotzdem zog Setrakian seinen Silberspiegel heraus und hielt ihn an ihr Gesicht. Das Bild war nicht verschwommen - Ann-Marie Barbour hatte sich nicht infiziert.
    Langsam erhob sich Setrakian wieder. »Eigenartig«, murmelte er.
    Eph sah, wie sich Ann-Maries Gesicht - auf dem ein Ausdruck verwirrter Erschöpfung lag - in den Glasscherben spiegelte. Dann blickte er sich im Schlafzimmer um und entdeckte in einem Zwillingsrahmen mit den Fotos eines Jungen und eines Mädchens einen Zettel. Er nahm ihn heraus, hielt einen Moment inne und öffnete ihn dann vorsichtig.
    Die Handschrift war zittrig. Rote Tinte, genauso wie in der Bibel in der Küche. Die Punkte über den i's waren

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